Rosenmontag geschlossen

Heute wurde im Radio (WDR2) von einem Menschen jugendlichen Alters berichtet, der sich zu Karneval (Rheinland!) als Dieter Bohlen verkleiden will, und wie das bei WDR2 so ist, sollten die Zuhörerinnen & Zuhörer Ratschläge geben, wie man das macht, wenn man als Dieter Bohlen gehen will.
Da sind Sie bei mir richtig. Ich bin nämlich auch schon oft als Dieter Bohlen gegangen – zum Verwechseln ähnlich. Schauen Sie:
Man glaubt doch, den in Natura vor sich zu sehen. Ihnen wäre doch nicht aufgefallen, daß der das gar nicht ist.

Dieses Jahr Karneval will ich mich als Experte verkleiden.

Voriges Jahr Karneval ging ich als Paar Schuhe.
Ich sagte: Sehen Sie her: ein Paar Schuhe.
Den Rest müssen Sie sich wegdenken.

Nein, mal im Ernst: Ich wollte ihnen nur mitteilen, daß der Laden (Buchhandlung Weltbühne) am Rosenmontag (12. Februar) geschlossen ist. Rosenmontag ist nämlich der Tag, an dem ich meine Ruhe haben will und nicht vor die Tür gehe. Und darum ist der Laden jedes Jahr am Rosenmontag geschlossen. Schon als es den Laden noch gar nicht gab, war er immer am Rosenmontag geschlossen.

Was am Schluß dieser Mitteilung das Porträt der Christina K. zu bedeuten hat, das erfahren nur die, die es schon wissen.
..

Geburtstag!

Was höre ich da im Radio? Die SPD hat Geburtstag? Heute vor 160 Jahren wurde in Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) gegründet. Chef wurde Ferdinand Lassalle.
Na, dann sag ich mal brav: Herzlichen Glückwunsch. Und ich denke dabei vor allem an August Bebel, Wilhelm Liebknecht, an Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Franz Mehring, Otto Rühle, Clara Zeitkin, Georg Ledebour et al. (Ob die genannten sich heute meinem Glückwunsch anschließen würden – darüber mögen sich die Historiker streiten).

Häupter der Sozialdemokratie: August Bebel, Wilhelm Liebknecht – Karl Marx – Carl Wilhelm Tölcke, Ferdinand Lassalle

Dieser 23. Mai 1863 war das erste von mehreren Gründungsdaten der SPD. Am 8. August 1869 wurde in Eisenach die Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) gegründet. Diese beiden Parteien vereinigten sich 1875 in Gotha zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), die sich im Jahre 1890 in SPD umbenannte.
Nicht alle Mitglieder des ADAV schlossen sich der Vereinigung an. Eine „orthodox-lassalleanische“ Gruppe spaltete sich ab und konstituierte sich als Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein (Sitz Hamburg). Diese Vereinigung unterstützte das Sozialistengesetz und trat 1909 dem Reichsverband gegen die Sozialdemokratie bei.
Man kann also sagen: Vom alten ADAV ist doch noch etwas übrig geblieben, das bis in die Gegenwart hineinwirkt.

Was wird gesendet, und wie wird es empfangen?

Frage an Radio WDRiwan:
„Trifft es zu, daß der ‚Kabarettist‘ Dieter Nuhr in einem Radiosketch am 13. Oktober 2022 behauptet hat, der Corona-Virus wäre von Gesundheitsminister Lauterbach erfunden worden?“
„Nein, das hat er sooo nicht gesagt.“
„Aber sooo wird es verstanden, von den Dummen, die dem gern zuhören.“

Wem gehört die Geschichte?

Hier wurde gelegentlich über das afas – Archiv für alternatives Schrifttum – berichtet, und auch über seine Existenznöte (siehe Schlagwort). Diese für unsere Arbeit wichtige Einrichtung ist längst nicht in trockenen Tüchern. Darüber berichtete die WAZ in ihrem Lokalteol am 18. Februar:
Und darüber berichtete auch der Deutschlandfunk in einem Interview mit Afas-Leiter Dr. Jürgen Bacia, das man hier hören kann:
https://www.deutschlandfunk.de/juergen-bacia-im-gespraech-ueber-das-archiv-fuer-alternatives-schrifttum-duisburg-dlf-ad834259-100.html
Es geht nicht allein darum, eine Einrichtung zu erhalten, die der Wissenschaft, insbesondere der Erforschung der Sozialgeschichte, unschätzbare Dienste leistet.
Bei der Auseinandersetzung, wie unsere Zukunft gestaltet wird, spielt auch immer die Auseinandersetzung um die Geschichte eine Rolle. Was wird in Erinnerung behalten? Was wird vergessen, was wird verdrängt? Wenn wir unsere Geschichte verlieren, verlieren wir unsere Zukunft.
Informiert Euch ausführlich über das afas:
http://afas-archiv.de/
Dort findet Ihr auch die Kontoverbindung für dringend benötigte Spenden:
Archiv für alternatives Schrifttum (afas)
Bankverbindung:
BIC: DUISDE33XXX
IBAN: DE49 3505 0000 0250 0163 83

