Vor meinem Buchladen haben sich zwei Damen versammelt, die mich ansprechen. Sie wollen von mir wissen, ob sie bei mir alte Bücher loswerden können.
Nach einem ungeschriebenen Gesetz darf man Bücher nicht wegwerfen (der Antiquar denkt darüber anders). Ich profitiere allerdings nicht wenig davon, daß die Leute geerbte Bücher, anstatt die einfach wegzuwerfen, lieber mir überlassen. Nur bin ich aus Platzgründen und um zu verhindern, daß man vor lauter Papier die Bücher nicht mehr sieht, gezwungen, gleich vorweg eine Auswahl zu treffen. Also frage ich, wohl wissend, daß ich viele damit erschrecke, um was für Bücher es sich dabei denn wohl handelt („Welche Richtung?“). Wenn ich dann höre „Och, so Romaaane“ oder „Och, so alles mööögliche“, weiß ich, daß das nichts für mich ist. Wie soll ich den Leuten erklären, was ich suche? Wenn ich sage „Ich suche gute Bücher“, denken die, die müßten in Leder gebunden sein und Taschenbücher wären nix (obwohl doch gerade die Taschenbücher der 60er und 70er Jahre was wert sind! Die Formel „Je älter desto wertvoller“ ist ein Aberglaube).
Mit den beiden Damen ist es besonders schwierig, weil sie unentwegt gleichzeitig reden. Was ich denn suche, wollen sie wissen. Das ist so ein Moment, wo ich sagen möchte: „Ich stelle hier die Fragen!“ Stattdessen sage ich: „Ich suche das, was die Nazis verbrannt haben oder verbrennen würden.“
Die beiden verstehen nicht, was ich gesagt habe. Sie meinen, verstanden zu haben, daß ich Nazi-Nostalgie sammle.
„Nein!!! Im Ge-gen-teil!!!“ Ich schreie laut. Aber gegen Mißverständnisse von Leuten, die unentwegt gleichzeitig reden, kommt man auch mit Lautstärke nicht an.
Ich habe einmal, und zwar nicht aus Resignation, gesagt: „Die Verrückten sind unsre einzige Hoffnung.“ Die Irren hingegen können mir die letzte Hoffnung rauben.