Neu in der Weltbühne: Jean Malaquais: Planet ohne Visum

Jean Malaquais: Planet ohne Visum. Roman. Aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort von Nadine Püschel. Edition Nautilus. Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen. 664 Seiten. 32,00 €

Das vergessene Meisterwerk der französischen Exilliteratur – nach 75 Jahren endlich auf Deutsch.
Marseille 1942, einige Monate vor der endgültigen Besetzung der Freien Zone durch die Deutschen. Der Mittelmeerhafen quillt über von Menschen, die vor dem Krieg fliehen und auf die Überfahrt nach Amerika hoffen, in eine ungewisse Zukunft. Die Stadt ist wie eine Reuse, in der die Unerwünschten und vom Vichy-Regime Verfolgten zappeln und täglich versuchen, den Spitzeln und Denunzianten zu entkommen.
Die Schicksale der Romanfiguren sind auf verhängnisvolle Weise miteinander verstrickt: Flüchtlinge, Aktivisten der Résistance, Vertreter internationaler Hilfsorganisationen, Legionäre, Devisenschieber, Mitläufer aller Art. Zum Teil sind sie angelehnt an historische Figuren wie Victor Serge, Walter Benjamin und Varian Fry, der zahlreichen Verfolgten zur Ausreise verholfen hat – darunter Jean Malaquais selbst.
Planet ohne Visum ist zugleich Agententhriller und Milieustudie, ein packendes Epos der Menschen ohne Papiere, dessen elegante Sprache und stilistischen Reichtum Nadine Püschel meisterhaft ins Deutsche übertragen hat. 1947 in Frankreich erschienen, liegt der Roman damit erstmals in deutscher Übersetzung vor.

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Neu in der Weltbühne: Über Frankreichs radikale Rechte

Demnächst in dieser Buchhandlung:
Sebastian Chwala: Frankreichs radikale Rechte. Geschichte, Akteure und Gefolgschaft. PapyRossa Verlag. Ca. 350 Seiten. 22,90 €
Erscheint im März 2023
Erosion des etablierten Parteiensystems, Spaltung des Landes und, mal wieder, eine »Schicksalswahl«, so die Befunde rund um die Präsidentschaftswahl 2022 in Frankreich. Einmal mehr war es an Marine Le Pen und ihrem Rassemblement National, dem einstigen Front National, der politischen Debatte den Stempel aufzudrücken – und die ›Grande Nation‹ weiter nach rechts zu verschieben. Wo liegen die Ursachen für den Aufstieg der radikalen Rechten? Inwieweit wurden die Geister mit einer neoliberalen Politik erst gerufen? Welche Rolle spielen Abstiegs- und Entfremdungserfahrungen der classes populaires? Wer wählt rechts? So fragt Sebastian Chwala und blickt auf Klassenerfahrungen der Mittelschichten wie der »Ausgestoßenen«. Er geht der Geschichte und Strategie der radikalen Rechten nach, nimmt Hochburgen und soziale Zusammensetzung in den Blick. Für den rechten Aufstieg macht er eine »multiple Krise« als Ursachenbündel aus, darunter auch der Niedergang der Linksparteien. Davon ausgehend fragt Chwala nach Alternativen zu einer Rechtsentwicklung, wie sie etwa bei den Protesten der gilets jaunes aufschienen.

Das Buch ist im Programm der Buchhandlung Weltbühne (auch im Versand zu beziehen).
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Georg Stefan Troller

Manchmal hört man: Die eigentliche Film-Kunst sei der Dokumentarfilm. Diese Behauptung ist richtig. (Ebenso, wenn gesagt wird: die eigentliche Film-Kunst sei der Kurzfilm. Oder: der Stummfilm. Oder: die Kindervorstellung).
Wenn von den Pionieren des modernen, progressiven Dokumentarfilms die Rede ist, wird der Name Georg Stefan Troller genannt werden.