Man kann auch / sollte vielleicht (als Einzelperson oder Institution) Mitglied werden.

Ich hab’ schon gewählt

Ich hab’ schon gewählt (Briefwahl).
Die gegenwärtige Parteien-Konstellation macht eine Beeinflussung gesellschaftlicher Vorgänge mittels Wahl fast vollends zunichte.
Einparteienregierungen werden mit Recht beargwöhnt. Hingegen sind Koalitionen dazu da, den regierenden Parteien das Einhalten ihrer Wahl-Versprechen zu ersparen.
Koalitionen (auf Bundesebene) waren bisher Zweier-Koalitionen: CDU/FDP, SPD/FDP, CDU/SPD, SPD/Grün. Die Alptraum-Variante mancher Alptraum-Pervertiker, CDU/Grün ist vor ihrem Zustandekommen schon passé. Denn: Sowas wird es vorerst oder überhaupt nicht geben. Die nunmehr in Frage kommenden Koalitionen werden Dreier-Koalitionen sein. Deren Compagnons werden sich gegenseitig lahmlegen.
Beispiel: Was wäre an einer „rot“-grünen Koalition noch sozial und ökologisch, wenn die FDP mit drin wäre? Zu ekelhaft ist die Vorstellung, daß die FDP Regierungspartei wird.

Ich wähle nicht die CDU, und schon gar nicht die AfD, und noch schongarnichter die FDP, diese überflüssige Partei, die solche Gestalten wie Westerwelle und Lindner hoch gebracht hat.

CDU und FDP von der Regierung fernhalten, um weiteren Sozialabbau zu verhindern? Die Schröder/Fischer-Koalition hat gezeigt: Sozialabbau geht auch ganz ohne CDU und FDP.

Grün wählen aus dem Impuls heraus, daß die Rechtspopulisten die Grünen zu ihrem Hauptfeind erkoren haben? Bedenke: Deine Stimme für die Grünen wäre automatisch zugleich eine Stimme entweder für die CDU oder für die FDP.

Die Linkspartei wählen fällt schwer, bedenkt man die Sperenzchen der ehemaligen Frau Wagenknecht. Trotzdem, wenn Sie mich fragen, ob Sie die Linkspartei wählen sollen, sage ich: tun Sie’s ruhig. Die Vorstellung, daß wieder ein Zustand entsteht, in dem es links von der SPD keine parlamentarische Präsenz mehr gibt, ist nicht angenehm. Die Linkspartei wird aber weniger durch Stimmenverluste sondern vielmehr durch ihre Regierungsbereitschaft zugrunde gehen.
„Vorauseilende Koalitionstreue“ attestierte die Junge Welt in dieser Woche der Linkspartei.
Von den Grünen lernen heißt aufsteigen Lernen – denkt man in der Linkspartei so? Ist es so schwer zu erkennen, daß der Aufstieg der Grünen ein Niedergang ist?
Die substanzielle Auszehrung der Grünen zeigt doch: Es dringt nicht die Partei in den Staat, sondern der Staat dringt in die Partei.
(Und nebenbei: Die Frau Baerbock redet heute so über die Linkspartei wie früher über die Grünen geredet wurde. Die sollte sich schämen).

Wäre die Bundestagswahl ein Schönheitswettbewerb, könnte man DIE PARTEI wählen.
Ich habe DKP gewählt. Das dürfte auch niemanden überraschen.

