Über Gott (live)

Einige Passagen meiner Lesung in der Zeche Carl in Essen am 31. August wurden gefilmt. Heute zeige ich Euch: „Den lieben Gott gibt es. Aber gibt es ihn auch wirklich?“ (aus „Wir bleiben im Bahnhof“).

Ton- und Bildaufzeichnung: Hafenstaedter.
Fortsetzung folgt.

Religion

Die Grundschule hieß, als ich sie besuchte, noch „Volksschule“: in den 50er Jahren. Das war natürlich eine Konfessionsschule. Als Siebenjähriger empfing ich erste Unterweisungen in der katholischen Religion.
Das interessierte mich alles lebhaft. Aber manchmal hatte ich mit theologischen Fragen doch so meine Schwierigkeiten.
Einmal wandte ich mich an den Kaplan de Pöhl:
„Gott weiß doch alles auch schon vorher, nicht?“
„Ja.“
„Aber dann hat Gott doch auch schon vorher gewußt, daß Adam und Eva sündigen.“
Ein siebenjähriges Kind hatte Gott dabei erwischt, wie er so tat als wüßte er von nichts. Der Kaplan strich mir übers Haar. „Ein Intellektueller!“ dachte er bestimmt. Dann sprach er zu mir ein paar Glaubensworte, denen der Siebenjährige nichts entgegensetzen konnte, die ihn aber auch nicht überzeugten. Dem Kaplan (dem eine große Karriere in der Kirche bevorstand) war in weitaus größerem Maße als mir bewußt, welche Ungeheuerlichkeit sich da zutrug: Daß da einer den ewigen Glaubensdingen beikommen wollte mit Logik! Ja, sogar noch mit kritischer Logik! Aber der junge Kaplan war weise genug, der satanischen Logik mit einem milden Lächeln zu begegnen. Denn er hatte die Gewißheit auf seiner Seite, die sich hinter dem milden Lächeln verbarg: „Du bist ja noch so jung, mein Kind. Diese kritischen Fragen, die werden wir dir noch beizeiten abgewöhnen. Dafür sind wir ja schließlich da.“ Wer den weiteren Verlauf meines Lebens kennt, der lernt, daß die Gewißheiten eines Kaplans manchmal auch trügerisch sein können.

Volksschule Duisburg-Buchholz

Volksschule Duisburg-Buchholz

Biblische Geschichte hatten wir bei Fräulein Tischer, 23 Jahre alt. Die brachte ich gleich zweimal durch das Berühren theologischer Grundsatzfragen in arge Verlegenheit.
Fräulein Tischer wollte uns auf anschauliche Weise klarmachen, daß Jesus, bevor er als Erlöser tätig wurde, ein ganz normales Kind gewesen sei, so wie wir. Überhaupt sei bei Mariaundjosefs alles ganz alltäglich zugegangen. Als die Familie von Bethlehem nach Nazareth zurückgekehrt war, habe auf den Möbeln soo dick der Staub gelegen, berichtete sie uns. Das Bild der Muttergottes mit Schrubber und Aufnehmer hat sich mir eingeprägt. Und Jesus – nun, der hätte mit den anderen Kindern Indianer gespielt.
Ich meldete mich.: „Frollein?“
„Ja?“
„Der kann doch gar nicht Indianer gespielt haben.“
„?“
„Amerika war doch noch gar nicht entdeckt.“
Fräulein Tischer antwortete nicht. Sie wußte nicht, was sie hätte sagen sollen. Ich für mein Teil hatte übrigens nicht den geringsten Zweifel, daß Jesus als Gottessohn die Existenz eines noch nicht entdeckten Kontinents durchaus bekannt war. Aber ich hielt Jesus doch für so klug, daß er Gleichaltrigen gegenüber mit seinem Wissen hinterm Berge hielt. Oder hätte er denen vielleicht sagen sollen: „Wir spielen jetzt Ureinwohner eines Erdteils, der in knapp anderthalb Jahrtausenden entdeckt werden wird“? Die hätten doch gesagt: „Mit dem spielen wir nicht mehr!“
Fräulein Tischer versuchte auch, uns die Arche Noah zu erklären. Auf seine Arche nahm Noah von jeder Tierart zwei Exemplare mit: ein Männchen und ein Weibchen.
Ich meldete mich. „Frollein?“
„Ja?“
„Hat der von allen Tieren welche mitgenommen?“
„Ja.“
„Von allen?“
„Ja.“
„Auch Fische?“
Fräulein Tischer schnappte nach Luft. Schließlich fiel ihr die Antwort ein: „Dafür hatten sie Eimer mitgenommen.“
Ich setzte mich wieder hin. Ich war enttäuscht. Fräulein Tischer hatte den Sinn meiner Frage nicht verstanden. Es beunruhigte mich, von einer Lehrerin unterrichtet zu werden, der es an Einsicht ermangelte von der völligen Überflüssigkeit des Unterfangens, Fische vor dem Ertrinken zu retten.

