Lawrence Ferlinghetti

Im vorletzten Jahr stellte ich hier ein neues Buch von Lawrence Ferlinghetti vor, und ich berichtete:

Unter den Autoren der Beat Generation kann Lawrence Ferlinghetti gelten als der, der die gesellschaftlich eingreifende, linksorientierte Komponente dieser Kultur am deutlichsten repräsentiert. Der Herausbildung einer antibürgerlichen, antikapitalistischen GEGENKULTUR diente auch die Gründung der Buchhandlung City Lights in San Francisco, 1954 erweitert um den Verlag City Lights Press, der zum publizistischen Forum der Beat Genaration wurde. Hier erschien 1956 Allen Ginsbergs “Howl”, was zu einem Gerichtsverfahren führte.

Ich will mir nichts anmaßen. Aber so wie Ferlinghetti in San Francisco (oder PG Hübsch in Frankfurt oder Sanders in New York) hat es mir vorgeschwebt, eine AUTOREN-BUCHHANDLUNG zu betreiben.

Lawrence Ferlinghetti ist am 22. Februar im Alter von 101 Jahren in San Francisco gestorben.

Good old everlasting Sternbuschweg. Februar 2021


Ein Bild nicht nur aus einer anderen Jahreszeit, sondern auch aus einem anderen Jahr.
Früher gab es ja auf der Koloniestraße die Firma Ketzer & Frings. Ein Firmenname, der im Erzbistum Köln verwunderlich klingen mag. Jedenfalls gab es da alles: Fahrräder, Geschirr, Petroleum für die Petroleum-Lampe usw.
Und hier, nahe der Radrennbahn, stand am Sternbuschweg ein einzelnes Haus, recht groß, gediegen und in Würden ergraut. (Hier im Ruhrgebiet wurden die Häuser grau; nicht von selbst, sondern durch Einflüsse der Atmosphäre).
Auf der Seiten-Fassade war, im Stil früherer Jahre, eine Fassadenwerbung zu sehen. Wer in Richtung Grunewald fuhr oder ging, las in großer Schrift: „Ketzer & Co.“. Die Werbung stammte also aus der Zeit, als Frings sich noch nicht dem Ketzer zugesellt hatte.
Irgendwann, und das ist auch schon einige Zeit her, da wurde das Haus abgerissen, genauer gesagt: der Teil des Hauses oberhalb des Kellers. Die weitere Gestaltung des Gebäude-Restes wurde der Vegetation überlassen.
Auch dabei ist es nicht geblieben. Die letzten Reste wurden entfernt, um Platz zu schaffen für einen Neubau.
Was hat es damit auf sich, daß hier dem Fragment des alten Gebäudes der Vorzug gegeben wird, das neue einer Abbildung in dieser Galerie nicht für würdig erachtet wurde? Die Aussage könnte lauten: Die Ruinen von einst sind besser als die Neubauten von heute.
Heute baut man Häuser für Leute, die da schnell wieder raus wollen.

P.S.: Wer glaubt, das Verschwinden der Treppe symbolisiere das Verschwinden der Aufstiegs-Chancen in der modernen Gesellschaft, hat das falsch verstanden.

Die (Un-)Fähigkeit zu trauern


Erinnerungsstätte an der Kirche Sankt Ludger in Neudorf, wo auch früher schon Zeichen gegeben wurden.
Weiße Rosen, ein Licht, eine Tafel.
Wer sich erinnern kann, kann begreifen, was er tut.

Ein „älteres Ehepaar“ ging hier vorbei, ich hörte sie unzufrieden grummeln. Unzufrieden nicht damit, daß hier Menschen abgeschlachtet wurden, nur weil sie anders waren als „alle“, sondern weil sie von Mitgefühl und Erinnerung verschont werden wollen. Die haben auch bestimmt „nicht gegen Ausländer“ – außer, daß es sie gibt.