(C) Wikimedia Commons

Georg Stefan Troller wurde am 10. Dezember 1921 in Wien geboren. Sein Leben führte ihn durch viele Länder. Seine Filmarbeit und seine schriftstellerische/journalistische Arbeit wurde dadurch geprägt. Nach der Annexion Österreichs durch Nazi-Deutschland war der 16jährige jüdische Wiener zur Flucht gezwungen, zuerst auf gefährlichen Wegen in die Tschechoslowakei, dann nach Frankreich, wo er bei Kriegsbeginn interniert wurde, dann 1941 in nach Amerika, wo er die US-Staatsangehörihkeit annahm. Als Soldat der US-Army kam er nach Deutschland; wegen seiner Sprachkenntnisse wurde er eingesetzt, gefangene SS-Männer zu verhören. Auch diese Erlebnisse prägten seine Erfahrung wesentlich.
Seit 1962 war er als Film-Reporter für den WDR tätig, in der Reihe „Pariser Journal“ mit kurzen Reportagen über prominente und unbekannte Menschen (etwa: Edith Piaf oder den schwerbehinderten Veteran des Indochina-Krieges). Es wurde sichtbar, wieviel Drama im Alltag steckt (Komödie und Tragödie), wieviel Unglaublichkeit im Gewohnten. Von 1972 bis 1993 wurden im ZDF 70 Folgen der Reihe „Personenbeschreibung“ gesendet. Verzeichnis siehe

https://de.wikipedia.org/wiki/Personenbeschreibung_(Fernsehsendung)
„Selbstbeschreibung“ ist der Titel der für den Leser nicht leicht verdaulichen Autobiografie. Troller hat sie selbst verfilmt, auf seine Art mit Dokumentaraufnahmen und Spielszenen, ein kritisches Gespräch mit sich selbst als junger Mann (gespielt von Alexander Spill, mit Nina Hoss).
Der Film ist bis zum 1.3.2022 in der Mediathek des Bayerischen Rundfunk zu sehen
https://www.br.de/mediathek/video/dokumentarfilm-von-georg-stefan-troller-selbstbeschreibung-av:617290bd35421f0007a0f4db
Ebenso: Unter Deutschen – Eindrücke aus einem fremden Land
https://www.br.de/mediathek/video/dokumentarfilm-von-georg-stefan-troller-unter-deutschen-eindruecke-aus-einem-fremden-land-av:617290bd4055e600079ab6f6

„Österreicher jüdischer Herkunft, den Nazis nur knapp entkommen, heute als Amerikaner in Paris lebend, fühlt sich Troller dem deutschen Sprachraum zugehörig.“
Georg Stefan Troller feiert heute seinen hundertsten Geburtstag.

Eddie Constantine

Heute vor hunderrt Jahren wurde Eddie Constantine geboren.
Er war Chorsänger in den USA, seit Ende der 40er Jahre Nachtclubsänger in London und Paris, später Nebenrollendarsteller in Filmen. Seit 1953 spielte er in einer Serie von B-Movies den „FBI-Agenten“ Lemmy Caution. Das waren komödiantische, nicht ganz ernst gemeinte Actionfilme, denen man einen gewissen selbstironischen Charme nicht absprechen konnte (mit Filmtiteln wie „Rote Lippen – blaue Bohnen“).
Später wechselte er ins Charakterfach und überzeugte in Filmen unter der Regie von Wim Wenders, Fassbinder, Geissendörfer, Godard. 1969 spielte er in der Filmbiografie des Anarchisten Malatesta von Peter Lilienthal die Titelrolle. 1975 erschien sein Roman „Der Favorit“.
In der TV-Serie „Kottan ermittelt“ parodierte er die Figur des heldenhaften Film-Detektivs Lemmy Caution, in dessen Rolle er geglänzt hatte. Das war vielleicht der Versuch, die Festlegung auf dieses Rollen-Klischee zu durchbrechen.
Sehr wirksam unterlief er das Klischee in dem Film von Jean-Luc Godard „Alphaville“ (1965 – höchste Auszeichnung auf der Berlinale). In diesem Film trat er als Lemmy Caution auf, was viele Kinogänger aufs Äußerste verblüffte, manche gar entsetzte, denn sie bekamen etwas zu sehen, was sie nicht erwartet hatten.
„Alphaville“ ist die Geschichte einer von Verwertungslogik und Entwertung des Menschen beherrschen Zukunftsstadt – einer Zukunft, die schon begonnen hat. Ein Science-Fiction-Film ohne jegliche Spazialeffekte. Die Kulisse ist die Stadt Paris, ihre Autostraßen und ihre Architektur.
„Alphaville“ ist nicht nur einer der besten Filme der Geschichte, sondern auch einer der schönsten. Der Haudrauf Lemmy Caution und der sachliche Analytiker Godard überraschten mit einer warmherzigen Botschaft, mit einem eindringlichen Plädoyer für Menschlichkeit und Poesie.

