Der größte Chefkoch aller Zeiten! oder Et gibt nix, wat et nich gibt

Schon die alten Griechen wußten: Einen Fels kann man zerkleinern. Die geschicktesten unter ihnen nutzten diese Naturgegebenheit für die Bildhauerei. Wenn man einen Apollo oder eine Aphrodite in Stein darstellen will, muß man von dem Stein mithilfe von Hammer & Meißel alles das entfernen, was nicht Apollo bzw. Aphrodite ist, und übrig bleibt: Apollo bzw. Aphrodite und ein Haufen Steine. Den Apollo bzw. die Aphrodite stellt man auf einen Sockel. Aber was macht man mit dem Haufen Steine? Die Steine könnte man, zumindest hypothetisch, in kleinere Steine zerlegen, und die kleineren Steine in noch kleinere. Das hat zwar keinen Sinn, und darum tut man es nicht, aber man kann es sich vorstellen. Man kann sich vorstellen, aus den ganz kleinen Steinchen Sandkörner herzustellen und aus groben Sandkörnern feine Sandkörner, und aus den feinen noch feinere. Man kann aus Sandkörnern Staubkörner machen, und das kann man fortsetzen ad infinitum. Doch nein, sagte Demokrit. Irgendwann ist Schluß. Irgendwann hat man vor lauter Zerkleinerei ein Materieteil vor sich, das so klein ist, daß es nicht mehr zerkleinert werden kann. Dieses nicht mehr zerkleinerbare Materieteil nennt man Atom. Aus Atomen ist alles zusammengesetzt.
Die Idee des Demokrit war grundlegend für die Wissenschaft von der Materie. Sie war im wahrsten Sinne des Wortes elementar. Die Weltanschauung, in die die Überlegung von den elementaren Bestandteilen der Materie einfloß, nennt man Materialismus.
Die Hypothese von den Atomen hat sich durch die Jahrtausende gehalten. Seit etwa hundert Jahren gibt es naturwissenschaftliche Erkenntnisse darüber, daß die kleinsten Bestandteile der Materie in sich strukturiert, d.h. aus Protonen, Neutronen und Elektronen zusammengesetzt sind. Dem Bohrschen Atommodell zufolge besteht das Atom aus einem Kern, bestehend aus einer – je nach Element – verschieden großen Zahl von Protonen und Neutronen, und einer Hülle, bestehend aus Elektronen, die den Kern umkreisen.
Eine Zeichnung dieses Atommodells hat jeder schon einmal gesehen. Aber diese Darstellung ist sehr schematisch. Sie gibt nicht die wahren Größenverhältnisse wieder. Wenn wir uns vorstellen, der Atomkern hätte die Größe einer Erbse, dann wäre die Umlaufbahn des Elektrons vielleicht zehn Meter von diesem Kern entfernt. Und dazwischen?
Tja. Das ist die Frage, von der ich bisher nicht ahnte, welch große Rolle sie für alle Angelegenheiten des Daseins spielt. Fast hätte ich gesagt: Dazwischen ist nichts. Wie leichtsinnig!
Auf den Boden der Materie zurückgeholt hat mich ein Artikel in der Roten Fahne. Das ist, wie Sie wissen, das Wochenblatt des Freizeitvereins MLPD, was soviel wie MüllPD bedeutet, aber selbst gern „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ genannt werden will. Diese Vereinigung fühlt sich nicht einfach bloß dem Vermächtnis der Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus, in aufsteigender Linie Marxengelslenin, Stalin, Mao verpflichtet, sondern vor allem dem Vermächtnis des Lehrmeisters der Klassiker. Und das ist? Sagen Sie bloß, Sie wissen es nicht! Willi Dickhut.
Der Roten Fahne verdanke ich die Einsicht, daß das Bohrsche Atommodell ein raffinierter Propagandatrick der Kapitalisten ist, die der Arbeiterklasse einreden wollen, daß die Materie größtenteils aus leerem Raum besteht. Aber wo kämen wir da hin! Der fundamentale Satz der Lebenserkenntnis, der da lautet „Et gibt nix, wat et nich gibt“ wird in der Roten Fahne auf geradezu dialektische Weise zu der These erhoben: Nichts gibt es nicht. Überall ist etwas. Also auch zwischen Atomkern und den Elektronen befindet sich Materie. Die Arbeiterklasse soll sich bloß nicht mit so’n bißchen Atomkernen und Elektronen abspeisen lassen!

Mithilfe des Bohrschen Atommodells versuchen die Kapitalisten, die Kampfkraft der Arbeiterklasse zu schwächen.