Schnell noch fotografiert – und HIER unausgelöscht hingestellt, bevor treudumme Wegkratzer es wegkratzen.
Das Plakat rechts ist keine Werbung für die Bahn AG, sondern eine Denkaufgabe von Ende Gelände.

Kein Vergessen

Die Rede von Ismail Küpeli für die Demo am 19. Februar 2021 in Duisburg: Ein Jahr Hanau.
Ismail Küpeli sprach für die Partei Die Linke

Heute, am Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau, wollen wir zuerst an die Opfer erinnern und dafür sorgen, dass sie nicht vergessen werden. „Tot sind wir erst, wenn man uns vergisst“ schrieb Ferhat Unvar fünf Jahre vor seiner Ermordung. Wir erinnern an und trauern um:
Ferhat Unvar
Mercedes Kierpacz
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin
Hamza Kurtović
Kaloyan Velkov
Vili Viorel Păun
Said Nesar Hashemi
Fatih Saraçoğlu
Aber in die Trauer mischt sich auch Wut. Wut darüber, dass bis heute keine umfassende Aufklärung über die Tat selbst und das Verhalten der Polizei stattgefunden hat. Wut darüber, dass die Tat nicht verhindert wurde. Im Vorfeld der Tat gab es genug Hinweise auf die rassistische Einstellung des Täters. Wie konnte der Täter die Waffen besitzen, mit denen er am 19. Februar 2020 neun Menschen aus rassistischen Gründen ermordete? Das ist nur eine der zahlreichen Fragen. Inzwischen wissen wir, dass Vili Viorel Păun versuchte, den Täter zu stoppen und dabei immer wieder den Polizeinotruf 110 anrief. Aber die Notrufzentrale hob nicht ab. Diese „Panne“ kostete Vili Viorel Păun das Leben und weitere Pannen kosteten weitere Leben. Der Rassismus, der sich in der Tat von Hanau zeigte, ging nach der Tat weiter. So führte die Polizei mit Überlebenden und Angehörigen sogenannte „Gefährderansprachen“ und warnte sie dabei, Racheaktionen zu verüben. Als seien sie die Gewalttäter, als seien sie dafür verantwortlich, dass all diese Menschen am 19. Februar 2020 ermordet wurden. Bis heute müssen die Überlebenden und die Angehörigen dafür kämpfen, dass die Tat selbst und das Verhalten der Polizei aufgeklärt werden.
Leider ist dies nicht zum ersten Mal so abgelaufen. Seien es die Anschläge der 1990er Jahre in Solingen, Mölln und an vielen anderen Orten, seien es die NSU-Morde: Wir können uns nicht darauf verlassen, dass der Staat und seine Sicherheitsbehörden, tatsächlich alles unternehmen wird, um rassistische Gewalt möglichst zu verhindern und rassistische Taten vollständig aufzuklären. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass der Staat die Opfer, Überlebenden und Angehörigen angemessen unterstützt. Stattdessen wurden, wie etwa bei den NSU-Morden, die Angehörigen als mögliche Täter verdächtigt. Auch wissen wir bis heute nicht, wieweit staatliche Sicherheitsbehörden in die NSU-Morde verwickelt sind. Die Hintermänner der rassistischen Gewalttaten und die Schreibtischtäter, die mit ihrem Hass und ihrer Hetze den Boden für diese Taten vorbereitet haben, blieben ebenfalls unbehelligt.
So bleibt es unsere Aufgabe, die Aufgabe von allen Antifaschist_innen, allen Demokrat_innen, allen Menschen hierzulande, die sich nicht damit abfinden wollen, dass immer wieder Menschen aus rassistischen Gründen ermordet werden: Dafür zu sorgen, dass der Rassismus etwa gegen Roma und Sinti bekämpft wird. Dafür zu sorgen, dass rechte Netzwerke in Polizei und anderen Sicherheitsbehörden aufgedeckt und aufgelöst werden. Dafür zu sorgen, dass diejenigen, die im Visier der rassistischen Hetzer stehen, Solidarität erfahren. Dafür zu sorgen, dass sich Hanau nicht wiederholt. Das ist unsere Aufgabe, das ist unsere Verpflichtung.
Kein Vergessen, Schulter an Schulter gegen Rassismus!

