Ostermarsch: Die ungehaltene Rede

Maggy Wösthoff: Ihre ungehaltene Rede.

Einleitung
Liebe Freundinnen und Freunde des solidarischen Lebens!
Es ist Ostersonntag und ich wünsche Euch allen vorerst frohe Feiertage und eine entspannte Zeit.
Gestern fand die Auftaktkundgebung des Ostermarsches in Duisburg statt und von Seebrücke sollte eine Rede gehalten werden. Alles war geplant, die Rede stand und dann wurde die Rednerin krank. Eine Kette widriger Umstände setzte ein und der Teufel im Detail machte seinem Ruf alle Ehre. Folge: Die Rede wurde nicht gehalten. Im Nachhinein kam uns dann die gute Idee, diese über den Verteiler zu schicken begleitet von guten Wünschen für Frieden. In der Welt und unter uns. Vielleicht wird einigen von euch die Rede von Seebrücke Duisburg zusagen, vielleicht wird sie auch empören über die Haltung, die zu dem jetzigen Krieg in der Ukraine deutlich ausgesprochen wird. Doch voller Vertrauen in demokratische Prozesse bieten wir euch unsere Gedanken zu dem verheerenden Missstand an.

Hauptteil
Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit.
Krieg ist ein Verbrechen an dem Geist und den Herzen der Menschen.
Menschen werden zu Feinden erklärt, die in ihrem alltäglichen Dasein keine Gegner sind. Die eine Familie in Russland ist nicht verfeindet mit der anderen Familie in der Ukraine. Was die Menschen beschäftigt ist, ihre Kinder sicher großzuziehen, genug Geld zum Leben zu haben, mit den Nachbarn in guter Gemeinschaft zu leben, ihrer Religion nachzugehen und Freude zu haben. Und doch muss eine Gegnerschaft aufgebaut werden, die den Geist bezwingt in dem Prozess der Verfeindung. Die Folgen von Krieg sind oft lebenslänglich auf der Seite der Opfer und der Täter. Lebenslänglich und sogar über Generationen hinweg währen häufig die Traumatisierungen, die sowohl bei den Opfern, als auch bei den Tätern zu beklagen sind. Das wissen wir aus der transgenerationalen Traumaforschung. Krieg führt zu unermesslichem Leid, zu Schmerzen, Verkrüppelungen, zu Blutrausch und explodierender, martialischer Gewaltbereitschaft, zu Taten, mit denen lebenslänglich zu leben ist und schlussendlich zu Vertreibung und Flucht.
Seebrücke steht an der Seite der Menschen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg und Vertreibung, aufgrund von Armut und Landraub, aufgrund von lebensbedrohlicher Diskriminierung oder auch Umwelt- und Naturkatastrophen verlassen müssen. Unser Handeln steht auf dem Fundament der humanistischen Werte wie Freiheit, Menschenwürde, Toleranz und Gleichberechtigung. Wir stehen für die Einhaltung der Menschenrechte. Weltweit.
Es ist Krieg in Europa, den wir im 21. Jahrhundert nicht mehr für möglich gehalten haben. Seebrücke Duisburg verurteilt den Angriffskrieg der russischen Armee unter Kommando von Präsident Putin auf die unabhängige Ukraine auf das Schärfste. AI sagt: „Russlands Invasion in der Ukraine ist ein Akt der Aggression und eine Menschenrechtskatastrophe!“ Gleich welche Provokationen von Seiten der NATO und der USA im Vorfeld gelaufen sind, Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit und durch nichts zu entschuldigen. Ja, es geht um verstehen. Und es geht um die Anerkennung dessen, was ist. Diese Eskalation von Gewalt schafft unendlich viel Leid.