Anna Karina und Eddie Constantine in Alphaville.

Lange nicht gesehen: Unsichtbares Komitee

Die Edition Nautilus versteht es, die Leute zu überraschen. Noch nicht angekündigt, nicht in der Vorschau, aber passend zum Buchmesse-Schwerpunkt Frankreich kommt Jetzt.
Jetzt kommt aber nicht schon jetzt, sondern etwas später, nämlich am 4. Oktober.
Was allerdings jetzt schon geht, ist: hier vorbestellen.

Unsichtbares Komitee: JETZT. Nautilus Flugschrift. Deutsche Erstausgabe. Aus dem Französischen von Birgit Althaler. (Originalausgabe: Maintenant. La Fabrique Éditions 2017).
Broschur / mit S-W-Fotos illustriert.
ca. 144 S. / ca. € 16

Das gibt die Edition Nautilus bekannt:
Jetzt ist ein Interventionstext. Er hat sich aufgedrängt, da die wesentlichen Vorhersagen des Unsichtbaren Komitees nun eingetreten sind – deutlicher Abscheu vor der Polizei, Ernüchterung angesichts ermüdender Parlamentsdebatten, Blockade als zentrales Mittel, Wiederkehr der Idee der Commune, Widerstand, der von Radikalen auf das Bürgertum überspringt, die Weigerung, sich regieren zu lassen.
Jetzt ist am Anfang eines Jahres erschienen, in dem es für die Macht darum ging, unter dem Vorwand eines Präsidentschaftswahlkampfes all das wieder in das marode Gerüst der klassischen Politik zurückzupressen, was diese bereits jetzt übersteigt, sich ihr entzieht, ihrer überdrüssig ist.
Die massiven Protestbewegungen in Frankreich des Jahres 2016 sind Zeugnis eines politischen Konflikts, der in seiner Bedeutung dem Mai ’68 in nichts nachsteht.
Jetzt entwirft einen alternativen Weg zur verordneten stickigen Atmosphäre, plädiert für ein anderes Modell als die Wahlen: für die Absetzung der Macht. Für neue Lebensformen und nicht für neue Verfassungen; für Verweigerung und Stille statt lärmender Proklamationen. Es wird keinen Umsturz der bestehenden Ordnung geben ohne das Bekenntnis zu einem wünschenswerten Leben. Die zerstörerische Kraft des revolutionären Prozesses kann nichts ausrichten ohne jene Ladung stiller Positivität, die jeder glücklichen Existenz innewohnt.

„Stille statt lärmender Proklamationen“. Klingt gut.
Bei „Paris-Mai-’68“ muß ich immer an Cohn-Bendit und Glucksmamm denken – aber lassen Sie sich nicht von mir den Abend verderben, und so ist es ja auch nicht gemeint.

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Auch noch vom „Unsichtbaren Komitee“ hier enhältlich: „Der kommende Aufstand“ (14 €) und „An unsere Freunde“ (16 €).


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Hohes C

Zwei traurige Nachrichten.

Es stand heute noch nicht in der Zeitung, gestern hörte ich es im Radio: Leonard Cohen ist am 7. November, am vorigen Montag gestorben. Er wurde 82 Jahre alt. Keine vier Wochen vor seinem Tod erschien sein letztes Album „You want it darker“.

