Weniger in ein Büro, eher in ein mit viel Kunstlicht beleuchtetes Wirtshaus in Hochfeld fühlte man sich versetzt, wenn man sich auf die von Günter Ackermann gestaltete Internetseite „kommunisten-online“ einließ. Manche Leute meinten, „kommunisten-am-rande-des-nervenzusammenbruchs“ hätte besser gepaßt.
Ich hatte das Vergnügen, Günter Ackermann persönlich zu kennen, seit 1970. Er war damals in der KPD/ML das enfant terrible, unbeherrscht, streitsüchtig.
1940 in Erfurt geboren, in der DDR Angehöriger der Volkspolizei, wechselte er unter Mitnahme seines thüringischen Akzents in die BRD. Seit Mitte der 60er Jahre wirkte er im maoistischen Zirkelwesen am Rande der kommunistischen Bewegung. In der Dauer-Farce des Sektierertums war er eine feste Größe. Bei der Gründung der KPD/ML 1968 war er dabei und gehörte dem Zentralkomitee an (sagt man). Bei den diversen Spaltungen wechselte er gelegentlich die Seiten. Dann ließ er sich in Duisburg nieder.
Im Rotbuch-Verlag erschien ein Buch über den Mannesmann-Streik von 1973. Autor: Gerd Höhne. Das war, wie ich später erfuhr, Ackermanns Pseudonym. In dem Spielfilm „Huckinger März“ (über nämlichen Streik) spielte er eine Nebenrolle. Er tauchte dann auch gelegentlich im Eschhaus auf. Auf der Wanheimer Straße hatte er ein Schreib-Büro, wo Studenten ihre Diplomarbeiten ins Reine tippen lassen konnten.
Als die PDS in Duisburg ihren Kreisverband gründete, war er dessen Geschäftsführer (nicht, wie die Rote Fahne behauptet, Vorsitzender). Die üblichen, unvermeidlichen Streitereien führten zu seinem Rücktritt. Er zog sich auf sein Refugium „kommunisten-online“ zurück.
Ich habe Ackermann als einen durchaus freundlichen, umgänglichen Menschen in Erinnerung, erlebte ihn bei zahlreichen Veranstaltungen. Er konnte zuhören, argumentierte vernünftig und kenntnisreich. Aber wehe, wenn er in die Tasten griff! Dann wurde er mitunter vulgär bis zur Unflätigkeit.
Beim Ostermarsch sprach er mich mal an: „Du sympathisierst ja mit den Antideutschen.“ Das mußte und konnte ich richtigstellen. Seine Antwort überraschte mich: „Dann bin ich ja falsch informiert. Dann muß ich ja meine Meinung ändern.“
Ich habe daraufhin nicht mehr gegen ihn polemisiert, stattdessen es aber dem Kollegen Jakop Heinn überlassen, die Ackermann-Schoten zu protokollieren. Denn nicht allen gegenüber hat Ackermann sich so ehrenmännisch verhalten. Seine Lieblingsfeinde waren Siegfried Jäger (DISS, siehe DER METZGER 81) und Ulrich Sander (VVN, siehe DER METZGER 83 und 114). Dem, was dort darüber zu lesen war, ist nichts hinzuzufügen, und es ist nichts zurückzunehmen.
Am 26. April 2017 ist Günter Ackermann 76jähig in Mülheim gestorben.
Der Mann war unmöglich, aber auch irgendwie originell. Als Werber für die kommunistische Bewegung war er wenig von Nutzen. Aber ihre unfreiwillige Parodie ist ihm gelungen.
Irgendwie wird er uns fehlen.
Wenn Sie das sagen, dann wird es wohl so sein.