Atomkraft nein danke

Der Bundeskanzler hat ein „Machtwort“ gesagt, und drei Atomkraftwerke bleiben länger in Betrieb als das Gesetz (bisher) erlaubt(e), nämlich bis April – aber wer weiß wie lange wirklich.
Der Ministerpräsident von Niedersachsen meint, das Atomkraftwerk Emsland weiterlaufen zu lassen wäre überflüssig.
Aber darum geht es ja gar nicht. Die Entscheidung hat mit Energiepolitik oder gar Versorgung mit elektrischem Strom nichts zu tun.
Es gab eine Vereinbarung der Koalition über den auf drei Monate verlängerten Betrieb von zwei Atomkraftwerken. Aber dann kam die Landtagswahl in Niedersachsen, bei der die FDP, diese überflüssige Partei, rausflog. (Das sind die kleinen Freuden des Alltags). Und darum meinte der Lindner, dieser Luftikus, „was kümmert mich meine Zusage von gestern“. Irgendeine energiepolitische Bedeutung hat er dabei nicht im Sinn.
Und so stehen sie also da:
Der Scholz mußte mal vormachen: Basta kann ich auch.
Die Grünen zeigen mal wieder, wie Polizik funktioniert. Die Partei dringt nicht in den Staat, sondern der Staat dringt in die Partei.
Es gibt bestimmt auch Leute, die sich an die FDP als eine Stütze sozialliberaler Reformpolitik erinnern. Aber auf Dehler, Scheel, Baum, Flach, Hamm-Brücher et al folgten Westerwelle und dann noch dieser Lindner, und aus der bürgerlich-liberalen Partei wurde ein Club der Gigolos.
Typo-Grafik: Projektgruppe Pudding und gestern.

Jürgen Reents 1949-2022

Für Jürgen Reents stand „die Sache“ immer im Vordergrund.
Er fing an bei den Jungdemokraten, er schloß sich dem Kommunistischen Bund (KB) an, den man nicht den „K-Gruppen“ zurechnen kann (wo „K“ draufsteht, ist nicht immer „K-Gruppe“ drin).
Jürgen Reents leitete die KB-Zeitung AK, was anfangs die Abkürzung von Arbeiterkampf war. Heute ist es die Abkürzung von Analyse und Kritik. (Erscheint im 51. Jahrgang, die neueste Ausgabe: Nr. 680). Diese Zeitung kann man nicht oft genug empfehlen.
Bei der Orientierungssuche des KB war Jürgen Reents argumentativ und orientierend tätig. Er gehörte der ersten Bundestagsfraktion der Grünen an.
Zu einem Eklat mit Sitzungsunterbrechung und Sondersitzungen der Fraktionen führte es, als er in der Plenardebatte am 18. Oktober 1984 Bundeskanzler Helmut Kohl vorwarf, dass dessen Weg an die Spitze von Partei und Fraktion „von Flick freigekauft“ worden sei. Mit dieser Behauptung hatte er recht.
Die Richtungskämpfe bei den Grünen führten Reents zur Linkspartei (damals: PDS). Er war, ohne Parteimitglied zu sein, Pressesprecher der Partei (trat dann aber doch irgendwann ein). Schließlich übernahm er als Chefredakteur die Leitung der Tageszeitung Neues Deutschland. Unter seiner Leitung wandelte sich das ehemalige SED-Amtsblatt in einer Qualitätszeitung.
Jürgen Reents ist 72jährig am letzten Donnerstag „nach einer langen Krankheit“ gestorben.
Ihm ist viel zu verdanken. Ich wollte, wir hätten zehn von der Sorte.