LEONARD COHEN . CHANTEUR CANADIEN . FOLK . TOURNAGE D UN CLIP . AVEC DOMINIQUE ISSERMANN . PHOTOGRAPHE . PLAGE DE TROUVILLE . 26 JANVIER 1988 .

LEONARD COHEN . CHANTEUR CANADIEN . FOLK . TOURNAGE D UN CLIP . AVEC DOMINIQUE ISSERMANN . PHOTOGRAPHE . PLAGE DE TROUVILLE . 26 JANVIER 1988 .

Wikimedia Commons

Als die Vergabe des Literaturnobelpreises an Bob Dylan bekanntgegeben wurde, wurde vielfach erörtert, ob der Preis nicht eher oder ebensogut dem kanadischen Songschreiber hätte zuerkannt werden können. Leonard Cohen war als Lyriker im nordamerikanischen Sprachraum schon bekannt, als er sich musikalischer Arbeit zuwandte.
Daß er hierzulande als Schriftsteller nicht hinter dem Musiker verschwand, ist dem März-Verlag zu verdanken, der seine frühen Titel („Schöne Verlierer“, „Blumen für Hitler“) herausbrachte. Cohens melancholisch klingenden Songs ist es zu verdanken, daß er nie von der Schaumfabrik eines sich fortwährend banalisierenden Show-Business aufgefressen wurde. In dem Album „The Future“ (1992) bezieht er sich äußerst skeptisch auf die weltpolitischen Entwicklungen jener Jahre: „I’ve seen the future, it is murder“. Von der tumben Bedusseltheit nach dem „Fall der Mauer“ ließ er sich nicht anstecken.
Joni Mitchell hat in einigen ihrer Songs ihre Beziehung mit Leonard Cohen reflektiert (z.B. „Chelsea Morning“).

Am Dienstag, 8. November starb Raoul Coutard im Alter von 92 Jahren.
Der Name dürfte selbst unter interessierten Kinogängern nicht vielen bekannt sein. Umso nachdrücklicher wird hier an ihn erinnert.
Raoul Coutard war Kameramann des französischen Films von den 50er bis zu dem 90er Jahren. Für die meisten Filme von Jean-Luc Gorard bediente er die Kamera. Er arbeitete auch für Francois Truffaut und Costa-Gavras. Der fortschrittlichen Stellung des französischen Films verpflichtete er sich auch als Regisseur: in dem Vietnam-Drama Hoa Binh (1969) und in „S.A.S. – Terreur à San Salvador“ (1983), einem Film über die Todesschwadronen und die Ermordung des Bischofs Oscar Romero durch die Faschisten.
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Die Autoren der Nouvelle Vague erweiterten die Bildsprache des Kinos, das der Essayistik filmische Möglichkeiten verschaffen sollte. Die Stilrichtung des progressiven, emanzipatorischen, kritisch-analytischen Films wurde von Raoul Coutard nicht weniger geprägt als von den Theoretikern und Regisseuren, mit denen er zusammenarbeitete.

alphavilleAlphaville von Jean-Luc Godard (1965) ist einer der erstaunlichsten, gewagtesten und am schönsten fotografierten politischen Filme. Anna Karina, Eddie Constantine.