Die Rote Fahne veröffentlichte einen Briefwechsel mit dem Physiker und Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle. Der schrieb, sinngemäß: Es ist ja sehr schön, daß Sie in Ihrer Zeitung auch naturwissenschaftliche Themen behandeln, aber so wie Sie das darstellen, ist das falsch. Doch die Rote Fahne konnte auftrumpfen: „In den 40er Jahren wurde die Existenz dieser Materieebene von W. Dickhut umfassend aus dem damaligen Stand der Physik abgeleitet und als kontinuierliche Materie gekennzeichnet.“
Donnerwetter! Er hat also nicht nur, was wir ja schon wußten, dem Karl Marx das Kapital erklärt und auf Lenins Frage „Was tun?“ die Antwort gegeben. Mehr noch: Er hat Einstein und Newton vom Kopf auf die Füße gestellt! Wir können also neue Hoffnung schöpfen, daß auch noch die letzte Frage „Wo kommen die Löcher im Käse her?“ abschließend beantwortet wird.

aus DER METZGER 72 (2005)

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung spottet

„Schön, daß das Thema jetzt wieder in den Schlagzeilen ist… Unterhaltung auf niedrigem Niveau hat bei uns schließlich traditionell starke Quoten.“ Worüber spottet die Kommentatorin in der WAZ? „Frau Schröder und Frau Schwarzer streiten sich über Emanzipation. Und Schluß. Eigentlich ist das doch schon Glosse genug.“
Contra Kristina Schröder: „Wenn die Ministerin sich nun gegen Frauenquoten wendet, ist das nicht eigentlich unglaublich dumm? … Man sollte doch nicht den Ast absägen, auf dem man sitzt.“
Contra Alice Schwarzer: „Wer hätte das gedacht, daß Alice Schwarzer sich noch mal mit so einer Diskussion abgibt – die hat doch wahrlich genug anderes zu tun. Der Kachelmann-Prozeß, die ganzen Spiel-Shows. Und jetzt wieder Frauenrechte? Das ist ja fast so, als würde Rosi Mittermaier wieder auf die Skier steigen.“
Das kann man so nicht sagen. Rosi Mittermaier, immerhin, konnte was.

Nicht nur die WAZ, auch die Rote Fahne der MüllPD ist auf Alice Schwarzer nicht mehr gut zu sprechen: „Als Alice Schwarzer in den 1970er Jahren mit vielen anderen Frauen zusammen gegen den §218 mobil machte, Pornographie … anprangerte, da wurde sie von den reaktionären Geistern dieser Republik noch übel beschimpft. Dagegen solidarisierten wir uns mit ihr. Sie selbst aber führte sich mit zunehmender Penetranz als Oberlehrerin sämtlicher Frauen auf, erklärte den ‚Geschlechterkrieg‘ zum einzig wesentlichen Widerspruch in der Gesellschaft und fand dafür zunehmende“ (schon wieder: „zunehmend“!) „Anerkennung – nur immer weniger bei kämpferischen Frauen – dafür aber bei den Herrschenden. Ein auf diese Weise zahnlos gewordener, von anderen sozialen Bewegungen … abgesonderter Feminismus ließ sich hervorragend ins gesellschaftliche System integrieren.“
Die merken aber auch alles! Aber Erkenntnisse, die reichlich spät kommen, kommen zu spät, wenn man nicht merkt, daß sie reichlich spät kommen. Andere haben jedenfalls erkannt, daß sie der Frau Schwarzer früher mal auf den Leim gegangen sind, daß die zunehmende Oberlehrerin nie etwas anders war als die Selbstdarstellerin in eigener Sache, ein Klischee, und immer schon reaktionär (DER METZGER 28, 29, 30 – 1978/79). Das könnte man wissen (wenn man nur die richtigen Zeitungen lesen würde). Für ihr „Anprangern der Pornographie“ wurde sie keineswegs von irgendwelchen Geistern (reaktionären solchen) „beschimpft“, sondern von Künstlerinnen und Publizistinnen kritisiert (siehe DER METZGER 41).
Kristina Schröder, derzeit Ministerin, wurde mit 12 Jahren bei der Jungen Union vorstellig, weil sie für Helmut Kohl schwärmte. Hatte die sie noch alle auf dem Kastenmänneken? Bei der hat man den Eindruck, daß die zwölfjährig geblieben ist. Das ist doch gar nicht so unemmamäßig! Wie sagte einst Katharina Rutschky: „Alle Emmas treffen sich an einem Ort, wo sie ewig zwölf Jahre alt sind.“
Die Aufgeregtheit der Frau Schwarzer über die 12jährige des Kabinetts reizt zum Mißtrauen. Hat Alice Schwarzer nicht einst die Kanzlerschaft von Frau Merkel als den „wahren Systemwechsel“ gefeiert?