Aha! Ostermarsch auch 2021!

Auch für Ostern 2021 wird ein Ostermarsch Rhein-Ruhr vorbereitet.
Wann? Wo? Zu welcher Zeit an welchem Ort und unter welchen Umständen? Da wird noch dran gebastelt.
Aber der Aufruf zirkuliert schon.
In dem Aufruf wird aufgezählt:

Wir fordern:
•Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen unterschreiben! Abzug der Atomwaffen aus Büchel! Keine neuen Atombomber!
•Entspannungspolitik mit Russland, keine Militärmanöver in West und Ost, wie „Defender“ und die Atomkriegsmanöver „Cold Igloo“!
•Das Grundgesetz einhalten und keine Soldaten inKriege und Auslandseinsätze in alle Welt schicken!
•Bundeswehr raus aus Schulen und Jobcentern! Schluss mit der inneren Militarisierung!•Drohnenkrieg stoppen – US-Airbase Ramstein schließen! US-Truppenstationierungsvertrag kündigen!
•Ächtung von Killerrobotern, weltraumgestützten Waffensystemen und bewaffneten Drohnen!•Keine Militarisierung der EU, keine EU-Armee!
•Stopp aller Rüstungsexporte!
•In NRW die Weiterverbreitung von Nuklearwaffentechnik verhindern, Nukleartransporte durch Deutschland stoppen, die Urananreicherungsanlage in Gronau sofort stilllegen!
•Festschreibung einer drastischen Reduzierung militärischer CO2-Emissionen in den deutschen und internationalen Klimaabkommen und Stopp der Ressourcenvergeudung für das Militär!
•Abrüsten statt aufrüsten!

Bis zum 22. Februar werden Unterschriften von Gruppen und von einzelnen gesammelt.
Genaueres erfährt man hier.

Wie es sich weiter entwickelt, darüber werde ich in diesem Weblog beizeiten informieren.

Hustler?

In der Zeitung lese ich vom Tod des Geschäftsmannes Larry Flynt. Er war Gründer und Herausgeber der Zeitschrift Hustler. Sein Name war mir zuvor nicht geläufig.
Vom Hustler hatte ich nie ein Heft in der Hand. Ich kann also über Wert und Qualität der Zeitschrift nichts sagen. Was mir so über Konzeption und Inhalt der Zeitschrift zu Ohren kam, hat mich nicht neugierig auf die Hefte gemacht. „Der Blick auf die Models war gynäkologischer Natur“ (WAZ). Das törnt mich nicht an. Aber andere als ästhetische Vorbehalte werden Sie von mir nicht hören.
Religiöse Gruppierungen und Feministinnen hätten gegen Flynt/Hustler protestiert, hörte ich im Radio. Diese Proteste dürften sich ähnlich gewesen sein: reflexhaft, eifernd.
Als „Inbegriff“ galt er „den Konservativen, die sich von der sexuellen Revolution der 60er und 70er Jahre überrumpelt und überfordert fühlten.“ (WAZ).
„In politischen Fragen zu Wirtschaft, Sozialem und Außenpolitik bezieht das Magazin linke Positionen und unterscheidet sich dadurch auch von anderen Männermagazinen, […] die traditionell eine eher konservative Einstellung zu diesen Themen vertreten“, steht bei Wikipedia. Was man nicht alles erfährt! Zum Beispiel auch: „Flynt führte über den Hustler in den 1980er Jahren heftige Angriffe gegen Ronald Reagans Regierung und die christlich-fundamentale Rechte, während er später Bill Clinton während der Lewinsky-Affäre öffentlich unterstützte.“ Gut so! Daß er sich gegen Rassenhaß und für Homosexuelle einsetzte wird in den Nachrufen erwähnt.
1978 wurde Flynt bei einem Attentat schwer verletzt. Seither war er querschnittsgelähmt. Der rassistische Serienmörder Joseph Paul Franklin hatte auf ihn geschossen, weil im Hustler ein Foto von einer weißen Frau mit einem schwarzen Mann gedruckt worden war. Franklin, auch wegen verschiedener Mordtaten verurteilt, wurde 2013 hingerichtet. Flynt hatte sich bis zuletzt für seine Begnadigung eingesetzt.

