DFG-VK: Krieg in der Ukraine. Kommentar zur Lage

Die DFG-VK (Gruppe Duisburg) hat zum Krieg in der Ukraine Stellung genommen:

Krieg in der Ukraine. Kommentar zur Lage.

In Osteuropa begann ein Krieg. Das Erstaunen war groß. Dabei ist das, was Ende Februar begann, nicht völlig unvorhersehbar gewesen. Ausmaß und Tempo des russischen Vorgehens gegen die Ukraine wurde von fast allen unterschätzt. Die völkerrechtliche Beurteilung des Vorgehens ist eindeutig: Russland hat einen Angriffskrieg gegen ein Nachbarland begonnen und damit das Völkerrecht verletzt. Die Rechtfertigungen, bei solchen „Präventiv“-Schlägen üblich, klingen aus Moskau kommend besonders fadenscheinig. Dennoch haben die Regierungen, die jetzt gegen Russland so empört tun, keinen Grund, ihre Hände in Unschuld zu waschen. Sie können aus dem, was passiert, ihren Nutzen ziehen. Schon lange nicht mehr war der „Westen“ so gestärkt wie nach dem Überfall auf das Land, das von den westlichen Machtzentren vorrangig als geostrategischer Vorposten gesehen wird.

Als 1989 die „Mauer fiel“, die Sektkorken knallten und die globale „Wende“ als Spektakel inszeniert wurde, hätte man ahnen können: das wird nochmal böse enden! Vom „Ende der Geschichte“ wurde geredet. Größenwahn ist immer eine der größten Gefahren, nicht erst heute.
Dem „sicheren Frieden in der Welt“ war nicht so recht zu trauen. Der „Westen“ versuchte die ins Wanken geratene Supermacht Sowjetunion in Sicherheit zu wiegen. „Es wird keine Ausdehnung des Einflussbereichs der NATO oder ihrer militärischen Präsenz geben – nicht einen Zoll nach Osten“, sagte US-Außenminister James Baker im Februar 1990. BRD-Außenminister Genscher versprach vor der Weltöffentlichkeit: „Was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des NATO-Territoriums nach Osten, das heißt, näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben.“ Mit solchen falschen Versprechungen konnte man den gar zu leichtgläubigen Gorbatschow und den lenkbaren Jelzin einwickeln. Mit Zusagen, die nichts wert sind, wird Vertrauen zerstört, werden Spannungen geschürt.

Jetzt macht die Parole die Runde: erstmals seit 1945 hat es in Europa einen Angriffskrieg gegeben!
Einen Krieg?? In Europa??? Da gehört der doch gar nicht hin!!!! Bisher ist es den Westmächten doch immer gelungen, ihre Krisen und Kriege in ferne Kontinente zu exportieren.
Nach 1945 hatte es durchaus einen Angriffskrieg in Europa gegeben: den Jugoslawienkrieg. Das war eine unmittelbare Folge der „Wende“. Und Deutschland gehörte zu den Angreifern. Darum sollte die Bundesregierung nicht so laut vom Völkerrecht reden.

Die Politik des Westens im Kalten Krieg war immer aggressiv. Alle Abrüstungsinitiativen der Sowjetunion wurden abgelehnt. Zur Strategie des Westens gehörte immer die Bereitschaft zum Krieg – einschließlich nuklearer Optionen. Die USA vertraten die Doktrin, ein Atomkrieg könne geführt und gewonnen werden. Die USA glaubten seit 1945, mit ihrer nuklearen Überlegenheit ein Druck- und Drohmittel in der Hand zu haben, das es überflüssig macht, nach Interessenausgleich zu suchen und die Sicherheitsinteressen des Ostens respektieren zu müssen. Die USA haben ständig versucht, im Kalten Krieg ein Ungleichgewicht herzustellen, zum Beispiel durch die Aufstellung von Mittelstreckenraketen in Europa.
In seiner Roll-Back-Strategie war der Westen nie wählerisch in der Wahl seiner Bündnispartner und nie zimperlich im Hinblick auf die Menschenrechte.

