Matthias Erzberger

Gestern, am 26. August, jährte sich zum hundertsten Mal der Mord an Matthias Erzberger.
Der Zentrumspolitiker gehörte während des Ersten Weltkriegs zu den Gegnern des Krieges und eines „Sieg-Friedens“. Er war auch Kritiker der deutschen Kolonialpolitik. Nach dem Ende des Krieges im November 1918 gehörte er zu den Politikern, die von nationalistischer, rechtsextremer Seite beschuldigt wurden, der „im Felde unbesiegten“ Reichswehr in den Rücken gefallen zu sein („Novemberverbrecher“, Dolchstoßlegende).
In den ersten Jahren der Weimarer Republik wurden noch weitere Politiker von faschistischen ermordet: Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Eugen Leviné, Gustav Landauer, Hugo Haase, der Außenminister Walther Rathenau, der bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner. Damit begann die Blutlinie, die dorthin führte, daß der politische Mord zum politischen Massenmord und zur Staatsdoktrin sich steigerte.
Die Taten faschistischer Mörder lasten auch auf der Gegenwart. Erinnert sei an den ermordeten Kasseler regierungspräsidenten Walter Lübcke – und an die zahllosen Opfer des Rassenhasses in diesem Land.

Im Blog DISSkursiv erschien der lesenswerte Artikel von Anton Maegerle „Rechtsterroristen: Gestern und Heute. Der Mord an Matthias Erzberger“
Bitte lesen Sie den ganzen Artikel
http://www.disskursiv.de/2021/08/23/rechtsterroristen/

Fragen Sie in der Weltbühne nach diesem Titel:
Benjamin Dürr: Erzberger. Der gehasste Versöhner. Biografie eines Weimarer Politikers. Ch. Links Verlag 2021. 312 Seiten Hardcover mit Schutzumschlag. 25 Euro.

Ein Gröl-Gesang deutscher Nationalstudenten ging so: „Schlagt tot den Walther Rathenau die gottverdammte Judensau“. Das wurde nicht nur gegrölt, das wurde auch getan.
Am Tag nach dem Mord sprach der Reichskanzler Joseph Witrh im Reichstag einen Fundamental-Satz der Demokratie:
DER FEIND STEHT RECHTS.

Gewalt gegen Sinte:zze und Rom:nja – Der legitimierte Rassismus

Ein weiterer Veranstaltungshinweis:

Die Thematisierung von Rassismus führt immer wieder zu reflexhaften Abwehrhaltungen. So auch in Duisburg. Doch auch hier ist es unerlässlich, dass eine gesellschaftliche Sensibilisierung gegenüber den Wirkungsweisen verschiedener Rassismen stattfindet. Das bedeutet, auch den Rassismus gegen Sinte:zze und Rom:nja in den Blick zu nehmen.
Dies ist notwendig, da beispielsweise die „Wohnungsfrage“ in problematisierten Stadtteilen immer wieder als „Sicherheitsfragen“ diskutiert wird. Gleichzeitig wird Armut ethnisiert, Migration kriminalisiert und Menschen strukturell entrechtet. Dabei wird der Alltagsrassismus, der den Menschen begegnet, wenn sie eine Wohnung oder einen Arbeitsplatz suchen, ebenso ausgeblendet wie die Tatsache, dass sie sich das Leben in Prekarität nicht freiwillig ausgesucht haben. Die Verstrickungen von Diskriminierung in Schulen, im Kontakt zu den Ämtern, Polizei etc. müssen hier mit einbezogen werden.
Nach der pogromartigen Belagerung und Räumung der Häuser „In den Peschen“ im Jahr 2014, der rassistischen Verdrängung von Rumän:innen und Bulgar:innen aus Marxloh 2018 und 2019 und zuletzt den Zwangsräumung der Gravelottestraße und Brückenstraße in Duisburg Hochfeld, hat sich strukturell wenig zum Besseren verändert. Neu ist allerdings, dass die zwangsgeräumten Bewohner:innen in Hochfeld öffentlich über ihren Frust und ihre Wut reden, Weiterlesen

Neu in der Weltbühne: Entfremdung – Identität – Utopie


Neu in der Weltbühne: Marvin Chlada, Peter Höhmann, Wolfgang Kastrup, Helmut Kellershohn (Hg.): Entfremdung – Identität – Utopie. Edition DISS im Unrast-Verlag. 200 S. 19,80 €

