Religion

Die Grundschule hieß, als ich sie besuchte, noch „Volksschule“: in den 50er Jahren. Das war natürlich eine Konfessionsschule. Als Siebenjähriger empfing ich erste Unterweisungen in der katholischen Religion.
Das interessierte mich alles lebhaft. Aber manchmal hatte ich mit theologischen Fragen doch so meine Schwierigkeiten.
Einmal wandte ich mich an den Kaplan de Pöhl:
„Gott weiß doch alles auch schon vorher, nicht?“
„Ja.“
„Aber dann hat Gott doch auch schon vorher gewußt, daß Adam und Eva sündigen.“
Ein siebenjähriges Kind hatte Gott dabei erwischt, wie er so tat als wüßte er von nichts. Der Kaplan strich mir übers Haar. „Ein Intellektueller!“ dachte er bestimmt. Dann sprach er zu mir ein paar Glaubensworte, denen der Siebenjährige nichts entgegensetzen konnte, die ihn aber auch nicht überzeugten. Dem Kaplan (dem eine große Karriere in der Kirche bevorstand) war in weitaus größerem Maße als mir bewußt, welche Ungeheuerlichkeit sich da zutrug: Daß da einer den ewigen Glaubensdingen beikommen wollte mit Logik! Ja, sogar noch mit kritischer Logik! Aber der junge Kaplan war weise genug, der satanischen Logik mit einem milden Lächeln zu begegnen. Denn er hatte die Gewißheit auf seiner Seite, die sich hinter dem milden Lächeln verbarg: „Du bist ja noch so jung, mein Kind. Diese kritischen Fragen, die werden wir dir noch beizeiten abgewöhnen. Dafür sind wir ja schließlich da.“ Wer den weiteren Verlauf meines Lebens kennt, der lernt, daß die Gewißheiten eines Kaplans manchmal auch trügerisch sein können.

Volksschule Duisburg-Buchholz

Volksschule Duisburg-Buchholz

Biblische Geschichte hatten wir bei Fräulein Tischer, 23 Jahre alt. Die brachte ich gleich zweimal durch das Berühren theologischer Grundsatzfragen in arge Verlegenheit.
Fräulein Tischer wollte uns auf anschauliche Weise klarmachen, daß Jesus, bevor er als Erlöser tätig wurde, ein ganz normales Kind gewesen sei, so wie wir. Überhaupt sei bei Mariaundjosefs alles ganz alltäglich zugegangen. Als die Familie von Bethlehem nach Nazareth zurückgekehrt war, habe auf den Möbeln soo dick der Staub gelegen, berichtete sie uns. Das Bild der Muttergottes mit Schrubber und Aufnehmer hat sich mir eingeprägt. Und Jesus – nun, der hätte mit den anderen Kindern Indianer gespielt.
Ich meldete mich.: „Frollein?“
„Ja?“
„Der kann doch gar nicht Indianer gespielt haben.“
„?“
„Amerika war doch noch gar nicht entdeckt.“
Fräulein Tischer antwortete nicht. Sie wußte nicht, was sie hätte sagen sollen. Ich für mein Teil hatte übrigens nicht den geringsten Zweifel, daß Jesus als Gottessohn die Existenz eines noch nicht entdeckten Kontinents durchaus bekannt war. Aber ich hielt Jesus doch für so klug, daß er Gleichaltrigen gegenüber mit seinem Wissen hinterm Berge hielt. Oder hätte er denen vielleicht sagen sollen: „Wir spielen jetzt Ureinwohner eines Erdteils, der in knapp anderthalb Jahrtausenden entdeckt werden wird“? Die hätten doch gesagt: „Mit dem spielen wir nicht mehr!“
Fräulein Tischer versuchte auch, uns die Arche Noah zu erklären. Auf seine Arche nahm Noah von jeder Tierart zwei Exemplare mit: ein Männchen und ein Weibchen.
Ich meldete mich. „Frollein?“
„Ja?“
„Hat der von allen Tieren welche mitgenommen?“
„Ja.“
„Von allen?“
„Ja.“
„Auch Fische?“
Fräulein Tischer schnappte nach Luft. Schließlich fiel ihr die Antwort ein: „Dafür hatten sie Eimer mitgenommen.“
Ich setzte mich wieder hin. Ich war enttäuscht. Fräulein Tischer hatte den Sinn meiner Frage nicht verstanden. Es beunruhigte mich, von einer Lehrerin unterrichtet zu werden, der es an Einsicht ermangelte von der völligen Überflüssigkeit des Unterfangens, Fische vor dem Ertrinken zu retten.