Interview zur Diskriminierung Duisburger Sinti

Das Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg veröffentlicht aus aktuellem Anlass auf youtube ein Interview zur Verfolgung und Diskriminierung Duisburger Sinti.

Interview mit Mario Reinhardt. Duisburger Sinto und Enkel des Auschwitzüberlebenden Franz Lehmann. Der Völkermord an den europäischen Sinti und Roma gilt als der vergessene Holocaust. Der Duisburger Sinto Franz Lehmann (1922–1992) überlebte den Völkermord. Sein Enkel, Mario Reinhardt, berichtet in diesem Video über die Verfolgung der Familie Lehmann, das Leben in der Nachkriegszeit und die Gegenwart rassistischer Diskriminierung. Das Interview wurde 2020 im Rahmen der Wanderausstellung „Rassendiagnose Z*: Der Völkermord an den Sinti und Roma und der lange Kampf um Anerkennung“ gezeigt. Das Zentrum für Erinnerungskultur präsentierte die Ausstellung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma im Kultur- und Stadthistorischen Museum.

Produktion: LVR-Zentrum für Medien und Bildung
Interview: Robin Richterich, Zentrum für Erinnerungskultur

[Video 1]
[Video 2]
[Video 3]

In der Buchhandlung Weltbühne noch vorrätig: Das Begleitheft zur Ausstellung „Rassendiagnose: Zigeuner“ – Der Völkermord an den Sinti und Roma und der lange Kampf um Anerkennung – vom Zentrum für Erinnerungskultur im Kultur- und Stadthistorischen Museum
Überall im Buchhandel erhältlich das in der Situationspresse erschienene Buch NICHTS GELERNT?! Konstruktion und Kontinuität des Antiziganismus, herausgegeben von Katharina Peters und Stefan Vennmann
Situationspresse (Duisburg) 2019. 212 Seiten, 18 Euro
ISBN 978-3-935673-46-4
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Holz-Tagung 2021

Auf diese Veranstaltung wurde ich hingewiesen:
Die Gesellschaft für dialektische Philosophie erklärt:

Die diesjährige Hans-Heinz-Holz-Tagung findet aufgrund der Corona-Pandemie online auf Zoom statt.
In diesem Jahr widmen sich die ReferentInnen auf der Tagung dem Zusammenhang von Natur – Mensch – Technik im Werk von Hans Heinz Holz und seinen aktuellen Bezügen zur ökologischen
Seite der gesellschaftlichen Reproduktion. Es soll dabei der Fragen nachgegangen werden, wie Holz gegenständliche Tätigkeit, Arbeit und Praxis im offenen System des historisch-dialektischen Materialismus verortet und welche philosophiehistorischen und wissenschaftlichen Quellen er sich hierfür kritisch aneignet. Darüber hinaus sollen die
kategorialen Bestimmungen mit aktuellen Problemstellungen einer nachhaltigen, ökologischen Politik und dem Entwicklungsstand der
Kognitionswissenschaften konfrontiert werden.
Link zur Konferenz

Hans Heinz Holz (1927-2011) habe ich drei mal live erlebt: Bei einer Veranstaltung der Partei in Hamborn, beim UZ-Fest in Dortmund und beim DKP-Parteitag, wo ich, ebenso wie er, Delegierter war.
Hans Heinz Holz war ein quicklebendiger, fröhlicher Philosoph, Verkünder einer heiteren Dialektik.