Die Osterweiterung der NATO tangierte den Lebensnerv Russlands. Die Menschen des Landes hatten ihre Erfahrungen mit dem „Westen“, nicht erst aus der Zeit des Kalten Krieges. Die Eroberungslust westlicher Mächte haben sich in das kollektive Gedächtnis der Russen eingeprägt, angefangen mit dem Russland-Feldzug Napoleons. Dazu gehört die Verwüstung weiter Landesteile im Ersten Weltkrieg, die Intervention der Entente-Mächte im Bürgerkrieg nach 1920, schließlich der Überfall durch Nazideutschland mit über 21 Millionen Todesopfern. Der Kommissarbefehl, Babijar, der Massenmord an russischen Kriegsgefangenen in deutschen Konzentrationslagern, die Massaker der faschistischen deutschen Wehrmacht an der Zivilbevölkerung – alles das wirkt im kollektiven Gedächtnis nach und begründet eine Furcht davor, feindliche Armeen unmittelbar an der Grenze zu haben. Putin weiß, solche Stimmung zu nutzen.
Daß Putin sich der expansiven Politik des Westens entgegenstellte, macht ihn nicht zu einem Antiimperialisten. Ein Antiimperialismus, der nicht sozial emanzipatorisch ist, ist keiner.
Da und dort wird Putin unterstellt, er wolle zurück zur Sowjetmacht, zurück zur UdsSR. Nichts falscher als das!
Wem gibt Putin die Schuld an der Ukraine-Krise? Lenin! Putin meint: Lenin ist an allem schuld. Putin meint: Die Bolschewisten hätten Russlands Herrlichkeit kaputt gemacht. Sie hätten mit ihrer Idee von den Sowjet-Republiken das alte Großrussische Reich zersplittert, indem den Sowjetrepubliken erlaubt war, die Union zu verlassen (was sie dann ja auch taten). Die Ukraine, so meint Putin, hätte immer zum Russischen Reich gehört. Nach seiner Rede Ende Februar war klar, daß er sich nicht mit der Einverleibung der Krim und der künstlichen „Volksrepubliken“ in der Ostukraine zufriedengeben würde – und so kam es ja auch.
Teile der Linken halten Putin für einen „objektiven“ Verbündeten. Zugleich fördert der Antikommunist Putin rechtspopulistische und rechtsextreme Organisationen und Publikationen in Westeuropa (zum Beispiel Le Pen in Frankreich).
Putin will nicht zurück zur Sowjetunion, sondern zum Großrussischen Reich. Im Westen setzt Putin auf die Rechten. Mit der pseudolinken Strategie „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ muß Schluß gemacht werden!
Übrigens: Die Sowjet-Führer Chruschtschow und Breschnew waren gar keine Russen. Das waren Ukrainer. Wußten Sie das?

Die Entwicklung der Ukraine zu einem ganz normalen westlichen Land verlief nicht sehr elegant. Oligarchen gab und gibt es auch dort. Das Land changierte zwischen Korruption und Nationalismus. Nazi-Kollaborateure des Zweiten Weltkriegs wurden zu Nationalhelden erhöht. Im ganzen Land wurden für den Nazi-Helfer und Kriegsverbrecher Bandera Denkmäler hingestellt. Nun spricht Putin davon, die Ukraine zu „entnazifizieren“. Das ist lachhaft. Ausgerechnet Putin! Wenn er „entnazifizieren“ will, soll er im eigenen Land damit anfangen, dann hat er genug zu tun. Es ist allerdings anzunehmen, daß seine gesellschaftspolitischen Vorstellungen von denen russischer Faschisten gar nicht so verschieden sind: eine autoritäre, illiberale, antiintellektuelle, patriarchale Gesellschaft, intolerant gegen Minderheiten, aggressiv gegen Abweichler.
Wie der Krieg weitergeht läßt Schlimmes befürchten. Wenn der Krieg begonnen hat, ist alles möglich. Auch ein Atomkrieg im 21. Jahrhundert ist nicht mehr ausgeschlossen.
Wie sich unter dem Eindruck der Ereignisse unsere Gesellschaft verändert, wird man hier bald merken: Kohlewiedereinstieg? Atomkraft ja bitte? Der Sozialstaat ruiniert die Armee? Vernichtungswaffen in Spannungsgebiete? Klima und Umwelt egal etc. pp? Alles, was an Wissen und Fortschritt und an Emanzipation mühsam errungen wurde, steht wieder auf dem Spiel.

