Sahra Wagenknechts Vernichtungsfeldzug gegen die Linkspartei. Die Linkspartei reagiert.

Der in Zeitungen und Nachrichten genannte Beschluß der Linkspartei in der Sache Wagenknecht. Hier im Wortlaut:

10. Juni 20232023/450
Unserer Verantwortung gerecht werden: DIE LINKE als plurale sozialistische Partei erhalten!
Beschluss der Parteivorstandsberatung vom 10. Juni 2023
DIE LINKE als plurale sozialistische Partei ist eine historische Errungenschaft. Wir wollen sie als plurale Partei erhalten, Differenzen demokratisch unter dem Dach unserer Partei diskutieren und sie als moderne Gerechtigkeitspartei gemeinsam weiterentwickeln. Dafür brauchen wir Geschlossenheit, Solidarität und ein klares Profil.
Die öffentlichen Ankündigungen seitens unserer Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht, die Gründung einer konkurrierenden Partei zu prüfen, stellen die Einheit der LINKEN in Frage und schaden uns seit geraumer Zeit massiv. Diese Äußerungen verunsichern unsere Wählerinnen und Wähler und sind respektlos gegenüber unseren Mitgliedern, die sich jeden Tag in den Kreis- und Basisorganisationen und in den kommunalen Vertretungen für eine starke LINKE einsetzen. Unterdessen häufen sich parteiintern Berichte, dass bereits Vorbereitungen zur Gründung eines konkurrierenden Parteiprojektes getroffen werden.
Dagegen stellen wir klar: Demokratisch gefasste Beschlüsse sind die verbindliche Richtschnur für das Handeln der gesamten Partei, ihrer Fraktionen und öffentlichen Repräsentant*innen. Wir respektieren Minderheitsmeinungen innerhalb unserer Partei. Der Weg zur Änderung von Beschlüssen ist die Debatte in der Partei, in ihren demokratischen Organen und die Gewinnung von Mehrheiten für Entscheidungen. Wir laden alle dazu ein, mit uns auf Parteitagen, in den entsprechenden Gremien und Verfahren um demokratische Mehrheiten zu ringen. Wenn einzelne sich aber systematisch über diese Mehrheiten hinwegsetzen und versuchen, der LINKEN durch öffentliche Einlassungen über die Medien sowie durch die Drohung mit der Gründung einer konkurrierenden Partei, einen anderen Kurs aufzuzwingen, sind das schlicht Erpressungsversuche.
Der Geschäftsführende Parteivorstand hat wiederholt, zuletzt am 25. Mai, das Gespräch mit Sahra Wagenknecht gesucht und schließlich von ihr gefordert, dass sie zeitnah und öffentlich von der Gründung eines konkurrierenden Parteiprojektes Abstand nimmt und entsprechende Vorbereitungen umgehend einstellt. Sahra Wagenknecht hat wiederholt erklärt, dass sie keine Perspektive mehr für die LINKE sieht. Sie ist der Aufforderung, eindeutig von einem konkurrierenden Parteiprojekt Abstand zu nehmen, bis heute nicht nachgekommen. Damit ist offensichtlich, dass sie nicht bereit ist, gemeinsam mit allen Genossinnen und Genossen in der Partei für eine starke LINKE zu kämpfen und ihre demokratischen Verfahren zu respektieren. Klar ist daher: Die Zukunft der LINKEN ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht.
Alle Abgeordneten wurden auf Wahlvorschlag der LINKEN in die Parlamente gewählt. Sie wurden von den Mitgliedern in den Wahlkreisen und bei Listenaufstellungen in demokratischen Verfahren aufgestellt. Die Mitglieder der LINKEN haben den Wahlkampf geführt in dem Vertrauen, dass unsere Abgeordneten das Programm der LINKEN vertreten und sich ihm verpflichtet fühlen. Es ist ein Gebot des politischen Anstandes und der Fairness gegenüber den Mitgliedern unserer Partei, wenn diejenigen, die sich am Projekt einer konkurrierenden Partei beteiligen, konsequent sind und ihre Mandate zurückgeben. Es ist nicht akzeptabel, dass Ressourcen aus für DIE LINKE gewonnenen Mandaten für den Aufbau eines Konkurrenzprojektes genutzt werden. Denn wir alle stehen bei unseren Wähler*innen im Wort, uns in ihrem Sinne auch für das einzusetzen, was wir ihnen zur Wahl versprochen haben.
Unsere Partei wie die gesellschaftliche Linke insgesamt steht angesichts von sozialer Spaltung, Klimakatastrophe, Inflation und Krieg vor riesigen Herausforderungen. Viele sagen, es sei nicht mehr erkennbar, wofür die DIE LINKE steht. Diesen Eindruck werden wir ändern. Wir ergreifen klar Partei für die lohnabhängige Bevölkerung und wenden uns dagegen, unterschiedliche Milieus gegeneinander auszuspielen. Wir stellen die gemeinsamen Interessen und die gemeinsame Mobilisierung für soziale Ziele in den Mittelpunkt. Der Marktgläubigkeit der herrschenden Politik setzen wir unsere Forderung nach Stärkung von öffentlichen Investitionen und öffentlichem Eigentum entgegen – für uns ist der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte. Wir verbinden konsequenten Klimaschutz mit sozialen Garantien. Der Umbau der Wirtschaft muss mit den Beschäftigten und in ihrem Interesse erfolgen – deshalb streiten wir für eine Stärkung der Gewerkschaftsrechte, für mehr Mitbestimmung und Wirtschaftsdemokratie. Wir stellen uns überall gegen Imperialismus und Krieg, gegen die völkerrechtswidrige russische Invasion der Ukraine wie gegen völkerrechtswidrige Interventionen der NATO und ihrer Verbündeten. Wir wenden uns gegen Aufrüstung und Rüstungsexporte und kämpfen für Abrüstung, Deeskalation und zivile Alternativen zum militärischen Tunnelblick. Und wir stehen für die Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten, für den Schutz von Geflüchteten und Grundrechten – und eine klare Kante gegen rechts, gegen Rassismus, Sexismus, Transfeindlichkeit und Faschismus.
Die Ampelkoalition ist zerstritten und blockiert sich selbst. Im Ergebnis droht eine massive Verschiebung des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses nach rechts. Umso wichtiger ist es, dass wir der Bedrohung von rechts eine klare linke Alternative entgegenstellen. Wir haben dieses Jahr noch zwei Landtagswahlen in Hessen und Bayern und nächstes Jahr die Europawahl, die Kommunalwahlen und die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, vor uns. Diese bereiten wir mit aller Kraft vor. Darauf wollen wir uns gemeinsam konzentrieren. Es gilt das lähmende Gegeneinander, die öffentlichen Diffamierungen und politischen Blockaden zu überwinden. Damit aus unserer LINKEN in all ihrer Verschiedenheit wieder eine geeinte LINKE werden kann. Das gebietet der Respekt gegenüber unseren Mitgliedern, das sind wir unseren Wählerinnen und Wählern schuldig. Wir brauchen eine starke LINKE in den sozialen Auseinandersetzungen. Stark sind wir aber nur, wenn sich niemand in der Partei schwach fühlt. Das nehmen wir ernst, nur so werden wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung als sozialistische Partei in Zeiten schwerer Krisen gerecht.