Die Flüchtlinge und unsere Aktien

Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) lag Deutschland am Boden, das Land war verheert, die Bevölkerung dezimiert, die Wirtschaft zerstört. Der Wiederaufbau der Wirtschaft wollte nicht in Gang kommen.
Da kam die Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV von Frankreich im Jahre 1685 den deutschen Fürsten gerade recht. Mit dem Edikt von Nantes hatte Heinrich IV 1598 den Hugenottenkrieg beendet. Die Aufhebung des Edikts, das Ende des Religionsfriedens in Frankreich setzte eine neue Massenflucht in Gang. Die französischen Protestanten wurden vor die Wahl gestellt, zum katholischen Gauben überzutreten oder ihr Vermögen an den Staat abzutreten. Etwa 50.000 französische Protestanten suchten Schutz in deutschen Fürstentümern, die meisten im Kurfürstentum Brandenburg (dem späteren Königreich Preußen).
Bei der Bevölkerung waren die Flüchtlinge nicht sehr willkommen. Sie waren Reformierte Christen, ebenso wie das Herrscherhaus. Die meisten Brandenburger waren Lutheraner, die argwöhnten, die Hohenzollern würden sich reformierte Verstärkung heranschaffen. Vor allem wurden den Franzosen die großzügigen Steuerprivileien geneidet, mit denen ihnen der Start in ihrer neuen Heimat erleichtert wurde. Um diese Starthilfe zu finanzieren, wurden die Alteingesessenen mit Sondersteuern belastet.
Das Wort „Integration“ kannte man noch nicht. Die französischen Einwanderer lebten in abgetrennten Siedlungen, errichteten französische Schulen, behielten ihre Sprache und ihre Lebensgewohnheiten. Französisch war die Sprache der Höfe, der gebildeten Eliten. Die Franzosen hatten durchweg einen höheren Bildungsstand als die Urbevölkerung, viele waren Ärzte, Gelehrte oder hochqualifizierte Handwerker. Eine Angleichung an die Einheimischen hätte den Absichten nicht entsprochen, mit denen ihre Aufnahme verbunden war. Gerade das, was sie von der einheimischen Bevölkerung unterschied, machte die Flüchtlinge für das Herrscherhaus interessant. Der Anbau von Rüben und Hirse konnte gerade die Bevölkerung halbwegs gut ernähren. Wer Handwerke beherrschte, deren Produkte sich exportieren ließen, leistete einen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufstieg.
Es ist oft genug daran erinnert worden: Seit der Römerzeit gab es permanent Zuwanderung in die mitteleuropäische Gegend, in der die deutsche Zunge klingt und aus der erst 1871 der deutsche Nationalstaat entstand. In der Regel war die Zuwanderung für dieses Land und seine Menschen ein Segen. Deutsches Ausschwärmen war in der Regel für die betroffenen Länder ein Fluch. Den „Toleranzedikten“, mit denen zum Beispiel der Alte Fritz verfügte, daß in Preußen „jeder nach seiner eigenen Façon selig werden“ könne, lagen ökonomische Erwägungen zugrunde. Das muß ihren Wert als Fortschritt gar nicht schmälern, sollte aber die Nüchternheit über die Glorifizierung setzen. Man sollte dann auch nicht vergessen, daß Deutschland im Zwanzigsten Jahrhundert Bevölkerungen eroberter Länder versklavte und Menschen zur Sklavenarbeit verschleppte.
In der jungen Bundesrepublik mit ihrem Nachkriegs-Wiederaufbauboom herrschte Arbeitskräftemangel für den Aufstieg zu einer Wirtschaftsmacht, wie es das Deutsche Reich vormals noch nicht war. Aus dem mediterranen Raum kamen die „Gastarbeiter“, was besser klingt als „Fremdarbeiter“.
Heute ist die Bundesrepublik kein Weiterlesen

Neu in der Weltbühne: Religionskritik – Meinungsfreiheit oder Schmähung?

Zwei Neuerscheinungen im PapyRossa-Verlag:
Conrad Schuhler: Alles Charlie oder was. Religionskritik – Meinungsfreiheit oder Schmähung?
110 S. 11,90 Euro
SchuhlerCharlieVerlagstext:
„Ausgehend vom Mord an Mitarbeitern von Charlie-Hebdo und dem ‚Kopftuch-Urteil‘ des Bundesverfassungsgerichts zugunsten einer muslimischen Lehrerin diskutiert Conrad Schuhler Fragen wie: Was wurde aus der von Kant formulierten Aufforderung, der Mensch solle sich ‚aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit‘ befreien und ’sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen‘ bedienen? Hat Marx recht, wenn er Religion als ‚Opium des Volkes‘ bezeichnet, das sich ein Ideal im Himmel erträume, statt seine weltliche Wirklichkeit human zu gestalten? Kann man, wie manche Religionskritiker, eine einzelne Religion, den Islam, als dümmste von allen ansehen? Und schließlich: Kann Satire sich unterschiedslos gegen jedweden religiösen Inhalt wenden? Muss sie nicht bedenken, ob sie sich gegen eine Religion richtet, die im jeweiligen Lande eine überragende Gestaltungsmacht besitzt, oder gegen eine Minderheit, deren fremdenfeindliche Gegner nur auf Munition warten?“

