Eloge auf einen Terroristen

Die Bundeskanzlerin hat den verstorbenen Nelson Mandela einen Titanen der Gerechtigkeit oder Giganten der Menschlichkeit oder sowas in der Art genannt. Andere Würdenträger äußerten sich ähnlich.
Irren sie sich da nicht?
Als Nelson Mandela noch im Gefängnis war, hörte man von den Staatsfiguren, die sich jetzt elogierend gegenseitig überbieten, nichts dergleichen. Damals war Nelson Mandela ein Terrorist, der sein Volk zum gewaltsamen Umsturz des Apartheidregimes anstachelte. Seine Freilassung zu fordern war der kleinen radikalen Minderheit überlassen, den sogenannten Sympathisanten, also uns.
Wir Staatsfeinde unterscheiden uns von den Staatsträgern dadurch, daß wir schon gegen die Apartheid waren, als es sie noch gab. Sie unterscheiden sich von uns dadurch, daß sie die Freilassung Mandelas erst richtig fanden, als sie erfolgt war.
MandelaBriefmarkeSUBei der Demonstration gegen Apartheid und für die Freilassung Mandelas auf dem Münsterplatz in Bonn trat der Staat in Erscheinung, aber anders als jetzt. Die Polizei trat so martialisch auf, wie ich es zuvor noch nie gesehen hatte.
Die jederzeit in der Lage sind, politisches Widersprechen mit der Polizei einzudämmen, sind nicht schlauer geworden. Das erkennt man daran, daß sie sich für ihr Diktum von einst nicht entschuldigen. Sie irren sich nie, sondern folgen immer der Opportunität, die es ihnen heute nahelegt, Abglanz aufzusaugen. Sie können nicht aufhören zu lügen.
Als wir mit dem Bus der Bonner Verkehrsbetriebe zum Ausgangspunkt der Demonstration fuhren, sagte der Busfahrer die Station an, und er fügte hinzu: „Ich würde am liebsten mitgehen.“

2 Gedanken zu „Eloge auf einen Terroristen

  1. Schön gesagt, Helmut. Ergänzend dazu Ulla Jelpke, Innenpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag:

    „Trauer um Nelson Mandela
    Mit dem Tod von Nelson Rolihlahla Mandela hat Afrika einen großen Freiheitskämpfer verloren. Jahrzehnte der Kerkerhaft und Zwangsarbeit konnten ihn in seinem Kampf für Gerechtigkeit nicht brechen“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Ulla Jelpke. Die Abgeordnete weiter:
    „Entscheidend zum Sturz des Rassistenregimes im Südafrika beigetragen haben der heldenhafte Kampf des ANC und der Kommunistischen Partei, deren Zentralkomitee Mandela angehörte, sowie der Druck internationaler Sanktionen und der Einsatz kubanischer Internationalisten im Kampf gegen das südafrikanische Militär in Angola. Dass der Übergang zum demokratischen Staat anschließend unblutig verlief, ist in besonderem Maße das Verdienst Mandelas und seiner Botschaft der Versöhnung.
    Geschichtsvergessen sind die heuchlerischen Kondolenzbotschaften der Bundesregierung und des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer zum Tode von Nelson Mandela. Vertuscht wird hier, dass Unionspolitiker und deutsche Banken und Konzerne dem rassistischen Regime in Südafrika bis zuletzt eng verbunden blieben und dieses mit Waffen und Geldern stützten, als ein Großteil der UN-Staaten ihm bereits mit Boykottmaßnahmen entgegentraten.
    Trotz eines Rüstungsembargos des UN-Sicherheitsrates gegen Südafrika fand 1978 ein internationaler Kongress zur militärischen und nukleartechnischen Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik und Südafrika statt. Ausdrücklich sprachen sich Bundesministerien für den Export von Investitions- und Rüstungsgütern an südafrikanische Staatskonzerne aus. Nach einer Resolution des UN-Sicherheitsrates von 1985, die Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika empfahl, war die Bundesrepublik das Land, in dem das Apartheidsregime weiter Kredite bekam und von wo es den Großteil seiner Importe bezog. Während immer mehr Länder ihre Gelder und Anlagen aus dem Apartheidsstaat abzogen und die südafrikanische Wirtschaft negative Wachstumsraten aufwies, investierten deutsche Banken und Firmen wie Mercedes, die Deutsche Bank, die Commerzbank, Siemens und Thyssen weiter in Südafrika.
    1988 nannte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß als Ehrengast des Rassistenregimes die Abschaffung der Apartheid „unverantwortlich“ und die Gleichstellung der der schwarzen Bevölkerungsmehrheit „nicht wünschenswert“. Diese Rolle deutscher Politiker und der deutschen Wirtschaft bei der Unterstützung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch das Apartheidsregime müssen endlich vollständig aufgearbeitet und Entschädigungsleistungen an die Opfer gezahlt werden.“

  2. Ich kann dir und Ulla Jelpke nur zustimmen. Lange war vor allem das wirtschaftliche Interesse an Südafrika, das Gold, die Diamanten, die billigen Südfrüchte, der Absatzmarkt für Rüstung und Daimler-Benz und die strategische Bedeutung des Landes als Bollwerk gegen die afrikanischen Befreiungsbewegungen wichtiger als alle Menschenrechte. Ich habe die Sun-City-Schallplatte noch im Regal stehen, die große Anti-Apartheid-Aktion amerikanischer Pop-Künstler. Noch gar nicht so lange her, dass es für Musiker wie Johnny Clegg riskant war, mit Schwarzafrikanern zusammen zu spielen.

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