Andere Zeiten. Jürgen Reents, Joschla Fischer
Pressekonferenz der „Grünen“ im Restaurant Tulpenfeld 1983

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Ich hab’ schon gewählt

Ich hab’ schon gewählt (Briefwahl).
Die gegenwärtige Parteien-Konstellation macht eine Beeinflussung gesellschaftlicher Vorgänge mittels Wahl fast vollends zunichte.
Einparteienregierungen werden mit Recht beargwöhnt. Hingegen sind Koalitionen dazu da, den regierenden Parteien das Einhalten ihrer Wahl-Versprechen zu ersparen.
Koalitionen (auf Bundesebene) waren bisher Zweier-Koalitionen: CDU/FDP, SPD/FDP, CDU/SPD, SPD/Grün. Die Alptraum-Variante mancher Alptraum-Pervertiker, CDU/Grün ist vor ihrem Zustandekommen schon passé. Denn: Sowas wird es vorerst oder überhaupt nicht geben. Die nunmehr in Frage kommenden Koalitionen werden Dreier-Koalitionen sein. Deren Compagnons werden sich gegenseitig lahmlegen.
Beispiel: Was wäre an einer „rot“-grünen Koalition noch sozial und ökologisch, wenn die FDP mit drin wäre? Zu ekelhaft ist die Vorstellung, daß die FDP Regierungspartei wird.

Ich wähle nicht die CDU, und schon gar nicht die AfD, und noch schongarnichter die FDP, diese überflüssige Partei, die solche Gestalten wie Westerwelle und Lindner hoch gebracht hat.

CDU und FDP von der Regierung fernhalten, um weiteren Sozialabbau zu verhindern? Die Schröder/Fischer-Koalition hat gezeigt: Sozialabbau geht auch ganz ohne CDU und FDP.

Grün wählen aus dem Impuls heraus, daß die Rechtspopulisten die Grünen zu ihrem Hauptfeind erkoren haben? Bedenke: Deine Stimme für die Grünen wäre automatisch zugleich eine Stimme entweder für die CDU oder für die FDP.

Die Linkspartei wählen fällt schwer, bedenkt man die Sperenzchen der ehemaligen Frau Wagenknecht. Trotzdem, wenn Sie mich fragen, ob Sie die Linkspartei wählen sollen, sage ich: tun Sie’s ruhig. Die Vorstellung, daß wieder ein Zustand entsteht, in dem es links von der SPD keine parlamentarische Präsenz mehr gibt, ist nicht angenehm. Die Linkspartei wird aber weniger durch Stimmenverluste sondern vielmehr durch ihre Regierungsbereitschaft zugrunde gehen.
„Vorauseilende Koalitionstreue“ attestierte die Junge Welt in dieser Woche der Linkspartei.
Von den Grünen lernen heißt aufsteigen Lernen – denkt man in der Linkspartei so? Ist es so schwer zu erkennen, daß der Aufstieg der Grünen ein Niedergang ist?
Die substanzielle Auszehrung der Grünen zeigt doch: Es dringt nicht die Partei in den Staat, sondern der Staat dringt in die Partei.
(Und nebenbei: Die Frau Baerbock redet heute so über die Linkspartei wie früher über die Grünen geredet wurde. Die sollte sich schämen).

Wäre die Bundestagswahl ein Schönheitswettbewerb, könnte man DIE PARTEI wählen.
Ich habe DKP gewählt. Das dürfte auch niemanden überraschen.

Demnächst in der Weltbühne: Über den „Wendehals der Politik“

Im März 2021 erscheint im Verlag Das Neue Berlin:
Gerd Schumann: Wollt ihr mich oder eure Träume? Joschka Fischer – Ein Nachruf
192 Seiten, 15,– €

Der Verlag über das Buch:
Gestandene Umbrüchler und revolutionäre Aufrührer von einst sitzen heute auf den Bänken der Regierung. Der von Rudi Dutschke propagierte lange Marsch durch die Institutionen endete im zuvor verachteten Establishment, die Voraussetzung für sein Scheitern war das Gelingen. Wie kein anderer steht Joseph »Joschka« Fischer für die Generation der Achtundsechziger, für die Liquidierung ihrer Ideen durch Integration. Niemand hätte den Job des Totengräbers effektiver ausfüllen können als er, der eine aufstrebende Partei bändigte, um selbst aufzusteigen. Den Wechsel zu NATO-Kriegseinsätzen und der Armutsverordnung Hartz IV hatten diejenigen zu erledigen, die selbst einmal auf der anderen Seite standen. Fischer, vom Sponti zum Realo gewandelt, dann auf der Karriereleiter der Grünen zum Außenminister aufgestiegen, verantwortete die Beteiligung der Bundeswehr am Kosovo-Einsatz und somit den ersten Kriegseinsatz deutscher Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg. Grund genug also für eine „Schmähschrift“, für einen Nachruf zur Vorbeugung – enttarnend und aufklärend, bisweilen polemisch und prononciert.
Über den Autor:
Gerd Schumann, geboren 1951 in Wilster (Holstein), lebt und arbeitet als Autor in Berlin und in Mecklenburg. Langjährig Redakteur und Korrespondent von Tageszeitungen (u.a. junge Welt). Reportagen und Hintergründe vom afrikanischen Kontinent, aus der Karibik, vom Balkan für Hörfunk und Printmedien. Jüngste Buchpublikationen: »Kolonialismus. Neokolonialismus. Rekolonisierung« (2016), »Das Morgen im Gestern. Erkundungen eines Wessis im Osten« (2019).