Der Witz am Sonntag

Eine ältere Dame aus der Bundesrepublik ist nach Rom gereist. Dort nimmt sie an einer großen Papst-Audienz teil und kann sogar ein paar Worte mit dem Papst wechseln. Sie sagt:
„Heiliger Vater! In letzter Zeit bekommen Sie dauernd Kritik an der Kirche zu hören. Darum will ich Ihnen heute eine kleine Freude machen und Ihnen zum Namenstag gratulieren.“
Der Papst ist erstaunt: „Aber heute ist doch gar nicht Benedikt.“
„Nein. Aber heute ist der Sechzehnte.“

Der Witz am Sonntag (diesmal mit Bart)

Eine der ersten Dienstreisen von Papst Benedikt XVI. ging in eine italienische Bischofsstadt. Der Papst wurde in einem dicken Auto dorthin chauffiert. Unterwegs fragte der Papst seinen Fahrer, ob er ihn nicht mal ans Steuer des Wagens lassen könnte, er habe große Lust, nach langer Zeit mal wieder selbst Auto zu fahren.
Also wechselten der Papst und der Fahrer die Plätze. Benedikt XVI. fuhr los und drückte auf die Tube. Prompt geriet er in eine Radarkontrolle. Ein Polizist auf einem Motorrad machte sich auf die Verfolgung, stoppte den Wagen, schaute hinein und erschrak. Per Funk wandte er sich an die Leitstelle: Ob er einem Prominenten, einem ganz hohen Tier, einfach so ein Strafmandat ausstellen könne.
Er wurde verbunden mit seinem Vorgesetzten. Auch der wollte in dieser heiklen Angelegenheit nicht entscheiden und verband weiter mit dem Polizeipräsidenten.
Der Polizeipräsident war etwas ungehalten: „Was soll das denn? Wegen eines simplen Strafmandats wegen Geschwindigkeitsüberschreitung rufen Sie mich an? Was ist das denn für ein hohes Tier in dem Auto?“
„Das weiß ich ja nicht. Aber der Papst ist sein Chauffeur!“

*

Das ist natürlich eine komische Vorstellung, daß jemand den Papst als Chauffeur einstellt – und der das dann auch noch macht. Aber wenn ich jetzt in der Zeitung lese, daß in Duisburg soundsoviel katholische Gemeinden aufgelöst und die Kirchen geschlossen werden, ist doch die Frage ganz angebracht, ob die Pastöre nicht als Taxifahrer ihre Gemeindekassen aufbessern könnten. Denn ich finde es bedauerlich, daß jetzt so viele Kirchen zumachen. Ich war nämlich als Atheist immer schon der Meinung: Man soll die Kirche im Dorf lassen.

Sich ‘ne Scheibe dran nehmen

Das hab ich im Fernsehen gesehen: In einer Kneipe in Köln, unter ständigem gemeinsamen Aufstehen – Hinsetzen – Aufstehen – Hinsetzen singen alle: „Erst steigen wir auf, dann steigen wir wieder ab, dann steigen wir wieder auf, dann steigen wir wieder ab, dann steigen wir wieder auf, und dann steigen wir wieder ab.“
Was sagt uns das?
Die Kölner verhalten sich eigenartig. Daß der 1.FC Köln in die Bundesliga aufsteigt und wieder absteigt und aufsteigt und wieder absteigt und wieder aufsteigt, das finden die komisch. In Schalke oder Dortmund wäre das nicht so. Dort sind die Fußballclubs sowas wie eine Ersatznation. Aber die Kölner, die nehmen ihren 1.FC Köln gar nicht ernst. Sie nehmen auch ihren Oberbürgermeister nicht ernst. Die nehmen auch ihren Erzbischof nicht ernst.
Da könnte man doch (um es mal nach Art von Piet Klocke auszudrücken) sich ein Beispiel dran abschneiden.

*

Jürgen Becker hat vorgeschlagen, den Islam ruhig ins Rheinland reinzulassen. Mit dem Katholizismus sei man dort doch auch ganz gut fertiggeworden.
Im Vatikan hat man die Art, wie man sich im Rheinland den Katholizismus zurechtbiegt, nicht gut gefunden, und jemanden da hingeschickt, nämlich den Kardinal Meisner. Der aber ist, das muß man sagen, als Erzbischof von Köln eine glatte Fehlbesetzung. Auch der Vorgänger Höffner war nicht die Idealbesetzung. Am besten paßte noch der Frings. Der hatte nämlich eingesehen, daß man da gar nichts machen kann.
Er sagte: „Ihr geht Kohlen klauen? Ja, dann geht Kohlen klauen!

Allgemeine Witzkunde (Nachtrag)

Noch ein jüdischer Witz – auch diesmal wieder der Ausnahmekategorie jener jüdischen Witze zugehörig, die in Israel spielen:
David Ben Gurion wird von einer jungen Israelin gefragt:
„Herr Ministerpräsident, kann es sein, daß Sie zum katholischen Glauben übergetreten sind?“
„Zum katholischen Glauben übergetreten? Ich? Nein! Wie kommen Sie darauf?“
„Ich habe doch selbst gesehen: Als Sie heute früh Ihr Haus verlassen haben, da haben Sie sich bekreuzigt.“
„Ach so! Nein! Das haben Sie mißverstanden. Sie müssen bedenken: Ich bin ein alter Mann, manchmal schon etwas vergeßlich. Ich muß mich morgens immer vergewissern: Hab‘ ich Hut? Hab‘ ich Hose zu? Hab‘ ich Brieftasch‘? Hab‘ ich Brill‘?“
Daß den Zumutungen durch die Religion (ob der eigenen oder einer verwandten) am besten gerade mit mildem Spott am besten beizukommen ist, wird hier demonstriert. Zudem läßt sich mit diesem Beispiel verdeutlichen, daß ein Witz nicht nur durch seine Pointe wirkt, sondern auch durch seinen Klang, seinen Rhythmus. Da wird nicht gefragt „Habe ich auch meinen Hut nicht vergessen?“, sondern: „Hab‘ ich Hut?“. Beachten Sie bitte die witzverstärkemde Wirkung des Apostroph, der dem Witz die vorteilhafte Kürze (Würze) verleiht: Nicht „Brieftasche“ und „Brille“, sondern „Brieftasch‘“ und „Brill‘“!
Daß nicht irgendwer fragt, sondern eine junge Israelin, sollten Sie beim Weitererzählen unbedingt beachten.