Dieter Nuhr ist ebenfalls eine Tasse

Dieter Nuhr, der, um als Kabarettist durchgehen zu können, das Näschen zu hoch trägt, und dem, um als Satiriker zu gelten, die Traute fehlt, den Widerspruch zum Volksempfinden (dem gesunden) auf sich zu nehmen, äußerte bei Twitter: „Meine Familie hat demokratisch abgestimmt: Der Hauskredit wird nicht zurückgezahlt. Ein Sieg des Volkswillens!“
Viele, aber nicht alle fanden das gut. Eine Gegenstimme: „Da hat jemand nicht richtig aufgepasst. Wenn, dann müßte es heißen: Meine Familie hat demokratisch gegen die verlangten Sparauflagen unserer Bank entschieden. Wenn man zu dem Ganzen etwas zu sagen hat, dann Bitteschön auch sachlich und fundiert.“
Diesem Rat wollte der Volksbelustiger nicht folgen. Stattdessen führte er vor, daß auch er Krokodilstränen von sich lassen kann: „Daß es den Griechen schlecht geht, ist mir bekannt und extrem erschütternd“, schrieb er auf Facebook, und dann wurde er philosophisch (si tacuisses!): „Aber 200 Jahre Ausbeutung und Korruption abzulösen durch primitiven Antikapitalismus ist so ziemlich das Dümmste, was man tun kann.“
Wer so viel Dummheit in einem einzigen Satz unterbringen kann, ist dann natürlich mit nutzlosen Ratschlägen flott bei der Hand: „Mein Tipp wäre: ein Finanzamt aufbauen, das den Namen verdient, und Korruption bekämpfen, anstatt die anzupissen, die genau dabei helfen wollen.“
Ist das die kabarettistische Kunst des „Kabarettisten“ Dieter Nuhr, Regierungspropaganda in die Latrinen-Version zu übertragen? Für einen, der anscheinend überhaupt nicht mitgekriegt hat, was da eigentlich vor sich geht, nimmt er das vorlaute Mündchen reichlich voll.

"Nie ohne meine Maserung!"

„Nie ohne meine Maserung!“

Er findet, Schäuble und sein europäisches Gefolge „wollen nur helfen“, sanftmütig wie er sie findet. Dieter Nuhr hat nicht mitgekriegt, daß die Gläubiger-Bagage befohlen hatte, Finanzbeamte zu entlassen, und verboten hatte, qualifizierte Finanzfachleute nach der Ausbildung in den Staatsdienst zu übernehmen. Dieter Nuhr hat nicht mitgekriegt, daß der Plan der griechischen Regierung, auf sehr hohe Einkünfte höhere Steuern zu erheben, vom Gläubiger-Kartell vom Tisch gewischt wurde. Denn einme Regierung, die im von Berlin aus regierten Europa noch „Piep“ sagen will, hat es nicht von den Reichen, sondern von den Rentnern zu nehmen. So entspricht des der marktliberalen Doktrin, die mit religiösem Fanatismus durchgedrückt wird, und wenn alles in Scherben fällt.
Wer sich von Elend „erschüttert“ zeigen will, sollte nicht die feiern, die das Elend nicht nur verschuldet haben, sondern auch vergrößern wollen.
Irgendjemand (ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn) hat mal gesagt: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten.“ Diesen Rat sollte man dem Herrn Nuhr mal bekannt machen.

5 Gedanken zu „Dieter Nuhr ist ebenfalls eine Tasse

  1. Dieter Nuhr hat sicher so einiges nicht mitgekriegt, vermutlich auch dass die „sanftmütigen Helfer“ zuletzt überhaupt jede demokratische Legitimation (ganz offiziell und grundlegend) ausgehebelt haben. Jedes Gesetz und jede Verordnung „in relevanten Bereichen“ muss ja nach dem Ergebnis des letzten EU-Gipfels vor einer Parlamentsabstimmung oder Volksbefragung von den „Institutionen“ genehmigt werden. Soviel zum Thema Volkssouveränität und Demokratie. Aber damit hat’s der Spaßmacher Dieter Nuhr als Fachkraft für passende Vergleiche ja wahrscheinlich eh nicht so. Der ist einfach nur ehrlich empört, dass er seinen Hauskredit zurückzahlen muss, während es sich die Griechen ohne den ganzen lästigen Kram rund um Job, Arbeitslosenunterstützung und Krankenversicherung gut gehen lassen.

    (Es lohnt übrigens wirklich, sich den Wortlaut dieser Griechenland-„Vereinbarung“ mal durchzulesen – für Interessierte auch in deutscher Übersetzung: http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2015/07/12-euro-summit-statement-greece/ )

    • Demokratische Legitimation? Parlamentsabstimmung? Volkssouveränität? Solche Formalitäten muß man auch mal außer Acht lassen, wenn es um höhere Ziele geht, zum Beispiel ein Land zugrunde zu richten, das eine linke Regierung hat.
      Der Volksbelustiger ist „ehrlich empört“, weil er einen Kredit zurückzahlen muß, während die Griechen sich einfach erpressen lassen?
      „Dämlich empört“ ist wohl der passendere Ausdruck.

  2. Hallo Herr Loeven,

    muss ich jetzt annehmen, dass die Ironie meines Kommentars (oder ist es Sarkasmus, ich bin da immer unsicher) nicht deutlich genug war? Oder ist Ihre Replik nur als Klarstellung für Ironieresistente gemeint?

    Das Internet macht, fürchte ich, alles irgendwie noch viel komplizierter (Bin jetzt nicht sicher, ob ich das jetzt nicht auch wieder ironisch gemeint habe).

    Viele Grüße nach Duisburg!

    • Werten Sie das als Steigerung – von einem, dem langsam alles zu viel wird. Ist doch wahr!
      Viele Grüße nach Lübek oder Würzburg oder Karlsruhe, oder woimmer Sie herkommen (falls Karlsruhe: grüßen Sie die Sabine von mir).

  3. Pingback: Der sogenannte Kabarettist | Amore e rabbia

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