Nach Polizei-Übergriffen: ver.di fordert Aufklärung

Pressemitteilung vom 28. Juni:
ver.di NRW fordert umfassende Aufklärung der Vorkommnisse auf der Demonstration am 26.06. in Düsseldorf
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di NRW) zeigt sich irritiert über die Vorkommnisse auf der Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz der Landesregierung am 26. Juni in Düsseldorf.
Gabriele Schmidt, Landesbezirksleiterin ver.di NRW, dazu:
„Es schien, als wäre der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Versammlungsgesetz für die Polizei schon beschlossen und umgesetzt. Zumindest lassen die Maßnahmen darauf schließen. Minister Reul muss für eine lückenlose Aufklärung sorgen.“
Unter anderem wurden Zelte zur Personenüberprüfung am Düsseldorfer Hauptbahnhof eingesetzt, zudem gab es den Ausschluss von Teilgruppen ohne Abstimmung mit der Versammlungsleitung und Demonstrationsteilnehmer*innen wurden bis in die Abendstunden eingekesselt und zum Teil wegen Kreislaufproblemen behandelt. Nach Information von Demonstrationsteilnehmer*innen gab es sogar Verletzte. Den Eingekesselten wurden offensichtlich noch nicht einmal Toiletten zur Verfügung gestellt, obwohl sie bis in die späten Abendstunden festgehalten wurden. Außerdem berichtete ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur, dass er von einem Polizeibeamten mehrfach mit einem Schlagstock geschlagen worden sei.
„Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist noch nicht verabschiedet! Die Vorkommnisse von Samstag zeigen, dass zukünftig mit gravierenden Eingriffen in die Versammlungsfreiheit zu rechnen ist.“, so Schmidt.
Deshalb lehnt ver.di den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Versammlungsgesetz ab. Die Landesleiterin Gabriele Schmidt machte diese Haltung bereits in der Sitzung des Rechts- und Innenausschusses als geladene Sachverständige deutlich.

Brot und Rosen

„Ich hab genug von diesen breiigen Sonntagssprüchen,
und diesen Führungskräfteschweiß kann ich nicht länger riechen.“
Degenhardt

Daß der 8. März nicht der „Weltfrauentag“ ist, wie oft dahergesagt, sondern der INTERNATIONALE FRAUENTAG, scheint sich langsam auch in den „Medien“ herumzusprechen. Das ja.
Heute in der Zeitung (WAZ) ein Kommentar. Da ist von „50 Prozent der Menschheit“ die Rede. Und schon zwei Sätze weiter geht es dann wieder um Fehlanzeige bei Frauen in Leitungsposten „in der Wirtschaft“.
Führungskräftefeminismus. Feminismus für die besseren Kreise. Sowas bleibt übrig.
Und erinnert daran, daß der WEG NACH OBEN ein Niedergang ist, wird man von der Ruferin in der Wüste.

Erinnert sich heute noch jemand an den Internationalen Frauentag …
… wie er mal gemeint war?

Hustler?

In der Zeitung lese ich vom Tod des Geschäftsmannes Larry Flynt. Er war Gründer und Herausgeber der Zeitschrift Hustler. Sein Name war mir zuvor nicht geläufig.
Vom Hustler hatte ich nie ein Heft in der Hand. Ich kann also über Wert und Qualität der Zeitschrift nichts sagen. Was mir so über Konzeption und Inhalt der Zeitschrift zu Ohren kam, hat mich nicht neugierig auf die Hefte gemacht. „Der Blick auf die Models war gynäkologischer Natur“ (WAZ). Das törnt mich nicht an. Aber andere als ästhetische Vorbehalte werden Sie von mir nicht hören.
Religiöse Gruppierungen und Feministinnen hätten gegen Flynt/Hustler protestiert, hörte ich im Radio. Diese Proteste dürften sich ähnlich gewesen sein: reflexhaft, eifernd.
Als „Inbegriff“ galt er „den Konservativen, die sich von der sexuellen Revolution der 60er und 70er Jahre überrumpelt und überfordert fühlten.“ (WAZ).
„In politischen Fragen zu Wirtschaft, Sozialem und Außenpolitik bezieht das Magazin linke Positionen und unterscheidet sich dadurch auch von anderen Männermagazinen, […] die traditionell eine eher konservative Einstellung zu diesen Themen vertreten“, steht bei Wikipedia. Was man nicht alles erfährt! Zum Beispiel auch: „Flynt führte über den Hustler in den 1980er Jahren heftige Angriffe gegen Ronald Reagans Regierung und die christlich-fundamentale Rechte, während er später Bill Clinton während der Lewinsky-Affäre öffentlich unterstützte.“ Gut so! Daß er sich gegen Rassenhaß und für Homosexuelle einsetzte wird in den Nachrufen erwähnt.
1978 wurde Flynt bei einem Attentat schwer verletzt. Seither war er querschnittsgelähmt. Der rassistische Serienmörder Joseph Paul Franklin hatte auf ihn geschossen, weil im Hustler ein Foto von einer weißen Frau mit einem schwarzen Mann gedruckt worden war. Franklin, auch wegen verschiedener Mordtaten verurteilt, wurde 2013 hingerichtet. Flynt hatte sich bis zuletzt für seine Begnadigung eingesetzt.

