Bücher im Jahr der Jahrestage (d)

Man wird nicht zu Unrecht einwenden, daß jedes Jahr seine Jahrestage hatte und haben wird. Das soll uns nicht abhalten.
Lothar Binger: 68. selbstorganisiert & antiautoritär. Die Jahre 1967 – 1978. Sebstverlag 464 Seiten. 19,68 €.
Der Autor über sein Buch:
Alles auf Anfang. Ich habe in Westberlin seit 1968 in etlichen Initiativen mitgewirkt, die es so zum ersten Mal gab. 1968 der erste Berliner Kinderladen, 1969 das Kinderladen INFO, 1968 die erste deutsche Undergroundzeitung Linkeck, 1970 die ersten linken Kinderbücher, 1970 Beginn der Stadtteilarbeit in Kreuzberg, Gründung des Lehrlingstheaters Rote Steine, Produktion der ersten Ton Steine Scherben Single, 1971 die ersten erfolgreichen Berliner Hausbesetzungen des Jugenzentrums Kreuzberg und des Rauch-Hauses als Ergebnis der Jugendarbeit. 1972 startete mit der Gründung der GUM, dem GUM-INFO und 1974 mit dem Positionspapier der erste Versuch, die Undogmatische Linke auf ein theoretisches Fundament zu stellen und um im Frühjahr 1974 entstand mit dem INFO BUG (Berliner Undogmatischer Gruppen) ein wöchentliches Kommunikationsorgan für die Sponti-Linke in Westberlin, das über vier Jahre Bestand hatte. Das alles unter der Devise: Selbstorganisiert, undogmatisch, antiautoritär und selbstverständlich antikapitalistisch. Diese Aspekte können bis heute Geltung beanspruchen.
Außerdem ist der 68er-Aufbruch dargestellt mit seinen zahlreichen Facetten von der Erziehung, dem neuen Verständnis von Sexualität, von veränderten Frauen/Männerbeziehungen bis hin zu den Versuchen eines anderen Zusammenlebens in Kommunen/Wohngemeinschaften.

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WELTBÜHNE MUSS BLEIBEN.

Kommt und holt euch den neuen METZGER

Das von mir herausgegebene satirische Magazin erschien 1968 zum ersten Mal und wird in diesem Jahr 50 Jahre alt.
Der Jubiläums-Jahrgang geht weiter mit der Nummer 126.

Und das steht drin:

Anton Maegerle: Vor 50 Jahren: Attentat auf Rudi Dutschke. Der Schütze und sein politisches Umfeld.

Jakop Heinn: Der Präsident hat nur dumme Ideen. Mit seinem protektionistischen Amoklauf richtet US-Präsident Trump Schaden für die US-amerikanische Industrie an.

Helmut Loeven: Das philosophische Kabarett. Diesmal: Mein „68“; Was ist eigentlich ein Groko?; Selbstbestimmung im Konsumrausch; Das Geheimnis einer guten Bowle; Erinnerung an einen Striptease („und sonst gar nichts“); Müssen Ministerinnen doof sein?; Der Söder mit seinen Kreuzen hat uns auch gerade noch gefehlt; Die Reulla kriegt sich gar nicht mehr ein (über Dummheit im Sex-Diskurs).

Heinz Kiwitz. Ein Künstler kämpfte gegen Hitler und Franco.

Lothar Röse: Eine kurze Geschichte der sechziger Jahre. Wie sich in einem Jahrzehnt der Alltag und die Beziehungen vollkommen veränderten. Vorabdruck aus „Rock und Zeit. Eine Tonspur im 20. Jahrhundert“.

Chinmayo: Larpurlar. Inflationsbanknoten als neue Bildflächen. Geld & Kunst.

Lina Ganowski: La notte. Diesmal: #dumichauch. Natürlich mal wieder ein lesbischer SM-Porno.

Frank Baier: Ausländerfragen. Ein Songtext. Wo ist des Arbeiters Vaterland?

HEL (Herbert Laschet-Toussaint): Barrio Vertical. Ein Gedicht über Vorgänge in Caracas, Venezuela.

Das Heft kostet 3 Euro.
Besorgen! Bestellen! Schicken lassen! Oder in der Buchhandlung Weltbühne kaufen! Lesen! Weiterempfehlen! Draus zitieren! Und schließlich: Abonnieren! Denn: Wer abonniert, hat mehr von Metzger.

Wir bleiben im Bahnhof

Vor Jahren wurde in Duisburg-Neumühl der leerstehende und ungenutzte Vorort-Bahnhof besetzt.
Über den ganzen Zusammenhang von Haus- und anderen Besetzungen, kapitalistisches Bodenrecht et cetera pepé müssen wir uns hier nicht lange unterhalten. Selbstverständlich war die Besetzung des Neumühler Bahnhofs richtig, um das vorauszuschicken.
Der Neumühler Bahnhof war lange in der Hand der Besetzer; ich glaube, länger als ein Jahr. Es fanden sich dort auch viele Gäste und Hausbesetzungstouristen ein. Es gab dort auch Veranstaltungen.
Der Slogan der Aktion lautete: „Wir bleiben im Bahnhof“. Das Anliegen, das in diesem Slogan zum Ausdruck kam, wurde ins Land hineingetragen.
Eines Tages war auf die Mauer der Trinkhalle auf dem Ludgeriplatz in Neudorf die Parole gesprüht worden: „Wir bleiben im Bahnhof“.
Für die Wandbesprüher war das Vorhaben, im Neumühler Bahnhof zu bleiben, von existentieller Wichtigkeit. Für den durchschnittlichen, heimatverbundenen Neudorfer Bürger muß das allerdings eine unverständliche Mitteilung gewesen sein: Was soll das denn heißen „Wir bleiben im Bahnhof“? Genauso hätte man da auch hinschreiben können: „Wir waren in Wanheim“ oder „Griesmehlpudding gibt‘s heut‘ Mittag“.
Trotzdem ist die Parole „Wir bleiben im Bahnhof“ sehr wirksam – wegen ihrer Sinnlosigkeit. Die Aufgabe der Avantgarde ist es nicht, den Leuten die Welt zu erklären, sondern, sie unentwegt den Welträtseln auszusetzen. Man muß den Leuten nicht sagen, was sie denken sollen, sondern sie dahin bringen, daß sie nicht mehr denken, was sie dachten.
Die gefangenen Mitglieder der RAF veranstalteten im Laufe der Jahre gelegentlich einen Hungerstreik. Mit solche Maßnahmen bekräftigten sie mal die Forderung, als Kriegsgefangene behandelt zu werden, mal wollten sie von den anderen Gefängnisinsassen nicht getrennt sein, und schließlich forderten sie, daß die RAF-Mitglieder in einer Abteilung einer Justizvollzugsanstalt zusammengelegt zu werden.
Folglich war eines Tages auf einer Mauer in Neudorf in Riesenlettern die zwar zündende, aber für die Vorbeigehenden völlig zusammenhanglose Parole zu lesen: „Zusammenlegung sofort!“.
Wenn die Wandbesprüher wüßten, wie subversiv sie wirklich sind!