UM VORBESTELLUNG WIRD GEBETEN.
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Der Weg nach oben

Die Älteren unter uns werden sich (nicht mit Vergnügen) daran erinnern, wie Angehörige einer sozialen Schicht (juvenil, aufstrebend, eloquent, flexibel, schnellschaltend/ahnungslos) in die Friedensbewegung hineinstürmten, ohne Ahnung von Tuten & Blasen und alles besser wußten: Motto: Wir erklären euch mal, was ein richtiger Pazifismus ist (natürlich blocküberwindend).
Zuvor schon hatten (so ziemlich) dieselben sich die Arbeiterbewegung vorgenommen, wo sie als schnöselige Schnellkurs-Revolutionäre uns besserwisserisch erklärten, was ein richtiger Kommunismus ist. Dafür betrieben sie ihre nationalen K-Gruppen. Die besonders schlauen, besonders eloquent-flexiblen von ihnen sitzen jetzt auf liberal-konservativen Redaktionsposten und erklären, was ein richtiger Antikommunismus ist.
Die Deutschlinke veranstaltet seit langer Zeit schon die kollektive Rückkehr der verloreren Söhne, die aber nicht reumütig heimkehren, sondern in großspuriger Attitüde den Laden übernehmen.
Die besonders schlauen, besonders eloquent-flexiblen von ihnen sitzen jetzt auf ministrablen Warteständen und können uns mit Schall und Schaum erklären, was eine richtige Verteidigungspolitik ist.

Gegenvorschlag: Weniger grün wählen, mehr UZ lesen.
Letzteres ist zwar auch nicht der höchsten Weisheit allerletzter Schluß, aber immer noch besser als nix.

Der Weg nach oben


Ja, man hat‘s nicht einfach in der Politik.
Eine besondere Schwierigkeit ist ja, Politik zu VERMITTELN.
Da muß man geübt sein in der Kunst der Euphemisierung.

Der Krieg wird zum „Auslandseinsatz“.
Man „übernimmt Verantwortung“.
Und den AUFRECHTEN GANG darf man nicht gehen, denn das wäre „wegducken“.

Wieder mal ein Schulbeispiel dafür, daß der „Weg nach oben“ ein Niedergang ist.

Darauf haben Sie gewartet! Nicht vergeblich!

Am 1. Dezember 1968 (am Tag als DER METZGER kam) begann das Warten auf das, was heute geschehen ist. Das Warten auf die hundertdreißigste Ausgabe war nicht vergeblich. Heute ist es geschehen.

DER METZGER Nr. 130. 36 Seiten 3 Euro.
Und das steht drin:

Helmut Loeven: Ist es das mit Sahras Aufstands-Bewegung jetzt gewesen?

Jakop Heinn: 1. Mai rechts rum. Der 1. Mai 2019 sollte für die von ganz rechts ein ganz großer Tag werden.

Timo Stoffregen: Matti in Röcke. Comic.

Rainer Dittrich: Petitessen. Zwei Petitessen. Klein aber petit.