Von Geschichtsvergessenheit ist auch die neuerdings gesteigerte Feindseligkeit gegen China geprägt. Geschichtsblindheit ist Grundlage für das Einverständnis mit imperialer Politik. Über China wird geredet, als hätte es Boxeraufstand und Opiumkrieg, die Hunnen-Rede von Wilhelm Zwo, die japanische Invasion und das Massaker von Nanking nicht gegeben. Die jetzt mit ihrem Menschenrechtsfinger auf China zeigen fürchten dabei wohl vielmehr die aufsteigende Wirtschaftsmacht.
Es hat sich in das kollektive Gedächtnis der Chinesen eingeprägt, wie ihr Land unter dem Kolonialismus leiden mußte. Die Chinesen fühlen sich in ihrem Selbstwertgefühl gekränkt, wenn sie sich von den früheren Kolonialmächten scheinheilige Vorhaltungen anhören müssen.
Daß dieses Land sich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufrichten konnte ist eine große historische Leistung. Daß jeder Mensch in China jeden Tag seine Schale Reis bekam hat auch etwas mit Menschenrechten zu tun.
Nun praktiziert China in der Innenpolitik eine harte repressive Linie und in der Außenpolitik, besonders in Mittelamerika und in Afrika, Neokolonialismus. Wem soll Afrika nun gehören? Afrika den Chinesen? Oder Afrika den Amerikanern? Oder der EU?
Die Politiker und Kommentatoren, die heute über China wie über ein feindliches Land reden, haben bestimmt nichts im Sinn mit Afrika den Afrikanern. Helmut Loeven [1.3.2022]

Deutsche Friedensgesellschaft Vereinigte Kriegsdienstgegner. Gruppe Duisburg
c/o Buchhandlung Weltbühne, Gneisenaustraße 226 – 47057 Duisburg
Tel. 0203-375121 – info@dfg-vk-duisburg.de – www.dfg-vk-duisburg.de
IBAN: DE34 4306 0967 4006 1617 04