Was sagt man dazu?
Die Linkspartei – zu wenig links, zu viel Partei.
Partei – das heißt ja auch immer: Flügekämpfe oder -kompromisse, Fraktionen, Absprachen, Seilschaften, Gerangel um Listenplätze etc., wo Ziele und Inhalte in den Hintergrund treten oder gar, wie in diesem Fall, zur Belastung werden. Das erinnert an Geschäftsleute, denen nur noch der Absatz, nicht die Qualität ihrer Ware wichtig ist.
Das ist die Welt der Sahra Wagenknecht – wobei man bei ihr sagen muß: sie hat – spätstens mit ihrem Bestseller – ein Programm gegen alles vorgelegt, was den Titel „links“ verdient: Eine „populistische“ Linke ohne Progressivität, ohne Emanzipation, antiintellektuell, feindselig gegen Minderheiten und gegen Menschen am Rande der Gesellschaft, dem „Volk“ nach dem Munde redend, den Kampf um die (Lebens-)Kultur dem Weg nach oben opfernd, sich gerade noch auf Umverteilung konzentrierend, was bei ungenauem Hinsehen für „irgendwie“ links gehalten werden kann.
Links sein heißt in dieser Gesellschaft: gegen den Strom schwimmen, unpopulär sein und zur Minderheit zu gehören.
Linkspopulismus ist ein Widerspruch in sich. Populismus ist immer Rechtspopulismus.
Den Niedergang der Linkspartei und der Linken hat Sahra Wagenknecht nicht verursacht, aber rapide beschleunigt. Wenn sie mit der geplanten rot angestrichenen Rechtspartei am Ende Erfolg hat, wäre die Katastrophe komplett.