Sebastian Chwala: Der Front National. Geschichte, Programm, Politik und Wähler
143 S. 12,90 Euro
ChwalaFrNaVerlagstext:
„Vielfach ist der Erfolg des Front National unmittelbar mit dem Niedergang der französischen Industrie und der massiv angestiegenen Arbeitslosigkeit begründet worden. Sebastian Chwala widerlegt diese eindimensionale Erklärung und belegt, dass der seit langem andauernde Aufstieg der extremen Rechten in Frankreich viel eher aus der Bedrohung einer breiten ‚Eigentümergruppe‘ durch die Monopolisierungstendenzen des ‚modernen‘ Kapitalismus resultiert. Insbesondere die ’neuen Mittelschichten‘ mit ihren Einfamilienhäusern in den Vorstädten fürchten einerseits ihren Abstieg und andererseits die Konkurrenz neuer sozialer Aufsteiger. Sie sind es, die besonders anfällig sind für die Mystifizierung eines Frankreichs mit breiter Streuung an Eigentum. Die Wirkungsmächtigkeit dieses Ideals wird dadurch verstärkt, dass es von den politischen Eliten unverdrossen propagiert wird. Angereichert um Fremdenfeindlichkeit, spielt es in der Programmatik des Front National eine zentrale Rolle.“

Diese Bücher sind in der Buchhandlung Weltbühne (auch im Versand) erhältlich und sollten auch dort bestellt werden. Aufgeklärten und politisch bewußt denkenden Menschen muß man das nicht erklären. Und die, denen man das erklären muß, bilden sich ihre Aufgeklärtheit und ihr politisches Bewußtsein bloß ein.

Buchhandlung Weltbühne – Gneisenaustraße 226 – 47057 Duisburg
Tel. 0203 -375121
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http://www.buchhandlung-weltbuehne.de

Weltbühne muß bleiben.

Zum Tage

1.
Zitat: „Es ist eindeutig falsch, Kräfte aus dem rechten Spektrum und eine Initiative wie Endgame in einen Topf zu werfen. Die ‚Engagierten Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas‘ (abgekürzt Endgame) sind eine Initiative, die als Gegenpol zu den Demagogen von Pegida (‚Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes‘) entstanden ist und die den Blick statt auf die Pseudo-Bedrohung durch den Islam auf die reale Bedrohung durch den US-Imperialismus richtet.“

2.
Wenn Demagogen Demagogen Demagogen nennen!
Das Zitat (Verfasser: Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, zwei ausgewiesene Knallköppe beziehungsweise Stimmen aus der Friedensbewegung) fand ich auf www.nrhz.de (Online-Medium und Forum diverser Narreteien).
Ich zitierte das schon mal (in DER METZGER Nr. 114) und fügte an: „METZGER-Leser sind da besser informiert.“
METZGER-Leser wurden darüber informiert, daß „Endgame“ eine Nazi-Vorfeldorganisation ist. Diese Information würde aber auch bei zehnmaliger Wiederholung nicht bei denen ankommen, die das nicht wahrhaben wollen.