18 Gedanken zu „DFG-VK: Krieg in der Ukraine. Kommentar zur Lage

  1. Rainer Dittrich sagte am 27. Februar 2022 um 10:59 :
    Es bleibt dabei: Grundsätzliche Absage an Krieg! Auch in diesem Fall. Das enthebt aber nicht von einer sorgfältigen Analyse, wie es bis zu diesem Punkt kommen konnte/Klarer Kopf also auch jetzt, statt „VoxPopuli“/Stichworte, unvollständig: „NATO“-Osterweiterung/“NATO“-Krieg gegen Jugoslawien („Völkerrecht“?!)/die Welt als eine einzige „Area of [American, R.D.] Responsibility“/Brzezinski: “Eurasisches Schachbrett“/staatlich-politischer Bandera-Kult in der Ukraine als Fixpunkt zur Wiedergewinnung der ukrainischen Identität (sic!); Distanzierung, gar öffentliche Kritik seitens Deutschland: Fehlanzeige; es lohnt, auf dieser Folie die deutsche Bündnispolitik einmal genauer in den Blick zu nehmen, die offensichtlich von liberal über konservativ bis ganz rechts reicht/Russlands Krieg gegen die Ukraine ist keinesfalls als ein von den europäisch-weltpolitischen Veränderungen spätestens seit 1989 isolierter Vorgang zu betrachten (siehe oben); nicht unwichtig: Die Ukraine ist bereits seit mehr als hundert Jahren Teil insbesondere des deutschen Machtkalküls (Unabhängigkeit; sic!) gegenüber Russland (vgl. Fritz Fischer: Juli 1914…) ‒ das Land gilt als ‚europäisch‘, Russland als ‚asiatisch‘ (Friedrich Naumann: Mitteleuropa [1915]/in neuerer Zeit Ernst Nolte); in der Rhetorik der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock klingt das genauso, wenn sie vom Freiheitsdrang östlicher Völker(!) ‒ natürlich immer Richtung eines völlig idealisierten Westens (Europas [!]) ‒ schwadroniert; man vergleiche das z.B. mit der Sprache der offiziellen deutschen Politik spätestens seit 1914/Es gibt keine ‚richtigen‘ Partner unter lauter ‚falschen‘; das gilt auch für das Verhältnis zu Wladimir Putin. Russland-Hetze und Putin-Dämonisierung werden aber auch jetzt nicht richtiger!/Die Darstellung der russischen Geschichte als eine einzige Verlängerung des Zarentums bis in unsere Zeit („Rote Zaren“/Zar Putin) im populären und (populär-)wissenschaftlichen Jargon ‒ grobianisch, nichts weiter als ein Exempel für Ideologie und schlechten Geschichtsunterricht an Schulen, und überdies eine Verzeichnung des historischen Zarentums selbst zum geschichtslosen Bild/In memoriam: Die schlimmsten militärischen Aktionen und Kriege der letzten Jahrzehnte mit den katastrophalsten Folgen bis heute gehen nachweislich auf das Konto der „NATO“-Allianz oder einzelner ihr assoziierter Staaten und waren (sind) immer auch aggressiv gegen Russland und dessen Einfluss in Europa und der Welt gerichtet/Erich Fried dichtete einst: „und VIETNAM und…“. Die Welt war auch vor Putin kein idyllischer Ort. Nun gilt es, wenigsten verbal, sichtbar und aufklärend auch diesem Krieg zu wehren.

  2. „Alle erfolgreichen Zivilisationen gingen durch Brutalität und Barbarei. Aber keiner erfolgreichen Zivilisation käme es in den Sinn, Bestialität als Normalfall anzusehen. Dies kommt nur dem Faschismus in den Sinn.“
    Julija Latynina