20 Gedanken zu „Sahra Wagenknechts Vernichtungsfeldzug gegen die Linkspartei. Die Linkspartei reagiert.

  1. Als Mitglied der Partei Die Linke habe ich diesen Beschluss natürlich erhalten.
    „Linkspopulismus ist ein Wider……………immer Rechtspopulismus.“
    Seit Stunden grübel ich nun über diesen Satz nach.
    Kann mir der Autor diesen mal erklären ?
    Ich will ja was lernen. Danke

    • Ich meine ja, die These, daß „Linkspopulismus“ ein Widerspruch in sich ist und daß Populismus per se Rechtspopulismus ist, wird erklärt durch den Text, in dem dieser Satz steht. Wenn die Linke Progressivität, Emanzipation, Intellektualität, Solidarität mit (diskriminierten, verfolgten) Minderheiten und Menschen am Rande der Gesellschaft preisgibt, um sich bei den Spießbürgern anzubiedern, dann ist es keine Linke mehr (und ein solches Konzept würde sowieso scheitern).
      Drei Zitate (aus dem Gedächtnis zitiert):
      „Die Linken brauchen für ihre Politik die Menschen. Die muß man überzeugen. Die Rechten brauchen nur eine Stimmung. Die kann man erzeugen.“ (Günter Amendt).
      „Es müßte sich langsam mal ausgevolkt haben für deutsche Kommunisten.“ (Hermann L. Gremliza).
      „Wo alle loben, hab Bedenken. Wo alle mittun, steh allein.“
      Und jetzt komm ich: Lieber mit 50 Leuten eine gute Politik machen als mit 50.000 eine schlechte Politik.“

  2. Aus Duisburg wird das Politbüro der SED-Nachfolgepartei beklatscht.
    Ich hoffe, dass Eure „Katastrophe“ komplett wird – kompletter als 1989. Damals stemmte sich das Politbüro auch verzweifelt gegen eine Parteigründung: das Neue Forum.
    „Populismus“ kommt von: Volk. Damit kann ich prima leben.
    Sahra Wagenknecht ist die eigentliche Antifaschistin in der Linken – sie findet sich nicht mit 20 Prozent AfD ab. Ihr schon?
    Kleine Lektüre zur AfD:
    https://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-04/rechtpopulismus-afd-pegida-neoliberalismus-d17/komplettansicht

    • „Linksman“ sollte – in Anbetracht der Verwirrung in seinen Beiträgen – besser „Klopsmann“ heißen (weil „Parania-Mann“ zu lang wäre).

    • Linksmann sollte lieber mal einen Spaziergang unternehmen am Rhein entlang. Oder an der Mosel entlang. Oder an der Weser entlang. Oder an der Wupper entlang. Oder an der Donau entlang. Oder an der Sieg entlang. Oder an der Werra entlang. Oder an der Lahn entlang. Oder am Main entlang. Oder nochmal an der Wupper entlang. Oder am Neckar entlang. Oder an der Saar entlang. Oder über die Aakeerfährbrücke. Oder über die Deutzer Brücke. Oder über die Berliner Brücke. Oder über die Homberger Brücke. Oder die Wacholderstraße entlang. Oder den Schlenk entlang, oder um den Entenfang drumrum.

    • Ich habe noch gar nicht mitbekommen, dass der Vorstand der Partei „Die Linke“ sich verzweifelt gegen eine Parteigründung von Sahra stemmt!
      Sie weiß es ja selber noch nicht, vielleicht zieht sie sich ja zurück u. schreibt Bücher.
      Es gibt lediglich Gerüchte, etwa mit dem Team Toddenhöfer zumache. Was Das sein mag u. welches Programm dieses Konstrukt verfolgt ,knowbody knows.
      Da beklatsche ich doch lieber das Programm des Politbüros der ehemaligen PDS u. SED-Nachfolgepartei.

    • > „Populismus“ kommt von: Volk. Damit kann ich prima leben.
      Bei „Volk“ denk ich an Volkssturm, Volksempfinden, Volkszorn, Volk-steh-auf-Sturm-brich-los.

  3. @Dr. Nobert Wiehlen. Merken Sie das nicht? Ihr marxistisches Steht-Ment wird hier mit Spannung erwartet. Der Kinksman/Hinksmann bringt es nämlich nicht.
    Von mir aus dürfen Sie sich dann auch Doktor nennen.

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