Der Entfremdungsbegriff (bzw. ein verwandter Begriff wie Verdinglichung) hat Konjunktur. Die Debatte reflektiert zum einen das neue Interesse an der Marx-Lektüre, das seit der Jahrtausendwende Ausdruck der Krisenprozesse ist, die die kapitalistische „Welt“ durchziehen und nach Erklärungsmustern suchen lassen. In diesem Zusammenhang wird auch das Verhältnis zwischen dem „frühen“ Marx und dem Marx der „Kritik der Politischen Ökonomie“, zwischen Entfremdungskritik und der Kritik des Warenfetischismus erneut thematisiert. Zum anderen verweist der Entfremdungsdiskurs auf die individuellen Leidenserfahrungen, die den Alltag der Menschen bestimmen.
Korrespondierend zum Entfremdungsbegriff nimmt der Identitätsbegriff einen immer breiteren Raum ein in der Debatte um die Gestaltung von nichtentfremdeten Lebensverhältnissen. ‚Identität‘ (bzw. ‚kollektive Identität‘) ist zur Chiffre geworden, unter der sich unterschiedliche Gruppen formen, denen es um eine Änderung vorherrschender Lebens- und Denkweisen geht, die sich unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen herausgebildet haben. Die jeweiligen Gemeinschaftsvorstellungen, ihre Begründungen und Handlungsstrategien werden seit einigen Jahren breit und kontrovers erörtert, dies gerade auch in den Gesellschaftsbildern rechter und linker Identitätspolitik. Bezüglich der letzteren stellt sich die Frage, wie Identitäts- und Klassenpolitik zueinander stehen.
Besondere Beachtung verdienen rechtspopulistische und extrem rechte Bewegungen. Auch sie operieren identitätspolitisch, indem sie das „Deutsch-Sein“ (im völkischen Sinne) und das volksgemeinschaftliche Wir zum allein bestimmenden Identitätsmerkmal erheben. Identität ist aus dieser Sicht immer national- und volksbezogen. Entfremdung dagegen bedeutet stets Verlust des Nationalen und des „Volkshaften“. Auch die Vorstellungen von einer anderen, besseren Welt haben Konjunktur. Seit Karl Mannheim und Ernst Bloch wird Utopie nicht mehr primär als ein literarisches Genre, sondern als eine Denkform, als „utopisches Bewusstsein“ betrachtet, die es für kultur- und sozialwissenschaftliche Analysen fruchtbar zu machen gilt.

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Siegfried Jäger 1937 – 2020

Der Artikel in der WAZ faßt auf wenigen Zeilen Wesentliches zusammen.
Über das DISS schrieb ich vor wenigen Wochen in diesem Weblog, wie nah dran diese kritische Wissenschaft an den brisantesten Themen der Gegenwart ist, und was für eine gute Idee es vor 30 Jahren war, das unabhängige Institut zu gründen! Um sich das zu vergegenwärtigen, bitte ich darum, die Stichwörter „Siegfried Jäger“ und „DISS“ am Ende dieses Notats anzuklicken.
In dem Institut war ich oft zu Besuch – es ergab sich immer wieder eine Gelegenheit dazu – ein angenehmer Aufenthaltsort! An den Wänden ist viel Kunst zu sehen. Der Blick über den Rand ist charakteristisch für die Art von Wissenschaft, die hier betrieben wird.

Siegfried Jäger war nicht nur in Fachpublikationen präsent, er schrieb auch für die taz und die Graswurzelrevolution. In DER METZGER war er zwei mal als Autor vertreten: In Nr. 78 (2007) würdigte er seinen Kollegen und Mitstreiter Alfred Schobert. In Nr. 42 (1990) erschien Entstehungsbedingungen des Rechtsextremismus heute, beginnend mit der Kernthese „Faschismus und Rechtsextremismus entstehen aus der Mitte der Gesellschaft heraus.“ Darauf antwortete, mehr ergänzend als widersprechend, Kurt Gossweiler in Nr. 48.
Aufmerksam machen will ich auch auf den Artikel von Sebastian Friedrich in Nr. 111: Werkzeug für Veränderung. Was hat es mit der Kritischen Diskursanalyse auf sich? Sebastian Friedrich stellt das Standardwerk von Professor Siegfried Jäger (DISS) vor als ein Beispiel für eingreifende Wissenschaft. „Von Foucault über Diskurs und Dispositiv zum Widerstand.“

Ich habe auch mal mit Siegfried Jäger einen Mietvertrag abgeschlossen – für das Büro der DFG-VK im Hinterhaus, umgeben von Gärten, wo ruhiges Arbeiten vonstatten gehen konnte. Das ist fast schon anekdotisch und lange her, noch bevor das DISS sein erstes Domizil bezog, aber auch das ein Stück aus der Verweigerungsgeschichte mit Folgen.