  3. Welch eine erbärmliche Stellungnahme der DFG-VK zum Krieg in der Ukraine!
    Er schafft es, in fast 120 Zeilen nicht ein einziges empathisches Wort für das ukrainische Volk, kein einziges Zeichen der Solidarität und nicht eine Forderung nach sofortigem Waffenstillstand zu formulieren, nichts dergleichen. Und das von einem Verein der sich Friedensgesellschaft-Kriegsgegner nennt. Stattdessen folgt eine vor Schlichtheit und Kälte kaum zu unterbietende „Analyse“, dass Russland mit seinem Angriffskrieg das Völkerrecht gebrochen habe. Sic! Noch im gleichen Absatz folgt der Hinweis auf die am Krieg auch nicht ganz unschuldigen „sich jetzt so empörenden Regierungen“. – Ja geht`s noch? Ist etwa in der aktuellen Kriegssituation keine Empörung und Wut und Mitgefühl geboten? – Da ist mir doch eine Regierungsmeinung völlig egal. Die brauche ich gar nicht, um mich zu empören. Im Übrigen waren es rund 140 Staaten in der UN-Vollversammlung, die sich „empört“ haben über Russlands Angriffskrieg.
    Es braucht erst recht keine seitenlangen Geschichtsexkurse der DFG-VK über Russland bis in die Zarenzeit. Auch ist mir der 147. Verweis auf das verletzte Vertrauen und die legitimen Sicherheitsinteressen Russlands gerade ziemlich schnurz. Sie rechtfertigen vor allem keinen Krieg gegen die Ukraine, noch den in Tschetschenien, noch den im Südkaukasus gegen Georgien – wussten Sie eigentlich das Stalin gar kein Russe war, er war Georgier. – Jetzt brauchen wir dringend Hilfe für die Menschen in der Ukraine und einen sofortigen Stopp der Bombardierungen! Und diese Forderungen würde ich auch von einer DFG-VK erwarten. Und einen Aufruf zu Spenden, so wie`s zum Beispiel Meggie Wösthoffs SEEBRÜCKE tat.
    Aber nein – der Kommentar ergeht sich in ewig gestrigen Verweisen auf den bösen Westen hie und die friedliebende Sowjetunion dort, welche schon immer die Völkerfreundschaft pflegte und ausschließlich friedenstiftende Waffen produziert und exportiert hat. Brauchen wir jetzt die Hinweise gerade von Altkommunisten, dass die Entwicklung der Ukraine zu einem „normalen westlichen Land nicht sehr elegant“ verlief und es dort auch Oligarchen gibt und das Land zwischen Korruption und Nationalismus changiert? Will uns da jemand suggerieren, dass die Ukraine es am Ende doch eigentlich verdient habe, wenn sie vom Übervater der Oligarchie Wladimir Putin bestraft werde und ihr gezeigt werde, wie echter Nationalismus geht? – Kann man noch zynischer auf ein Land blicken, dessen Bevölkerung gerade von Russlands Bomben und Raketen vernichtet wird? – Apropos Eleganz: Hatte eigentlich die DDR irgend etwas von Eleganz? – Meine regelmäßigen Besuche in Ostberlin verursachten bei mir, selbst die in den späten 80ern, immer eine tiefe Depression. – Aber das sind jetzt persönliche Affekte, die hier nicht hingehören.
    Ich muss jetzt dringend schließen, bevor ich mich noch über die abschließenden Worte des o. a. Kommentars über China echauffiere. In seinem „cetero censeo“ entblödet sich der Autor nicht, den „Menschenrechtsfinger“ gegen China mit der Angst vor einer aufsteigenden Wirtschaftsmacht zu erklären, statt mit der antiemanzipatorischen, menschenfeindlichen, antidemokratischen und brutal repressiven Politik der kommunistischen Partei Chinas.
    Es grüßt herzlich
    ERLeuchter

    • Bewundernswert an der Erklärung der DFG-VK ist die Nüchternheit, die Unaufgeregtheit und die Geschichtsbezogenheit. Kommentator Leuchter liest aus diesem sachlichen Text heraus, was gar nicht drinsteht.

      • Was wirft Kommentator L. der DFG-VK Duisburg eigentlich vor? Etwa Mangel an Adrenalin? In dem grassierenden Wettkampf der Aufreger ist mir ein sachlicher, informativer Text wie der von der DFG-VK willkommen.

  4. Das ist jetzt wieder die große Zeit der „Couch-potato“- und „Twitter“-“TUIs“, sich zu Russland- und Osteuropaexperten berufen zu fühlen und mit ihren vermeintlichen Geschichtskenntnissen aufzutrumpfen. Die unfehlbare Diagnose: „Russia is the new Nazi/@Putin_is_Hitler“. Zusätzlich angeheizt und akkompagniert wird dieses gefährliche Getöse von den ewig unverbesserlichen „VIPs“ der ‚höheren‘ Sphären Politik, Medien, Wissenschaft und Militär, denen jeder Vergleich mit dem Nationalsozialismus („Vernichtungskrieg“) schamlos von den Lippen geht. Ein Narr, wer dabei an Exkulpation denkt?

  5. Eine gute Stimme (Auszug) im allgemeinen Kriegsgetöse. Auch, wenn sie anderenorts nicht gehört und absehbar folgenlos bleiben wird – es ist wenigstens gesagt worden. Zu Clemens Heni siehe Web.
    “Mehr Atomkrieg wagen?” Die neue irrationale Querfront: Donald Trump, Deniz Yücel und Joachim Gauck
    VON CLEMENS HENI
    AM 22. MÄRZ 2022
    IN ALLGEMEIN
    Von Dr. phil. Clemens Heni, 22. März 2022
    * Der Krieg Russlands muss sofort beendet werden. Waffenstillstand sofort.
    * Keine Waffen für die Ukraine.
    * Keine Pro-Bandera und Pro-SS-Ideologie von ukrainischen Botschaftern in Deutschland und ihren Freund*innen.
    * Reduktion der Militärausgaben um erstmal 90 Prozent, weltweit, auch und gerade in NATO-Staaten. Perspektivisch kann es nicht um Hilfslieferungen nach Afrika oder Asien gehen, sondern um Wirtschaftsstrukturen, die Menschen ermöglichen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das heißt: Kampf dem Kapitalismus und weltweiter Kampf gegen die Klimakatastrophe.