Haselmäuse

Die dänische Regierung hat sich entschlossen, etwas für die Haselmäuse zu tun. Um Gefahren von den Haselmäusen abzuwenden, wird sogar überlegt, eine geplante Autobahntrasse zu verlegen. Dazu läßt sie sich von Zoologen den Bewegungsradius von Haselmäusen erklären. Haselmäuse bewegen sich in einem Revier von etwa 200 Metern Durchmesser.
Haselmaus
Ich nutze diese Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen, daß nicht jedes Tier, das „Maus“ genannt wird, auch eine Maus ist. Die Haselmaus gehört nämlich gar nicht zur Nagetierfamilie der Mäuse.
Auch die Spitzmaus ist keine Maus, auch wenn sie so heißt. Die Spitzmaus ist mit den Mäusen nur insoweit verwandt, daß sie gemeinsam mit ihnen zur Klasse der Säugetiere gehört. Die Spitzmaus gehört aber nicht zur Ordnung der Nagetiere, sondern zu den sogenannten Insektenfressern. Sie ist also mit den Igeln und Maulwürfen verwandt.
Insektenfresser sind kleine Sohlengänger mit einem Gebiß aus kleinen spitzen Zähnen. Zu Nagezähnen ausgebildete Schneidezähne hat die Spitzmaus nicht. Im Unterschied zu den Mäusen, die als „Schädlinge“ gesehen werden, macht sich die Spitzmaus durch das Vertilgen von Schädlingsinsekten nützlich. Geringe Sympathie genießt sie allerdings bei den Imkern.
Wenn auch ebenfalls nicht zu den Mäusen zählend, gehört die Haselmaus immerhin zu den Nagetieren. Sie ist mit den Mäusen zwar verwandt, gehört aber zur Familie der Bilche, also zu den nahen Verwandten der Eichhörnchen. Es ihren Verwandten gleichtuend kraxelt die Haselmaus auf Ästen und Zweigen herum und baut etwa zwei Meter über der Erde Nester in Sträuchern.
Haselmäuse sind in Mittel- und Nordeuropa verbreitet. Die dichteste Population von Haselmäusen befindet sich in Dänemark, und zwar auf der Insel Fünen in der Umgebung von Svendborg.
In den Svendborger Gedichten werden allerdings die Haselmäuse an keiner Stelle erwähnt. Wahrscheinlich deshalb nicht, weil ein Gespräch über die Bäume, auf denen die Haselmäuse herumklettern, fast ein Verbrechen ist.

Foto: Björn Schulz / Wikipedia http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Haselmaus.JPG

