Wieder lieferbar: „Mein Kampf“

Ich freue mich, melden zu können, daß ein besonders wichtiges Buch, lange vergriffen, jetzt wieder lieferbar ist:
Kurt Halbritter: Adolf Hitlers Mein Kampf. Gezeichnete Erinnerungen an eine Große Zeit.
Vorwort von Gerhard Kromschröder. Verlag vitoblibri, 240 Seiten gebunden, 17,95 Euro.
Halbritter-CoverKurt Halbritter (1924-1978) war stilprägender Zeichner bei pardon. Der Karikaturenband „Adolf Hitlers Mein Kampf“ erschien zuerst 1968.
Der Verlag über das Buch:
„Miese kleine Welt Das Monströse begegnet uns in diesem Buch in Gestalt des Gewöhnlichen, Alltäglichen, Normalen. Der fleißige Herr Moser, die fürsorgliche Mutter der kleinen Marion, der leutselige Pfarrer, der verantwortungsbewußte Unternehmer, der schwärmerische Teenager, Tante Alma und Onkel Franz, der nette Ladenbesitzer. Ihre Welt ist klein und überschaubar, heimelig. Unter dem Tarnnetz der kleinbürgerlichen Idylle lauert die mordlüsterne Düsternis einer Zeit, in der mehr schuldig wurden als wir wahrhaben wollen. Halbritter gelingt es, die Volksstimmung unheimlich gut zu treffen und in hunderten ganzseitigen Zeichnungen und zugehörigen Bildunterschriften widerzugeben. Dieses Buch ist einzigartig in seiner Bedeutung für die Aufklärung über unsere Nazi-Vergangenheit. Kein Dokumentarfilm, keine historische Schilderung mit belegten Fakten, kein detaillierter Vortrag hat je das geleistet, was Halbritter gelungen ist.
Halbritter-Fuehrung-und-GefolgschaftGerhard Kromschröder, ehemaliger Redakteur von pardon, schreibt im Vorwort der Neuauflage: „Was in den eigenen vier Wänden, in der Hausgemeinschaft, im Stadtviertel praktiziert wurde, in dieser überschaubaren kleinen Welt, das kumulierte in düsterer Konsequenz im Furor industriellen Menschentötens, im Holocaust. Es ist das Verdienst des Chronisten Kurt Halbritter, uns diese vernachlässigte kleinbürgerliche Quelle deutscher Vernichtungslust erschlossen zu haben, die er uns in seinem bitteren Bilderbogen quälend nah vor Augen führt“. Halbritter übertreibt, verzerrt, karikiert nur wenig – seine Zeichnungen sind auf eine hinterhältig sanfte Weise treffend.“

Halbritter-Judith-MarionDieses Buch ist – auch im Versand – in der Buchhandlung Weltbühne erhältlich.
Bitte treffen Sie eine bewußte Entscheidung für den fortschrittlichen Buchhandel.
Weltbühne muß bleiben.

Wie kommt der Broder in meine Zeitung?

Von dem Henryk M. Broder habe ich mal viel gehalten, weil der sich – so könnte man sagen – auf der Schnittfläche zwischen Politik und Subkultur betätigte. Zum Beispiel war er einer von denen, die die Internationalen Essener Song Tage (1968) organisiert hatten. Das war ein Festival, auf dem – von Zappa bis Degenhardt – der ganze Radius einer progressiven Kultur dargestellt war.
Eines Tages, 1971 war es, kam der Broder zur Goldstraße, weil er für das Dritte Fernsehprogramm des WDR einen Filmbericht über die Bröselmaschine machen wollte. Als der zur Tür reinkam, lag ich noch im Bett.
Ich hab mich an dem Tag etwa eine Stunde lang mit ihm unterhalten. Bei der Gelegenheit bat ich ihn um einen Beitrag für meine Zeitung, und diese Bitte hat er mir erfüllt. Ich dachte mir: Das wertet meine Zeitung auf.
Später dann sind wir in Richtung Bahnhof gegangen. Unterwegs haben wir uns verabschiedet, weil ich ein anderes Ziel hatte. Zum Abschied hob er die Faust – ein schon zu der Zeit in der kommunistischen Bewegung aus der Mode gekommenes Gruß-Ritual. Ich fand das albern, und er merkte, daß ich das albern fand.
Ein paar Wochen später wurde der Filmbericht im Fernsehen gesendet. Ich war entsetzt. Broder kommentierte, die Bröselmaschine habe so eine Art Teufelspakt mit dem Chemiekonzern Badische Anilin und Soda Fabriken geschlossen. Hintergrund: Wir hatten einen Plattenvertrag mit Rolf Ulrich Kaisers Ohr-Records. Das war die beste Adresse für progressive Musik in Deutschland (Xhol, Guru Guru etc. pp). Der Vertrieb lief über Metronom, und diese Vertriebsfirma gehörte wohl zu BASF. Broder konstruierte daraus, wir wären zu Kapitalistenknechten geworden, und überhaupt wäre die ganze Underground-Kultur nichts anderes als Geschäftemacherei von Konzernen. Broders Fazit: Jeder Protest gegen den Kapitalismus trägt zur Stabilisierung des Kapitalismus bei. Er ist später dann den Weg gegangen, den die Leute gingen, die damals so geredet hatten. Das konnte man damals schon erahnen. Nur ist er auf diesem Weg nach rechts noch weiter gegangen als andere.
Mein Kontakt mit Broder blieb aber noch einige Zeit bestehen. Es wurde korrespondiert (er verschickte immer Postkarten), und wir haben noch zwei- oder dreimal am Telefon miteinander gesprochen.
Ich hatte wohl irgendwie anklingen lassen, daß wir mit unserem Plattenproduzenten Rolf Ulrich Kaiser nicht so ganz und gar zufrieden waren und daß Witthüser und Westrupp sich den Kopf darüber zerbrachen, wie sie aus dem Vertrag mit Kaiser rauskommen könnten. Broder witterte eine Story. Ich sollte ihm alles erzählen, was Walter Westrupp Negatives über Kaiser gesagt hatte. Das gefiel mir gar nicht. Mir wollte gar nicht wohl dabei sein, den Inhalt eines Gesprächs unter Kollegen an einen storygeilen Journalisten weiterzutratschen. Ich wollte keine Rolle dabei spielen, wenn Mißhelligkeiten durch einen Pressebericht darüber zum Zerwürfnis werden. Broder hatte Kaiser bei den Essener Songtagen noch assistiert, und jetzt war er gierig darauf, ihn in die Pfanne zu hauen. Dafür ihn mit Stoff zu versorgen fiel mir nicht ein.
Broders öffentliches Wirken fand ich mit der Zeit immer geschmackloser. Er gefiel sich in der Rolle des Weiterlesen