    • Haben Sie sich einmal angesehen, was Herr Heni inzwischen sonst so schreibt?
      Nur ein vergleichsweise harmloses Zitat:
      „Der religiöse Wahn jener, die glauben, Covid-19 sei eine gefährliche Krankheit, hat die Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland komplett zerstört.“
      Das ist kein guter Ratgeber.

      • Ich lese den Heni regelmäßig und bin keineswegs immer d’accord. Ich kenne auch andere Kritiken an ihm, z.B. von Micha Brumlik. Heni ist in der Tat sehr streitbar, er ist gleichzeitig Wissenschaftler und Polemiker. Seine Antisemitismus-Forschung schätze ich! Was aber, bitte, stört Sie an dem oben präsentierten Auszug?

  6. Sebastian Friedrich schreibt im Freitag:

    „War Wladimir Putins Mama zu streng? Wie steht es psychisch um den russischen Präsidenten? Ist er verrückt geworden? Antworten auf die Fragen, die die Analysen besonders in den ersten Tagen nach Beginn des russischen Angriffskrieges geprägt haben, gab es zwar nicht. Dennoch waren allein die Fragen erleichternd: Für jene, die es nicht für möglich gehalten hatten, dass es zu dem Krieg kommt – denn wer kann schon das Handeln eines Wahnsinnigen voraussagen? Erleichternd waren sie auch für jene, die sich lieber nicht mit den vielfältigen Ursachen des Krieges befassen wollen – Interessen und Geopolitik, das machen doch nur alte Männer, die gerne Tarnanzüge tragen, „Risiko“ spielen und gerne auf einem Feldherrenhügel zelten würden.

    Eine weniger psychologisierende Variante des Analyse-Eskapismus erklärt alles mit Ideologie. Der Verweis auf den zweifellos chauvinistischen Revisionismus, der aus Wladimir Putin spricht, wird seinerseits zur Ideologie, wenn sich die „Analyse“ in der bloßen Verdopplung des Gesagten erschöpft.

    Wer dann doch mal geopolitische oder ökonomische Einflussfaktoren thematisieren möchte, kann schnell verdächtigt werden, das Vorgehen der russischen Regierung eigentlich rechtfertigen zu wollen.

    Es kommt nicht oft vor, dass es sich lohnt, sich positiv auf jemanden zu beziehen, der nach 1918 noch eine wichtige Stütze der Sozialdemokratie war. Egon Bahr aber hätte heute wahrscheinlich doch den ein oder anderen schlauen Gedanken einzubringen, etwa den, den er 2013 vor Schüler*innen vortrug: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“

    Anlässlich von Bahrs 100. Geburtstag befasste sich am 18. März Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem außenpolitischen Realisten: Die neue deutsche Sicherheitspolitik dürfe nicht länger beim nüchternen Betrachten der Realität eines Egon Bahr stehen bleiben. Jede Zeit habe ihre Herausforderungen und ihre eigenen Antworten, so Scholz.

    Es ist eine nachträgliche Legitimation der Hochrüstungspläne, einer neuen deutschen „Sicherheitspolitik“, die – schon lange geplant – angesichts der grausamen Bilder aus der Ukraine nun gesellschaftlich durchgesetzt werden kann. Während Ideologie und Seelenzustand Putins im Mittelpunkt stehen, darüber gestritten wird, ob die Analyse von Interessen überhaupt noch zeitgemäß ist, will Deutschland nicht mehr nur ökonomisch zu den Großen gehören, sondern endlich auch militärisch.“

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