Wir schließen uns der Forderung von vielen Organisationen und auch von Attac an: „Die russische Führung muss umgehend mit dem Rückzug ihrer Truppen vom Territorium der Ukraine beginnen.“ Sofort.
Wir nehmen Anteil über die Medien und sind entsetzt und ohnmächtig, was dort in der gut 2000 km entfernten Ukraine geschieht. Zivilist:innen werden ermordet, ein russischer Panzer steht vor einem Wohnblock und schießt mehrere Granaten in das Gebäude. Der Angriffskrieg Russlands dauert schon 52 Tage an. Wir hören über das Radio, dass die Menschen inzwischen das Wasser aus den Heizungsrohren trinken; dass also die Grundversorgung zusammenbricht. Die Menschen in der Ukraine leiden … und flüchten bereits seit 2014 aus den Ostgebieten vor der Gewalt zwischen prorussischen Separatisten und der ukrainischen Armee nach Russland, wie aus dem Deutschlandfunk zu vernehmen ist.
Ich frage: Wem dient Krieg, auch der jetzige? Mit welchem Ziel wurde die Ukraine als freies Land angegriffen? Erschütternd ist, dass Menschen immer wieder zutiefst patriarchaler Gewalt ausgesetzt sind. Diese Art der Konfliktaustragung geht von einer kleinen Gruppe mächtiger Männer aus zur Durchsetzung ihrer Interessen.
Was jedoch absehbar sein wird, sind Fluchtbewegungen als Folgen dieses aktuellen Krieges. Zum einen handelt es sich bis Anfang April um rund 4,2 Millionen Menschen aus der Ukraine, vornehmlich Frauen und Kinder, die vor der rohen Gewalt des Krieges flüchten. Weiter werden verstärkt Fluchtbewegungen zu beobachten sein aus dem globalen Süden kommend. Der Krieg Russland gegen die Ukraine wird Auswirkungen auf die weltweite Verteilung von Nahrungsmitteln und Energie haben. Besonders betroffen werden die ärmsten Länder sein. Menschen sind gezwungen sich auf den Weg zu machen, in der Hoffnung auf ein Überleben in einem anderen Land.
Die zu bewältigenden Aufgaben sind immens. Nicht nur für die Menschen in der Politik, auch für uns als Zivilbevölkerung kommen große Aufgaben auf uns zu.
Lenken wir unseren Blick auf die Menschen, die sich aus Ländern des sogenannten globalen Südens auf den Weg nach Europa gemacht haben und schauen an die Grenze Polen-Belarus. Oder gehen wir mit unserer Aufmerksamkeit zu den Menschen in Griechenland, die in Hochsicherheitslagern festgesetzten werden, um ihren Antrag auf Asyl stellen zu können. Vielleicht ist der Antrag auch bereits abgelehnt und die Rückführung in die Türkei findet nicht statt oder wird endlos lange verzögert. Damit können wir wiederholt eine unerträgliche Situation der statischen Fest-setzung beobachten. Ob an der Nordküste Frankreichs, an der Grenzzone zwischen Polen und Belarus, in Nordafrika oder in Griechenland. Die EU mauert. Eine gewollte Strategie der Vermeidung, die wir auch auf dem Mittelmeer seit Jahres beobachten können.
Und versetzen wir uns in die Menschen an den Außengrenzen der EU, die auf ihr Asylverfahren warten und schauen auf die aktuell vielen solidarischen Möglichkeiten, die Hilfsangebote, die staatliche Offenheit und Brücken, die alle jetzt möglich sind. Versetzen wir uns in die Familie aus Afghanistan, die auf Samos festsitzt. Großes Befremden und Wut machen sich breit. Also gibt es doch Menschen 2. Klasse.
Seebrücke steht an der Seite aller Menschen auf der Flucht. Auch jetzt auf der Flucht aus der Ukraine ist zu beobachten, wie z.B. Rom:nja, Afghan:innen oder Menschen aus einem afrikanischen Land an der Flucht gehindert werden. Wir sagen: es gibt keine Menschen 2. Klasse. Mensch ist Mensch. Und jeder Mensch hat das Recht auf Wahrung seines Lebens und seines Schutzes. Ob bei der gefährlichen Fahrt über das Mittelmeer oder auf einem Landweg.
Zum Schluss möchte ich Willy Brandt zitieren aus seiner Nobelpreisrede 1971
Frieden ist nicht alles aber ohne Friede ist alles nichts.

Forderungen von Seebrücke Duisburg
Es muss alles getan werden, dass die Waffen schweigen. Ein sofortiges Ende dieses und jedes Krieges.
Verhandlungen auf Augenhöhe mit allen an dem Krieg beteiligten Parteien.
Globales Abrüsten statt Aufrüsten.
Die sofortige und koordinierte Übernahme staatlicher Verantwortung für die Existenzsicherung der ankommenden Menschen.
Evakuierung der Lager an den Außengrenzen der EU
Grünes Licht für Aufnahme der Menschen von der polnisch-belarussischen Grenze
Seenotrettung und Entkriminalsisierung der Seenotretter:innen

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. Doch bevor wir auseinandergehen möchte ich euch von unserem neuen Spendenprojekt berichten. Im Rahmen der Spendenkampagne #STANDWITHUKRAINE ist unser Spendenprojekt „Hilfe für Welyka Dobron“ am Start. Welyka Dobron ist auf der Fluchtroute das letzte ukrainische Dorf vor der ungarischen Grenze. Hier kommen viele Menschen auf der Flucht vorbei. Andere, für die die Flucht ins Ausland keine Option ist, verbleiben an diesem Ort. Wir unterstützen Brügermeister Ferenc Nagy bei der Versorgung der Menschen mit dem Nötigsten.

Nachtrag
Weiterhin gibt es die Gelegenheit für „Human Plus e.V.“ zu spenden. Inzwischen ist der 5. Transport mit humanitären Überlebensgütern in die Ukraine gebracht. Seit neuestem gibt es ein Lager in Odessa, von welchem aus in Zusammenarbeit mit der Regierung, Regionen versorgt werden, die dringend Unterstützung brauchen.
Wer spenden möchte, vielleicht noch nicht hat oder schon hat und noch einmal möchte . . . immer wieder gerne an
Spendenkonto
Duisburger Stiftung für Umwelt, Gesundheit und Soziales
IBAN DE86 3505 0000 0200 0128 96
Stichwort Seebrücke/Ukraine
Bitte an die Adresse für Spendenquittung und DankeschönKarte denken.
Viele liebe Grüße und frohe Ostern wünscht Maggy

Liebe Maggy,
alles Gute für Dich, und werd schnell wieder gesund.

2 Gedanken zu „Ostermarsch: Die ungehaltene Rede

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