Helmut Loeven: Das philosophische Kabarett. Diesmal: Erinnerungen an Störungen im Fernsprechverkeht (beruhigender Telefon-Terror. Quatschguerilla); Tüdelüttütü (Schönebergers Botschaft); Egal! Skandal! (immer wieder der Horror der guten Leute vor dem Eros); Pissnelke! Annegret von Kramp zu Karrenbauer erzählte auf dem Klosett einen Witz; Eishockey-Weltmeisterschaft 1969 oder Ist das Ende des „Prager Frühlings“ wirklich so schade?; Der häßliche Deutsche (Wer? Raten Sie mal); Schengla schengla schengla casanova isabena; Komische Häuser, komische Schilder, komische Gespräche; Antworten; Die Bekloppten sind unter uns.

Laschet-Toussaint über Wiglaf Droste.

Lothar Röse: Tagesbruch und Sonnenschein. Der Höhenflug der Grünen und das Ende des Ruhrbergbaus. Ein trockener Sommer ist kein Grund, die Grünen zu wählen.

Olle Kolle. Durch Cutup gewinnt die Pressemitteilung an Klarheit.

Tagebuch. Was wir tun und wie uns geschieht. Mit einem Nachruf auf Christian Uliczka.

Josef Dünnwald: Abstraktionsebenen. Bildmontage.

Helmut Loeven:Vielfältige Kultur und Recht auf Stadt. Der Hochfelder Projektladen Syntopia wird fünf Jahre alt.

Chinmayo: Gebet. Nichts für Fromme.

Lina Ganowski: La Notte. Diesmal: „Tut euch nicht zu früh freuen“. Kramp-Karrenbauers Zensur-Sehnsüchte und Warum man die CDU-Witzfigur im Konfirmationsanzug Amthor ruhig durch den Kakao ziehen sollte.

Das Heft kostet 3 Euro.
Besorgen! Bestellen! Schicken lassen! Oder in der Buchhandlung Weltbühne kaufen! Lesen! Weiterempfehlen! Draus zitieren! Und schließlich: Abonnieren! Denn: Wer abonniert, hat mehr von Metzger.

Proteste gegen Zwangsräumungen

Die Zwangsräumungen in Duisburg waren Thema in diesem Weblog (siehe hier und hier).
Proteste kamen von den Wohlfahrtsverbänden, von den Grünen und von der Partei Die Linke.

Die WAZ berichtete online (5.4., 15.33 h) etwas ausführlicher:als in ihrer Print-Ausgabe:

Schrottimmobilien. Noch mehr massive Kritik an Räumungen in Duisburg-Marxloh
Räumungen in Duisburg- Marxloh: Wohlfahrtsverbände sprechen von künstlich erzeugter Obdachlosigkeit, die Grünen von menschenfeindlicher Politik.
Massive Kritik an der Zwangsräumung von vier Schrottimmobilien am vergangenen Mittwoch in Marxloh übt die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege. Was hier geschehen sei, bilde inzwischen die Regel aller Task-Force-Einsätze. Der Bevölkerung werde vorgegaukelt, dass die Stadt etwas tue. Tatsächlich aber komme es immer wieder vor, dass die Menschen – im aktuellen Fall 174 und fast ausschließlich aus Südosteuropa – von einem verkommenen Wohnort zum nächsten vertrieben werden. Anschließend gehe die Task Force ihres Weges, und die Sozialverwaltung und Wohlfahrtsverbände dürften die hinterlassenen Scherben zusammenkehren.
Vorwurf: Planloser Aktionismus
Es gehe überhaupt nicht darum zu kritisieren, dass gegen kriminelle Hausbesitzer und unzumutbare Wohnverhältnisse vorgegangen wird. So, wie die Task Force aber in Duisburg agiere, handele es sich bloß um planlosen Aktionismus. Es gebe kein Konzept, was mit den betroffenen Menschen und den leer stehenden Häusern geschehen soll. Stattdessen werde künstlich Obdachlosigkeit erzeugt.
Auch die Grünen kritisieren die Zwangsräumungen scharf. Romeo Franz, Mitglied des Europäischen Parlaments, sieht darin den „Ausdruck menschenfeindlicher Politik“. Anstatt die Vermieter der maroden Gebäude zu belangen, seien die Bewohner regelgerecht verjagt worden. Nicht zum ersten Mal seien die Verantwortlichen der Stadt Duisburg „durch mutmaßlich willkürliche Maßnahmen dieser Art“ aufgefallen. Es liege nahe, einen antiziganistischen oder fremdenfeindlichen Hintergrund zu vermuten. Weiterlesen