Meine letzte Begegnung ist schon drei Jahre her (da sprachen wir über Heinrich Heine). Ich war Gast beim Fest zum 30jährigen Bestehen des Instituts – und für mich war es zugleich ein Arbeitstermin. Ich recherchierte für meinen Beitrag in Duisburger Jahrbuch (Mercator-Verlag) über die „Wissenschaft gegen den Strich“.
Als Motto über der Anzeige war ein Satz von Jacques Derrida zu lesen:
„Die Spur, die ich hinterlasse, bezeichnet sowohl meinen Tod als auch die Hoffnung, dass sie mich überlebt.“ Für die Erfüllung dieser Hoffnung zu arbeiten wäre mehr als eine freundliche Geste. Man würde sich damit auch selbst einen Gefallen tun.

Die kritische Wissenschaft braucht Sprit

Solche Rundschreiben zirkulieren derzeit vermehrt, weil an vielen Orten der Betrieb eingeschränkt oder gar (vorübergehend?) eingestellt werden mußte. Dieser Spendenaufruf erreichte mich, verbunden mit der Bitte, ihn weiterzuverbreiten. Die Bitte erfülle ich gern.
DISS? Was ist das?
Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung? Was machen die?
Bitte einfach unter diesem Notat auf das Schlagwort DISS klicken, dann wird klar, wie nah dran diese kritische Wissenschaft an den brisantesten Themen der Gegenwart ist, und was für eine gute Idee es vor 30 Jahren war, das unabhängige Institut zu gründen!

Liebe Förderer*innen,
liebe Unterstützer*innen,
liebe kritische Wissenschaftler*innen,

seit nunmehr über 30 Jahren betreiben wir im Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) kritische Wissenschaft, indem wir uns mit brisanten Themen wie Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und der Entwicklungen der extremen Rechten auseinandersetzen. Dazu haben wir ein umfangreiches Archiv rechtsextremer Publikationen aufgebaut, das in der Bundesrepublik zu den größten zählt und auch von externen Wissenschaftler*innen und Journalist*innen genutzt wird. Auch heute sind unsere Themen akut und drängend.

Als unabhängiges Forschungsinstitut ist das DISS jedoch von Drittmitteln sowie von der Unterstützung durch Förderer*innen und Spender*innen abhängig. Die Corona-Krise bedeutet auch für das DISS finanzielle Einbußen, die durch abgesagte Workshops, Vorträge und Veranstaltungen entstehen. Hinzu kommt, dass eine finanzielle Förderung unseres Archivs ausgelaufen ist. All dies hat zur Folge, dass wir dringend auf weitere Spenden angewiesen sind, um unsere Arbeit für eine demokratische Praxis in Politik, Pädagogik und Journalismus weiter fortsetzen zu können. Zwar bemühen wir uns zurzeit, eine dauerhafte finanzielle Förderung vor allem des Archivs zu erreichen, doch bis dahin haben wir noch eine gewaltige Durststrecke vor uns. Deshalb sind wir auf weitere Unterstützung angewiesen.

Deshalb bitten wir Sie heute zu überlegen, ob Sie das DISS mit einer regelmäßigen Spende unterstützen oder – falls Sie dies bereits tun – Ihr Spendenvolumen aufstocken möchten. Spenden ab 10 € sind uns willkommen. Als kleine Gegenleistung erhalten Sie das mindestens zweimal im Jahr erscheinende DISS-Journal als Druckexemplar und Einladungen zu unseren Veranstaltungen und Workshops.
Ein Formular für die Mitgliedschaft in unserem Förderkreis finden Sie unter:

www.diss-duisburg.de/foerderkreis

Spenden bitte an:

Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung
IBAN: DE33 3505 0000 0209 0116 67
BIC: DUISDE33XXX
Verwendungszweck: Spende + Namen + Anschrift
(Dann können wir Ihnen im kommenden Frühjahr eine Spendenbescheinigung
für die Steuer schicken.)
Wir würden uns freuen, wenn Sie diesen Spendenaufruf weiterleiten und verbreiten!