3.
Es war ein Zufall, daß ich gestern, am Nachmittag, beim Quellenstudium auf diese närrische Textstelle traf, bevor ich am Abend im Radio in einer Sportsendunmg aus Paris eine Detonation hörte.
Sie haben ja gar nicht Unrecht, wenn sie die pauschale „Bedrohung durch den Islam“ in Abrede stellen. Aber so meinen die das gar nicht. In ihrer Eindimensionalität kann es für sie außer der „Bedrohung durch den US-Imperialismus“ gar keine andere geben, auch nicht von islamistischen Terroristen. Wenn sich nicht hier und da in „linken Kreisen“ gerade jetzt klammheimliche Sympathie oder auch nur gewisses Verständnis für Mordbrenner, die sich auf den Koran berufen, erneut regt, beziehungsweise von „objektiven Bündnispartnern“ gefaselt wird (siehe DER METZGER 84 „Gegen die Objektiven“), dann fresse ich einen Besen.
Die Terror-Miliz „Islamischer Staat“ hat sich zu den Attentaten in Paris bekannt, ohne „Täterwissen“ offenbart zu haben. Das Bekennerschreiben ist ein Hinweis, nicht ein tatsächlicher Beweis der wahren Täterschaft. Wenn dieser Vorbehalt in „linken Kreisen“ beziehungsweise unter Verschwörungsparanoikern nicht als Beweis des Gegenteils gedeutet wird, fresse ich noch einen Besen.

4.
Es kann einem angst und bange werden
– angesichts eines asymmetrischen Krieges, der nicht gewonnen werden kann, angesichts von Angreifern, gegen die es keinen Schutz gibt.
– angesichts der zu erwartenden und nicht weniger gefährlichen Reaktionen aus dieser Gesellschaft. Islamistische Fanatiker und Pegida-Fanatiker glauben nur, daß sie gegeneinander stehen. Werden den Idioten, die von hier nach Syrien ziehen, um den IS zu unterstützen, antiislamische Söldner folgen?
– angesichts eines schwachen französischen Präsidenten und angesichts der Weigerung der Bundeskanzlerin, einzugestehen, daß „wir“, die Bundesrepublik und die EU, die Haupt-Fluchtursache sind.
– angesichts sich verschärfender Gefährdung des Weltfriedens. Wenn jetzt Erdogan Truppen nach Syrien schicken will und dann Soldaten einer NATO-Armee in Gefechte mit russischen Truppen geraten, dann hat das was von Weltkrieg.
– angesichts einer Friedensbewegung, deren Diskurs immer mehr von törichtem Wunschdenken und realitätsfernen Stellungnahmen geprägt wird.

… kann ja jeder sagen

Es gibt Menschen, die ein phänomenales Gedächtnis haben und sich darum vielleicht an das „Unsichtbare Komitee“ erinnern, das vor 5 Jahren das Buch mit dem Titel „Der kommende Aufstand“ geschrieben hat. Mehr hat man auch nicht erwartet (mehr als einen Aufstand oder auch ein paar Aufstände).
Doch es ist wieder da! Mit einem neuen Buch (wieder in der Edition Nautilus) bringt es sich in Erinnerung:
Unsichtbares Komitee: An unsere Freunde. Aus dem Französischen von Birgit Althaler. 192 Seiten, Paperback. 16 Euro

nautilus_pbAus dem Klappentext:
„Seit dem Kommenden Aufstand, der …“
… zwar keinen Aufstand, aber
„… eine breite und kontroverse internationale Debatte entfacht hat, sind das Unsichtbare Komitee und seine Freunde bei nahezu allen Aufständen in allen Ecken der Welt dabei gewesen.“

Wer sich als „Unsichtbares Komitee“ konstituiert, kann sich immer rühmen, dabeigewesen zu sein, und hat gleichzeitig immer ein Alibi.
Ich will mit denen, die sich von einem Aufstand etwas versprechen, nicht ungnädig sein. Das Manifest der Manifeste von 2010 hat durchaus etwas zum Fortschritt beigetragen: Es hat sich ganz gut verkauft und ein kleines bißchen zur Stabilität der Buchhandlung Weltbühne beigetragen.

Also: Wenn, dann in der Buchhandlung Weltbühne bestellen. Weltbühne muß bleiben.

Das erste Buch haben wir auch noch vorrätig.
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