Kopf & Kragen oder Grass mit ss

Kommße vonne Schicht
Wat andres willze nicht
ALZ WIE Currywurst

Es gibt diese Redensart: Jemand redet sich um Kopf und Kragen. Was damit gemeint ist, dafür liefert der Knobell-Preisträger Günter Grass nicht selten anschauliche Beispiele.
„Es gab in der Geschichte der Sozialdemokratischen Partei keinen schmierigeren Verrat wie den von Oskar Lafontaine an seinen Genossen.“
Da war aber einer geladen! Das mußte er unbedingt loswerden, weniger als der Superlativ hätte da keine Erleichterung gebracht. Ein Mann redet Amok.
Dumm nur: Im Hause des Sozialdemokraten sollte man nicht von Verrat sprechen. Es fallen einem dann fatalerweise Namen ein wie Ebert, Noske, Zörrgiebel.
Wer gleich die gesamte Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) auffährt, will es nicht anders:
Bewilligung der Kriegskredite 1914, die dubiose Rolle der SPD bei der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, Noske und die Freikorps, die Panzerkreuzeraffäre, der Blutmai, der Aufruf zur Wahl Hindenburgs.
Richten wir den Blick in die jüngere Geschichte: Zustimmung zu den Notstandsgesetzen, Radikalenerlaß (der viele Sozialdemokraten betraf), Entsendung der Bundeswehr in Spannungsgebiete, Erhöhung der Waffenexporte in der Zeit der Schröder-Regierung um das siebenfache, Steuergeschenke an die Konzerne, die neoliberale Agendapolitik. Was fällt einem dazu ein? Ein Wort mit V.
All das wird an Schlimmnis übertroffen dadurch, daß Oskar Lafontaine die Konsequenz daraus zog, daß er eine unehrenhafte Politik nicht mit Überzeugung vertreten konnte?
Sind dem Günter Grass sämtliche Maßstäbe verlorengegangen? Nein. Viel einfacher: Er verwechselt die Seiten.
„Schmieriger wie“ klingt allerdings beeindruckend, geradezu nobelpreisverdächtig.
Und so kann man zusammenfassen:
Es gab über die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands keine dämlichere Bemerkung alswie die von Günter Grass.

Chonique Scandaleuse

Mit der Einrichtung von Bundesamt und Landesämtern für Verfassungsschutz 1950 begann eine Chronik der Skandale und Merkwürdigkeiten. Eine Übersicht (Stand: Februar 2012).

1953: Die „ Vulkan-Affäre“. Aufgrund eines Dossiers des Verfassungsschutzes wurden in einer Operation mit dem Decknamen „Vulkan“ über dreißig Personen verhaftet, denen Wirtschaftsspionage für die DDR vorgeworfen wurde. Die Vorwürfe erwiesen sich als haltlos. Einer der zu Unrecht Verdächtigten beging in der Haft Selbstmord.

1954: Die John-Affäre: Otto John,  erster Chef des Verfassungsschutzes, floh in die DDR. Johns Motive wurden nie geklärt. John kehrte in die BRD zurück und erklärte – wenig glaubhaft –, er sei entführt worden.
Sein Nachfolger, Hubert Schrübbers, wurde in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, weil seine Verwicklung in die Terrorjustiz des Naziregimes herausgekommen war.

1956 ff: Das KPD-Verbot. Das vom Bundesverfassungsgericht erlassene Verbot der KPD wurde von herrschenden Kreisen in der BRD dazu genutzt, den Kalten Krieg im Inneren des Landes zu führen und alle oppositionellen fortschrittlichen Bestrebungen zu kriminalisieren (siehe DER METZGER 78 et al). Hunderttausende Ermittlungsverfahren wurden eröffnet, tausende Verhaftungen durchgeführt. Die Verfassungsschutzämter versorgten Polizei, Justiz und Presse mit „Informationen“.

1963: Die Telefon-Affäre. Das Kölner Amt hatte Weiterlesen