Im Namen des DISS-Teams herzlichen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Margrarete Jäger
Vorsitzende des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung

P.S.: Informiert Euch ausführlicher durch den Beitrag über das DISS im Duisburg-Jahrbuch 2018 (hab‘ ich geschrieben).
Die Buchhandlung Weltbühne hat seit 30 Jahren die DISS-Publikationen ziemlich komplett im Sortiment.

Über Diskurspiraten

Das Buch ist vor zehn Jahren erschienen und gehört zu den Standard-Titeln in der Buchhandlung Weltbühne. Ich stelle es gerade heute nochmal heraus – wie es sich auf aktuelle Aufwallungen aus Verschwörungsparanoia, Rechtspopulismus, Querfronttaktik plus pure Uneinsichtigkeit (vulgo: Dummheit) bezieht, erschließt sich leicht.
Dieses Buch wird hier nicht zum ersten Mal empfohlen.
(Ich verweise auch auf den Artikel von Jakop Heinn „Wer lacht da?“ in DER METZGER 135.


Regina Wamper / Helmut Kellershohn / Martin Dietzsch (Hg.): Rechte Diskurspiraterien. Strategien der Aneignung linker Codes, Symbole und Aktionsformen. Unrast Verlag 2010 (Edition DISS). 288 S. 19.80 Euro
Rechte Adaptionen linker Symbole und Ästhetik und was dagegen getan werden kann. In den letzten Jahren ist ein verstärktes Bemühen auf Seiten der extremen Rechten zu beobachten, Themen, politische Strategien, Aktionsformen und ästhetische Ausdrucksmittel linker Bewegungen zu adaptieren und für ihren Kampf um die kulturelle Hegemonie zu nutzen. Dabei handelt es sich keineswegs mehr nur um ein Steckenpferd der intellektuellen Neuen Rechten, vielmehr wird dies auch von NPD und militanten Neonazis praktiziert. Im Resultat hat sich die extreme Rechte eine Bandbreite kultureller und ästhetischer Ausdrucksformen angeeignet, indem sie sich am verhaßten ‚Vorbild’ der Linken abgearbeitet hat. Man könnte auch sagen: Um überzeugender zu wirken, hat sie kulturelle Praktiken und Politikformen der Linken ‚entwendet’ – allerdings nicht, ohne sie mit den eigenen Traditionen zu vermitteln. Solche Phänomene sind keineswegs neu. Auch der Nationalsozialismus bediente sich der Codes und Ästhetiken politischer Gegner und suchte Deutungskämpfe gerade verstärkt in die Themenfelder zu tragen, die als traditionell links besetzt galten. Auch in den 1970er Jahren waren solche Strategien vorhanden. Es stellt sich die Frage, warum und in welcher Form diese Diskurspiraterien heute wieder verstärkt auftreten.
Aus dem Inhalt:
Helmut Kellershohn, Martin Dietzsch: Aktuelle Strategien der extremen Rechten in Deutschland – Sabine Kebir: Gramscismus von rechts? – Volker Weiss: Sozialismusbegriff bei Moeller van den Bruck und Oswald Spengler – Volkmar Woelk: Strasserismus und Nationalbolschewismus – Renate Bitzan: Feminismus von rechts? – Richard Gebhardt: Völkischer Antikapitalismus – Fabian Virchow: Antikriegs-Rhetorik von rechts – Helmut Kellershohn: Das Institut für Staatspolitik und die Konservativ-subversive Aktion – Lenard Suerman: Autonome Nationalisten – Regina Wamper, Britta Michelkens: Gegenstrategien – Jens Zimmermann: – Kritik des Rechtsextremismusbegriffs.

Von Zeit zu Zeit werden Sie an dieser Stelle über Standardtitel in der Buchhandlung Weltbühne informiert – nicht immer das Neueste, aber immer empfehlenswert.
Wenn Sie bestellen wollen, dann hier. Erinnern Sie sich stets an den Slogan:
„LIEBE leute BESTELLT bücher IN der BUCHHANDLUNG weltbühne UND sonst NIRGENDS.“
Weltbühne muß bleiben.
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Neu in der Situationspresse: Nichts gelernt ?!