Bilder von einer Wanderung

Die katholischen Hochfeste, die in den Frühling fallen, wenn es lange hell bleibt, und die zudem gesetzliche Feiertage sind, nutze ich für ausgedehnte Wanderungen durch Wälder, Felder und Siedlungen. So auch am vorigen Donnerstag.
Die dafür verwendete Zeit ist Arbeitszeit.
fl2013-01In dem Haus (in Mülheim) war ich mal zu Besuch (Ende Dezember 1968). Die Geschichte dazu erzähle ich vielleicht ein anderes Mal.
fl2013-02„Ich sage Ihnen Prost! Weil Sie da wahrscheinlich jetzt hingehen!“ (Hat mal ein großer Mann gesagt). Anklicken zum Vergrößern.
fl2013-03Pferderennbahn Mülheim Raffelberg. Da rennen Pferde (manchmal).
fl2013-04Das Wasserkraftwerk an der Ruhr, Mülheim Raffelberg.
fl2013-05Wo aus Wasser Kraft gewonnen wird, ist der Reiher auch nicht weit.
fl2013-06Nebenan: Die Ruhr-Schleuse. Enorme Kräfte! Damit das Wasser macht, was wir wollen!
fl2013-07Donnerwetter!
fl2013-08Wo die Ruhr eine Schleife macht, wurde ein „Schiffahrtskanal“ ausgebaggert, damit die Ruhrkähne den Weg abkürzen können. Sieht aber eher aus wie eine Landschaft für gemütvolles Herumspazieren.
fl2013-09Felder & Weiden auf der Ruhrinsel. Die Saat ist ausgebracht, die Kühe schlafen sicher schon (18.06 Uhr).
fl2013-10Das Gelände soll man nicht benutzen!
fl2013-11Es gibt Leute, die mir nicht glauben, daß der „Schiffahrtskanal“ (Richtung Mülheimer Ruhrhafen) noch von Frachtschiffen befahren wird. Das ist der Beweis! Kommt aber nur noch selten vor, wie es viele Dinge gibt, die nur noch selten vorkommen.
fl2013-12On the Road again! (Da geht’s nach Ruhrort).
fl2013-13Auch in diesem Haus am Schwiesenkamp war ich mal zu Besuch, und zwar Karnevalssonntag 1979, um dem Karnevals-Tralala zu entgehen. Damals lag in ganz Deutschland Schnee, und es gab Verkehrschaos,wie Sie sich wahrscheinlich erinnern. Die Frau, die da unter dem Dach wohnte (eine Schönheit!) ist später nach Aachen gezogen. Ob die immer noch in Aachen wohnt, weiß der liebe Himmel.
fl2013-14Dürrenmatt hat mal eine Geschichte geschrieben über einen Tunnel, in den ein Zug hineinfährt und nie wieder rauskommt. Daß es sich dabei um diesen Tunnel handelte, ist eher unwahrscheinlich.

Bilder von einer Wanderung

Die katholischen Hochfeste, die in den Frühling fallen, wenn es lange hell bleibt, und die zudem gesetzliche Feiertage sind („Christi Himmelfahrt“, Pfingstmontag, „Fronleichnam“) nutze ich für ausgedehnte Wanderungen durch Wälder, Felder und Siedlungen.
Die dafür verwendete Zeit ist Arbeitszeit. Denn im weiten Horizont werden Arbeiten vorbereitet. Man erinnere sich an Nietzsche: „Mißtraue einem Gedanken, der nicht beim Gehen entstanden ist.“

ch2013-01ch2013-02Regattasee in Wedau, vom Start aus gesehen. 2000 Meter.

ch2013-03Kann man sich vorstellen, daß jemand Ruschaub heißt und dauernd erwähnt wird? Ich kann mir das vorstellen.

ch2013-04„Was ist das denn für ein Fotograf?“

ch2013-05Wird ein WASSERTURM in dem Moment, wo er nicht mehr als solcher genutzt wird, zum Kunstwerk? Oder war er es vorher schon? Ich neige zum letzteren. Gilt auch für die Masten der Überlandleitungen.
Sind solche Gedanken produktiv? Oder bin ich ZU WEIT GEGANGEN?

ch2013-06Hier läßt es sich bestimmt gut wohnen.

ch2013-07„Mal ehrlich, Kumpanen, wer von uns möchte da wo-ho-ho-honen?“

ch2013-08ch2013-09Auf den Bahnhof Wedau werde ich immer wieder zurückkommen.

ch2013-10Blick über den stillgelegten, von Renate König in einer Kurzgeschichte beschriebenen Wedauer Rangierbahnhof. (Er war, in Betrieb, der größte Rangierbahnhof der Welt).

ch2013-11Da oben wohnte Onkel Fritz. Der Blick IN DIE WEITE aus dem Wohnzimmerfenster (ganz oben, links) gehört zu dem großen Eindrücken meiner Kindheit.

ch2013-12..

Schöne Postkarten!