SPD. Wie man’s macht

Morgen – nein, heute ist Freitag – übermorgen wird in Hessen gewählt. Das Ergebnis ist von der Tendenz her vorhersehbar.
Was wird der METZGER-Kommentator Jakop Heinn dazu sagen?
Herr Jakop Heinn sagt schon mal:

Die CDU wird über ihren Niedergang hinweggetröstet damit, daß sie dann immer noch die größte bleibt (knapp vor den Grünen), und daß der Niedergang der SPD noch dramatischer ist (demnächst knapp über 5 Prozent).
Früher war das Schlimmste für die SPD, Zwoter zu werden. In Hessen wird sie wohl nicht nur der CDU und den Grünen, sondern vielleicht auch der Partei von Alexander-Vogelscheiße Gauland den Vortritt lassen.
Dann wackelt in Bonn (ach nein, das ist ja jetzt Berlin) die Groko („Große“ Koalition traut sich ja keiner mehr zu sagen). Denn in der SPD wird gemurrt: Sich für die Groko zu entscheiden war falsch. Die Groko macht uns klein, die Groko macht uns kaputt.
Das stimmt ja auch.
Aber jetzt aus der Groko auszusteigen würde Neuwahlen bedeuten. In der Groko wären für die SPD ihre 20,5 Prozent der letzten Bundestagswahl 2017 bis zum Ende der Wahlperiode noch gültig, um dann 2021 weiter dezimiert zu werden. Bei Neuwahlen würde das dicke Ende für sie jetzt schon kommen.
Früher wurden in der SPD Entscheidungen immer von oben angeordnet. Aber sie sind inzwischen so, daß sie darüber die Basis abstimmen lassen. Und dann würde das passieren, was der alten Tante gerade noch gefehlt hat: Ein klares und eindeutiges Ergebnis von 51 Prozent für den Ausstieg aus der Groko, wobei sehr viele dieser 51 Prozent insgeheim hoffen, daß die anderen die Mehrheit sind. Der ewige Sozialdemokrat hat Angst vor der eigenen Courage.
Der Niedergang der SPD ist unverdient, weil er nicht auf Analyse und Kritik beruht, sondern auf Unverstand.
Der Niedergang der Volksparteien ist darum nicht so gut, weil der so entstehende Hohlraum von denen, na Sie wissen schon aufgefüllt wird.
Wie also Schaden begrenzen?
Die SPD nicht zu wählen ist in dieser Lage verkehrt.
Aber die SPD zu wählen ist sowieso verkehrt.

So also der Kommentar von Jakop Heinn.
Chantal Könkels von der Projektgruppe Pudding und gestern (PgPg) faßt es zusammen:
Diese Typo-Graphie ausdrucken (Din A 6), kopieren und unter die Scheibenwischer parkender Autos klemmen. Oder sollte man das lieber nicht tun?

Ich? Bei den Grünen?

Bitte beachtet diese Veranstaltung der Grünen in Duisburg:
Werner Muth muß seine Stimme schonen und hat einige Kolleginnen und Kollegen gebeten, Texte des Programms vorzulesen. Auch mich. Da habe ich natürlich sofort zugesagt.
Das ist an der Ecke Kardinal-Galen-Straße, da wo früher das italienische Restaurant war, wo wir so gern hingingen.

Werner Muth (C) Merkfoto

Werner Muth, wißt ihr doch, ist der.

„Kritik und Kriminalität“

Auszüge aus einem Text aus dem Jahre 2007 über einen Vorgang, der im Jahre 1968 ausgelöst wurde.
Hintergrund: Am 2. April 1968, heute vor 50 Jahren, brannte es in Frankfurt in zwei Kaufhäusern.