NICHTS GELERNT?! Konstruktion und Kontinuität des Antiziganismus

Herausgegeben von Katharina Peters und Stefan Vennmann
Situationspresse (Duisburg) 2019. 212 Seiten, 18 Euro
ISBN 978-3-935673-46-4

Antiziganismus hat Tradition. Er ist trauriges Zeugnis einer Kontinuität von ausgrenzenden und menschenverachtenden Verhältnissen. Die spezifische Form von Rassismus wirkt seit Jahrhunderten in Deutschland und Europa in zahlreichen Variationen der immergleichen Stereotype sowie den damit verbundenen Gedankenmustern und Diskriminierungspraktiken. Dabei zeichnet sich Antiziganismus durch eine enorme Anpassungsfähigkeit und eine hohe Widerständigkeit gegen seine Bekämpfung aus. Welche Wirkmechanismen und Strukturen lassen sich identifizieren? Welche Strategien und Lösungsansätze können diesem Ressentiment entgegengesetzt werden?

Inhalt

Katharina Peters und Stefan Vennmann: Vorwort. Nichts gelernt?! Konstruktion und Kontinuität des Antiziganismus
Dirk Wolff: ‚AIDD – Angekommen in Duisburg und Dortmund‘. Ein Projektbericht
Wibke Kleina: Zwischen Passfähigkeit und Besonderung. Eine Betrachtung der schulischen Situation von Sint*ezza und Rom*nja
Katharina Peters: „Sind wir zu intolerant?“ Die mediale Inszenierung von ‚Sinti und Roma‘ in Polit-Talkshows des öffentlich-rechtlichen Fernsehens
Joachim Krauß: Der Zukunft abgewandt. Duisburger Wege der Desintegration
Sylvia Brennemann und Joachim Krauß: Ein guter Ort wird schlechtgemacht — ein Gespräch zur Situation in Duisburg-Marxloh
Markus End: Die Dialektik der Aufklärung als Antiziganismuskritik. Thesen zu einer Kritischen Theorie des Antiziganismus
Sebastian Winter: ‚Femme fatale‘ und ‚Zwangsprostituierte‘. Über den Wandel antiziganistischer Weiblichkeitsbilder
Rafaela Eulberg: Das Bild der wahrsagenden ‚Zigeunerin‘ als ‚nicht-okzidentale Andere‘. Anmerkungen zum Magie-Diskurs in antiziganistischen Formationen
Merfin Demir: Antiziganismus, Kolonialismus und Neoliberalismus. Eine Analyse aus Sicht einer Selbstorganisation
Astrid Messerschmidt: Antiziganismuskritik in Auseinandersetzung mit Rassismus und Nationalismus. Geschichtsbewusst handeln und Diskriminierung abbauen
Stefan Vennmann: Der Nicht-Ort der Vernichtung. Zum Problem einer Analyse von Antiziganismus bei Giorgio Agamben
Drita Jakupi: Antiziganismus, Romaphobie, Gadje-Rassismus? Kritische Einwände.

Das Buch entstand als Gemeinschaftswerk von VIA (Verband für interkulturelle Arbeit) und DISS (Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung).
Erhältlich im Buchhandel – auch am Amazonas, am besten direkt (auch im Versand) in der Buchhandlung Weltbühne.
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Neu in der Weltbühne: Zwei neue DISS-Titel

Vorgestern aus der Druckerei gekommen: Zwei neue Titel des Unrast-Verlags aus der Werkstatt des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung:

Paul Bey, Benno Nothardt (Hg.): Kämpfe um Meinungsfreiheit und Medien. Im Spannungsfeld von Hate Speech, Fake News und Algorithmen. 160 S. 16 Euro
Die politische Kultur ist aktuell in einen Kampf um Meinungsfreiheit und mediale Wahrheit verwickelt. Während die einen den Medien weiterhin Unabhängigkeit und Objektivität bescheinigen, wird ihnen von der anderen Seite „Lügenpresse“, „Political Correctness“ und „Fake News“ entgegengeschleudert. Die Autoren dieses Bandes untersuchen aus unterschiedlichen Blickwinkeln den umkämpften Begriff im Spannungsfeld von extremer Rechten, Leitmedien und Digitalisierung. Sie zeigen auf, mit welchen Strategien extreme Rechte Diskurse und digitale Algorithmen in sozialen Medien manipulieren, während sie gleichzeitig Meinungsfreiheit als Kampfbegriff nutzen, um Kritik an diskriminierenden Aussagen als vermeintliche Zensur abzuwehren. Gezeigt wird auch, wie sich der umkämpfte Begriff der Politischen Korrektheit verändert hat und Provokationen ein Teil des Erfolgsrezeptes für den Aufstieg der AfD sind.