Und jetzt sind alle froh, daß sie ihn los sind

Was aber,
– wenn es irgendwie dämmert, daß man, um gute Stimmung zu machen, mehr vollbringen muß als einen furchtbaren Präsidenten abzulösen?
– wenn in zwei Jahren bei den Neuwahlen zum Kongreß in einer oder in beiden Kammern die Mehrheit verloren geht und der „Gestaltungs-Spielraums“ des Glücksbringers arg eingeengt wird?
– wenn der neue Präsident – vielleicht in einem etwas moderateren Ton – die verheerende Forderung an die „Bündnispartner“ wiederholt, die Rüstungsausgaben auf Rekordwerte zu steigern?
– wenn sich herausstellt, daß Trump nicht bloß für sich stand und daß durch seine Verrücktheiten übersteigerte Eskapaden in der US-amerikanischen Politik verwurzelt sind?
– wenn sich herausstellt, daß die von allen guten Geistern verlassenen und zu allem bereiten Rotten nicht nur dann lästig sind, wenn sie – Hornochse inclusive – den Palast stürmen, sondern im Alltag am gefährlichsten sind?
– wenn eingedenk der vielen vielen teils gemäßigten, teils fanatischen Trump-Wähler die Republikaner sich nicht mäßigen wollen und die Demokraten ihren Anti-Trumpismus-Kurs abschwächen? (Man nennt das Realpolitik. Ich nenne das anders).
– wenn man sich daran erinnern muß, daß der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika der Anführer der imperialistischen Führungsmacht ist und daß auch ein aufgeklärter, human eingestellter, honoriger Hoffnungsträger über diesen Schatten nicht springen könnte?
– wenn man erleben muß, daß reaktionäre Männer und reaktionäre Bewegungen selbst wenn sie scheitern noch gefährlich bleiben?
– wenn der Eindruck sich erhärtet, daß die Trump-Periode nur die Ouvertüre war zu der Tragödie des Untergangs einer Weltmacht.

Noblesse oblige

Im Radio wurde an die Abschaffung der Adelsprivilegien vor 100 Jahren erinnert. Da wurde auch die Geschichte erzählt von einem Mann, der als „Hubertus Prinz zu Sayn-Wittgenstein“ in Düsseldorf auf der Kö von einem Geschäft zum anderen lief und überall mit ungedeckten Schecks bezahlte. Der Mann trug einen Frack. Er glaubte wohl, als Prinz trägt man einen Frack, von morgens bis abends, überall, auch beim Einkaufen. Und das Personal in den Läden schien das auch zu glauben.
Aber das Personal hätte was merken müssen. Es ist doch allgemein bekannt, daß in Adelskreisen zum Frack Pantoffeln getragen werden.
Der Mann hätte noch mehr absahnen können, wenn man ihm verraten hätte, daß Angehörige des Hochadels im Schlafanzug und mit Zylinder nach Aldi gehen.

Heute ist Adorno-Tag

Im Radio heute „Stichtag“ (WDR 2). Einer, der keine Ahnung hat, hat sich bei Wikipedia und Google ein bißchen vorbereitet.

Ich erinnere an ein Buch:

Marvin Chlada: Dialektik des Dekolletés. Zur kritischen Theorie der Oberweite. Alibri Verlag 2006. 128 S.

Bitte achten Sie mal darauf, welches Bild die Dame da an ihren Busen drückt.
Der Verlag hat das Wort:
„Ausgehend von der ‚Busen-Attacke‘ auf Adorno im April 1969 sichtet er die Fülle an Material, die der Kult um die Oberweite bis heute hervorgebracht hat.“

Die „Busen-Attacke“ war die peinlichste, dämlichste Aktion der Studentenbewegung, markiert den Anfang vom Ende der APO und offenbart ein falsches Verständnis von Sex.

An einer Stelle in dem Buch werde ich zitiert. Kommentar einer meiner liebsten Freundinnen: „Das erstaunt mich, weil du doch eigentlich gar kein Titten-Fetischist bist.“

Das Buch gibt es nur in der Buchhandlung Weltbühne, auch im Versand. NUR BEI UNS.