In der Verlegenheit, zu den bevorstehenden Festtagen und zum Jahreswechsel Grußkarten an liebe oder unliebe Zeitgenossen verschicken zu müssen, allerdings vom Willen beseelt, die gängigen Kitschkarten zu vermeiden?
Jetzt ist auch die Saison, in der Neujahrskarten angeboten werden, mit deren Verkaufserlös ein wohltätiger oder mildtätiger Zweck gefördert wird.
Das tu ich jetzt auch. Dieses Angebot geht allerdings über die Wohltätigkeit und Mildtätigkeit hinaus. Gefördert wird in diesem Fall ein subversiver Zweck.
Mit dem Verkauf der Postkarten der SITUATIONSPRESSE kann/soll/darf der akute Überlebenskampf der Buchhandlung Weltbühne unterstützt werden.
Drei Serien werden angeboten. Sucht Euch eine aus (oder nehmt alle drei).
Die angegebenen Preise einschließlich Versandkosten.
Bestellungen richtet bitte an:
bestellungen@buchhandlung-weltbuehne.de
Dann wird mit Rechnung geliefert.
Oder: per Brief an Buchhandlung Weltbühne, Gneisenaustraße 226, 47057 Duisburg.
In diesem Fall sollte der Bestellwert als V-Scheck oder in Briefmarken (kleine Werte!!) beigelegt werden, wobei ich nichts dagegen habe, wenn der Bestellwert aufgerundet wird (jawohl, so stehen die Dinge).
(Man kann natürlich auch vorbeikommen und sich eine eigene Auswahl aus dem Kartensortiment zusammenstellen).

Einige der angebotenen Motive sind zugegebenermaßen „unanständig“, wodurch sie sich für einen Wunsch für ein glückliches neues Jahr besonders gut eignen.

Serie 1: Postkaten nach Entwürfen von Magda Gorny.
7 Postkarten: 8 Euro

Serie 2: Stadt-Mauer-Ansichten, fotografiert von Heinrich Hafenstaedter.
6 Postkarten: 7 Euro

Serie 3: Bilder aus dem Weltbühne-Universum.
6 Postkarten: 7 Euro

WELTBÜHNE MUSS BLEIBEN!

Aus der Serie „Komische Gespräche“

„Was haben Sie für ein Hobby?“
„Ich sammle Spechte.“
„Sie sammeln Spechte?“
„Ja. Gestern habe ich ein sehr seltenes Exemplar eines Glasspechts erworben.“
„Ein Glasspecht?“
„Jawohl. Sie haben sicherlich schon einmal vom Schwarzspecht, vom Grünspecht und vom Buntspecht gehört. Diese drei Species der Familie Spechte bilden zusammen die Obergattung der Baumspechte, auch Holzspechte genannt. Die Baumspechte beziehungsweise Holzspechte hacken Höhlen in Baumstämme, um darin ihre Nester zu bauen. Im Wald ist das charakteristische Geräusch, das durch das Aushöhlen von Holz entsteht, kilometerweit zu hören. Auch wenn man einen Specht selten sieht, hat man doch schon oft Spechte beim Holzbearbeiten gehört. Auch der Glasspecht macht sich durch sein artspezifisches Geräusch bemerkbar: ‚Teckteckteck‘ hört man, wenn der Glasspecht mit seinem Schnabel auf Fensterscheiben klopft. Die Glasspechte und die Holzspechte bilden zusammen die Unterfamilie der Realspechte. Wohingegen die Unterfamilie der Raketenspechte…“
„Realspechte? Holzspechte? Glasspechte? Raketenspechte? Teckteckteck? Jetzt hören Sie mal zu!“
Tipptipptipp! (tippt mit dem Zeigefinger der linken Hand gegen die Stirn).

Am Telefon

Ich spreche mit Marita. Sie fragt nach meinem Befinden. Ich antworte:
„Ich bin so müde!“
„Ich bin auch müde.“
„Aber ich bin die ganze Zeit müde, schon seit Tagen. Ich bin ständig müde.“
„Das kommt von dem Wetter. Das ist der Herbst. Das macht uns alle müde. Wenn du ein Bär wärst, dann würdest du dich jetzt auf deinen Winterschlaf vorbereiten.“
„Da habe ich es als Mensch aber besser getroffen.“
„Meinst du.“
„Ja. Ein Mensch zu werden war das beste, was mir passieren konnte.“