Andrea Becker, Simon Eberhardt, Helmut Kellershohn (Hg.): Zwischen Neoliberalismus und völkischem ‚Antikapitalismus‘. Sozial- und wirtschaftspolitische Konzepte und Debatten innerhalb der AfD und der Neuen Rechten. 272 S. 24,00 Euro
Das Buch ist eine Bestandsaufnahme der sozial- und wirtschaftspolitischen Konzepte und Debatten innerhalb der AfD und der Neuen Rechten und unterzieht diese einer kritischen Analyse. Die Beiträge berücksichtigen dabei drei Dimensionen: erstens die Ebene der Akteure, also der Kräfte, die die Debatte bestimmen; zweitens geht es um konkrete Themenfelder, in die mit Konzepten, Thesenpapieren etc. interveniert wird; und drittens geht es um die jeweiligen ideologiepolitischen Perspektiven und deren Verortung im Spannungsfeld zwischen Neoliberalismus und völkischem ‚Antikapitalismus‘, sowohl unter dem Blickwinkel der innerparteilichen Auseinandersetzungen als auch unter dem der Relevanz für die von der AfD angesprochene Wählerkoalition. Darüber hinaus spannt das Buch einen ideengeschichtlichen Bogen zurück zur sogenannten ‚Konservativen Revolution‘, die der Neuen Rechten als eine Art Steinbruch von Ideen und Argumenten dient, die je nach Lage und Intention aktualisiert und angepasst werden.

Bestellt diese Bücher, und bestellt sie in der Buchhandlung Weltbühne (abholen oder schicken lassen).

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Weltbühne muß bleiben.

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Herzlichen Glückwunsch Ilse Storb!

Samstag in der Zeitung gelesen:
Anekdote (2007):

Schräg hinter mir sitzt Frau Professor Ilse Storb. Die tippt mir auf die Schulter:
„Sind Sie der Professor Januscheck?“
„Nein. Ich bin Helmut Loeven.“
Eine Minute später: tipptipptipp:
„Sind Sie denn bei uns auf der Uni?“
„Ich war auf der Duisburger Uni.“
Eine Minute später wieder: tipptipptipp:
„Professor Loeven? Kenne ich gar nicht.“
„Nein, ich bin auch kein Professor.“
Eine Minute später: „Sie sehen aber aus wie ein Professor!“
Als alle Reden geredet sind, kläre ich Frau Professor Ilse Storb auf: „Ich hab an der Uni studiert. Bei Ihnen.“
„Bei mir??? Was haben wir denn gemacht?“
„Musik und Politik.“
„Das hab ich ja immer gemacht. Was haben wir denn gemacht? Doch bestimmt Henze und Nono.“
„Und Hanns Eisler.“
Frau Storb, begeistert: „Hanns Eisler! Ja! Gegen die Dummheit in der Musik!“ Wenn die das Klavier entdeckt, das da hinten in der Ecke steht, dann gibt es kein Halten mehr, dann legt die los!

aus: Schon seit 20 Jahren Wissenschaft gegen den Strich. Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) feierte Geburtstag. in DER METZGER Nr. 81.

Was habe ich auch noch in dem WAZ-Interview gelesen? Über Helge Schneiders Katzenklo:

So hab ich sie erlebt, meine Professorin: bei aller Exzentrik stets kritisch und anspruchsvoll – und hochkompetent. Wer mit Vergnügen erlebt hat, daß sie im Fernsehen jedem die Schau stehlen konnte, sollte auch wissen, daß es in ihren Seminaren ernst und konzentriert zuging.
Ihr Engagement für Amnesty International soll erwähnt sein. In der Chile-Solidarität hatten wir miteinander zu tun. Sie besuchte uns auch manchmal am Uni-Büchertisch. Sie hätte also wissen können, daß ich nicht Professor Januscheck bin.
Heute hat sie Geburtstag. Ilse Storb wird 90 Jahre alt.
à la bonne heure!