[…] Es ist oberflächlich und ungerecht, Ulrike Meinhof einzig und allein mit der RAF zu assoziieren. Sie hat eine Fülle von niedergeschriebenem Material hinterlassen, und fast alles stammt aus der Zeit bevor sie sich der Roten Armee Fraktion anschloß. Man könne von den zwei Leben der Ulrike Meinhof sprechen, oder, noch überspitzter, daß es zwei Personen namens Ulrike Meinhof gab: Die Journalistin, die für den Rundfunk arbeitete, Kolumnen in Konkret schrieb, zeitweise Chefredakteurin dieses Blattes war, deren Kommentare zu den scharfsinnigsten gehörten, die in den 60er Jahren geschrieben wurden, und die Teilnehmerin an bewaffneten Aktionen als Mitglied der RAF. Diese zweite Phase ist eine Verneinung der ersten.
[…] Indem ich Ulrike Meinhof zitiere, nehme ich für sie Partei. Ich mache sie wieder diskutabel. Ich beschütze sie – nicht vor denen, die sie kritisieren, aber vor denen, die sie verteufeln. Schließlich beschütze ich sie vor sich selbst, die eine vor der anderen, die Journalistin vor der „Terroristin“.
Die zwei Personen, als die Ulrike Meinhof uns Zeitgenossen entgegentrat, sind allerdings nicht scharf voneinander zu trennen. So sehr ihr Eintritt in die RAF überrascht haben mag, so erscheint er beim Studium ihrer Kolumnen im Nachhinein nicht ganz zufällig. Das, worin die Journalistin Vorzeichen für ihre spätere „terroristische“ Wendung erkennen ließ, hat seinerzeit nicht nur mich irritiert.
Ihren Namen las ich zum ersten Mal, als ich 16 Jahre alt war. Der Vorsprung der Autorin vor ihrem Leser war beträchtlich. Den Einfluß der meinhofschen Kommentierung auf den lernbereiten Leser überschätze ich nicht. Ich hing ihr nicht an den Lippen, ich habe ihre Texte nicht verschlungen, sondern mit Interesse gelesen. Da gab es was zu lernen über Zusammenhänge (etwa über das Verhältnis von „politisch“ und „privat“). Aber der Abstand verringerte sich kaum. Die radikale Kritikerin radikalisierte sich mit der zunehmenden Radikalisierung der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen (die Rede ist von der Zeit zwischen 1966 und 1969). Ihre Radikalisierung verlief über Stationen, die nicht immer nachzuvollziehen waren:
Im Februar 1969 erschien in Konkret eine Kolumne, mit der sie ihre Arbeit und das Feld, auf dem sie ihre Arbeit leistete, in Frage stellte: „Kolumnismus“.
„Kolumnisten haben Entlastungsfunktionen… Seine eingezäunte Unabhängigkeit gibt der Zeitung den Geruch der Unabhängigkeit. Seine Extravaganz gibt ihr den Geruch von Extravaganz. Sein gelegentlicher Mut zu unpopulären Ansichten gibt ihr den Geruch von Mut zu unpopulären Ansichten… Davon kein Wort, daß der Kolumnist der beste Untertan des Verlegers ist, der Geld bringt, Prestige und regelmäßig so tut, als könnte man alle Themen der Welt auf immer der gleichen Länge abhandeln. Kolumnisten sind … Feigenblatt, Alibi, Ausrede… Kolumnismus ist Personalisierung. Die Linke Position z.B., erarbeitet von vielen … wird im Kolumnismus wieder zur Position Einzelner, Vereinzelter runtergespielt, auf den originellen, extravaganten, nonkonformistischen Einzelnen reduziert, der integrierbar, weil als Einzelner ganz ohnmächtig ist… Eingezäunte Spielwiesenfreiheit für den Kolumnisten … ist … marktkonformes Verhalten, … ein Leserbetrug, ein Selbstbetrug… Opportunismus ist, wenn man die Verhältnisse, die man theoretisch zu bekämpfen vorgibt, praktisch nur reproduziert… konkret ist weniger eine linke als eine opportunistische Zeitung.“
Inwieweit hier die Arbeits- und Produktionsbedingungen des von Röhl geleiteten Konkret treffend geschildert sind, ist nebensächlich. Man mußte kein Prophet sein, Weiterlesen