Noch eine Veranstaltung in der Reihe Zur Bekämpfung des Antiziganismus heute

Auf diese Vortragsreihe des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (in Kooperation mit dem Zentrum für Erinnerungskultur der Stadt Duisburg) wurde hier schon hingewiesen.
Eine weitere Veranstaltung kommt noch:

Donnerstag, 5.7.2018, 18 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Antiziganismus, Kolonialismus, Neoliberalismus – eine Analyse aus Sicht der Selbstorganisationen
Merfin Demir, Vorsitzender der interkulturellen Jugendselbstorganisation von Roma und Nichtroma in Nordrhein-Westfalen Terno Drom e. V.
Im Rahmen des Vortages wird der Rassismus gegen Sinti und Roma als ein historisch gewachsener Rassismus gegenüber als archaisch markierten Menschen dargelegt. Es wird auf die Wechselwirkung und die Abgrenzung gegenüber dem Kolonialrassismus und auch gegenüber dem Antisemitismus eingegangen. Besondere Bedeutung hat der Rassismus gegenüber Sinti und Roma im Zusammenhang der Leistungsgesellschaft als Teil des Neoliberalismus. Mit der Finanzkrise hat sich der Rassismus gegenüber Roma in Osteuropa verstärkt. Nicht zuletzt ist diese Analyse wichtig, um daraus Rückschlüsse, Konzepte und Handlungen zu folgern. Das gilt insbesondere für eine Gesellschaft, die auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung beruht und somit auch für eine demokratische Stadtgesellschaft. Daraus ergibt sich insbesondere, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden müssen, obwohl diese Erkenntnisse oft als zu theoretisch diskreditiert werden.

Das Wirtshaus in Dingens

Weniger in ein Büro, eher in ein mit viel Kunstlicht beleuchtetes Wirtshaus in Hochfeld fühlte man sich versetzt, wenn man sich auf die von Günter Ackermann gestaltete Internetseite „kommunisten-online“ einließ. Manche Leute meinten, „kommunisten-am-rande-des-nervenzusammenbruchs“ hätte besser gepaßt.
Ich hatte das Vergnügen, Günter Ackermann persönlich zu kennen, seit 1970. Er war damals in der KPD/ML das enfant terrible, unbeherrscht, streitsüchtig.
1940 in Erfurt geboren, in der DDR Angehöriger der Volkspolizei, wechselte er unter Mitnahme seines thüringischen Akzents in die BRD. Seit Mitte der 60er Jahre wirkte er im maoistischen Zirkelwesen am Rande der kommunistischen Bewegung. In der Dauer-Farce des Sektierertums war er eine feste Größe. Bei der Gründung der KPD/ML 1968 war er dabei und gehörte dem Zentralkomitee an (sagt man). Bei den diversen Spaltungen wechselte er gelegentlich die Seiten. Dann ließ er sich in Duisburg nieder.

Im Rotbuch-Verlag erschien ein Buch über den Mannesmann-Streik von 1973. Autor: Gerd Höhne. Das war, wie ich später erfuhr, Ackermanns Pseudonym. In dem Spielfilm „Huckinger März“ (über nämlichen Streik) spielte er eine Nebenrolle. Er tauchte dann auch gelegentlich im Eschhaus auf. Auf der Wanheimer Straße hatte er ein Schreib-Büro, wo Studenten ihre Diplomarbeiten ins Reine tippen lassen konnten.
Als die PDS in Duisburg ihren Kreisverband gründete, war er dessen Geschäftsführer (nicht, wie die Rote Fahne behauptet, Vorsitzender). Die üblichen, unvermeidlichen Streitereien führten zu seinem Rücktritt. Er zog sich auf sein Refugium „kommunisten-online“ zurück.
Ich habe Ackermann als einen durchaus freundlichen, umgänglichen Menschen in Erinnerung, erlebte ihn bei zahlreichen Veranstaltungen. Er konnte zuhören, argumentierte vernünftig und kenntnisreich. Aber wehe, wenn er in die Tasten griff! Dann wurde er mitunter vulgär bis zur Unflätigkeit.
Beim Ostermarsch sprach er mich mal an: „Du sympathisierst ja mit den Antideutschen.“ Das mußte und konnte ich richtigstellen. Seine Antwort überraschte mich: „Dann bin ich ja falsch informiert. Dann muß ich ja meine Meinung ändern.“
Ich habe daraufhin nicht mehr gegen ihn polemisiert, stattdessen es aber dem Kollegen Jakop Heinn überlassen, die Ackermann-Schoten zu protokollieren. Denn nicht allen gegenüber hat Ackermann sich so ehrenmännisch verhalten. Seine Lieblingsfeinde waren Siegfried Jäger (DISS, siehe DER METZGER 81) und Ulrich Sander (VVN, siehe DER METZGER 83 und 114). Dem, was dort darüber zu lesen war, ist nichts hinzuzufügen, und es ist nichts zurückzunehmen.

Am 26. April 2017 ist Günter Ackermann 76jähig in Mülheim gestorben.
Der Mann war unmöglich, aber auch irgendwie originell. Als Werber für die kommunistische Bewegung war er wenig von Nutzen. Aber ihre unfreiwillige Parodie ist ihm gelungen.

Katzen würden METZGER kaufen

Das wäre doch mal eine originelle Geschenkidee:
Ein METZGER-Abonnement für Ihre Katze!

Oder für die Katze einer Bekannten.
Oder für den Kater eines Bekannten.
Oder für die Katze eines Bekannten.
Oder für den Kater einer Bekannten.

Hier erfahren Sie, wie Sie ein (Geschenk-)Abonnement bestellen können.
Selbstverständlich eignet sich das satirische Magazin auch für menschliche Empfänger.

(C) Merkfoto

Manche Menschen leben in dem Irrglauben, Katzen könnten nicht Zeitung lesen.

Schrittweise in die Autokratie: Die Türkei unter der AKP

Ein Vortrag des Politikwissenschaftlers und Historikers Ismail Küpeli im DISS (Siegstraße 15, 47051 Duisburg)
am Freitag, 13.10.2017, um 19:00 Uhr.
Eine Veranstaltung des DISS in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW.

Die Politik von Recep Tayyip Erdogan und seiner Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) zielte von Beginn an auf die Frage, wie Regierungsmacht zu erlangen und zu erhalten ist. Darin unterscheiden er und seine AKP sich kaum von anderen Politikern und Parteien. Aber anders als demokratische Akteure setzten sie seit der Regierungsübernahme 2002 darauf, ihre Macht auch mit nicht demokratischen und nicht-rechtstaatlichen Mitteln zu sichern. Dazu gehört auch die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei, was die Abschaffung der Demokratie und die Etablierung einer Autokratie bedeutet. Im türkischen Präsidialsystem ist weder eine Gewaltenteilung noch ein System konkurrierender Machtblöcke und Institutionen vorgesehen, das eine Alleinherrschaft verhindern kann. Die AKP unter Erdogan hat sich auf eine tiefgreifende Umgestaltung der Türkei Richtung Autokratie festgelegt und wird dieses Projekt weiterverfolgen, solange sie an der Macht ist.
Ebenfalls Teil der Machtsicherung ist die islamisch-konservative Gesellschaftspolitik. So hat die AKP in den staatlichen und nicht- staatlichen Bildungs- und Sozialeinrichtungen eine ganze Generation geprägt, deren Weltanschauung regierungskonform ist. Es geht der Regierungspartei aber nicht um die Etablierung eines islamistischen Staates, wie manche Oppositionelle der AKP vorwerfen. Das türkische Regime beruht ideologisch weniger auf dem Islamismus als vielmehr auf einer türkisch-islamischen Synthese, die den klassischen türkischen Nationalismus mit dem Islam zu einem neuen „volksnahen“ Nationalismus transformiert hat.

Teilnahme nur nach vorheriger Anmeldung per Email an:
zakaria.rahmani@diss-duisburg.de

 

Streif Nr. 4 (2017)

Heute in der WAZ:

Streif ist eine ganz ungewöhnliche Zeitschrift. Die Vorbereitung ist so sorgfältig, daß nur eine Ausgabe pro Jahr erscheint. In dieser Ausgabe wird an Heinrich Strunk erinnert, auch an seine engagierte antirassistische Kunst.
Streif wurde hier schon oft vorgestellt – siehe Schlagwortverzeichnis hier unten drunter. Die neue Ausgabe ist für 7 Euro in der Buchhandlung Weltbühne erhältlich (im Versand für 8 Euro).
Der Artikel in der WAZ gibt Aufschluß über viel Kunst und Kunst-Vielfalt, die die Streifmacherinnen und -Macher aufgespürt haben.
Als Stacey Blatt (auf dem Foto links) vorigen Donnerstag die neue Ausgabe brachte, sagte sie. „Pelikan ist auch dabei.“ So soll es also aus ihrem Mund durch mein Ohr in diesem Blog ankommen: Pelikan ist auch dabei.