Leon Weintraub an Friedrich Merz

Offener Brief des Auschwitz-Überlebenden an den Kanzler-Aspiranten.

„Bleiben Sie Mensch, Herr Merz“

Leon Weintraub (99) hat Auschwitz überlebt. Nun wendet er sich mit einem dringenden Appell an den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz.

Sehr geehrter Herr Merz,
voller Schrecken verfolgen meine Frau und ich Ihre derzeitige Politik. Als 99-jähriger Überlebender vom KL-Auschwitz und Häftling in Flossenbürg-82702, sowie auch anderen Lagern wende ich mich an Sie, Herr Merz, mit der dringenden Bitte, dieses menschenfeindliche „Zustrombegrenzungsgesetz“ nicht weiter zu behandeln.
Dringende Korrekturen in der Migrationspolitik sind sicherlich notwendig. Aber doch bitte nicht in der von Ihnen durchgeführten, verfassungswidrigen und rechtsradikalen Form. Arbeiten Sie mit Vernunft, mit demokratischen Parteien und vor allen Dingen unter den geltenden Gesetzen des deutschen Staates und der Europäischen Union. Die Folgen Ihrer derzeitigen Politik führen bereits schon wieder zu einer Fremdenfeindlichkeit und Polarisierung in der Gesellschaft, die wir Überlebenden des Holocausts so bitter am eigenen Leibe erfahren mussten. Arbeiten Sie mit demokratischen Parteien und Menschen guten Willens. Wenden Sie sich ab von rechtsradikalen Parteien in Deutschland und tragen Sie nicht zu eventuellen Triumphen im rechtsradikalen Lager bei.
Ich habe als Überlebender sehr unter der Propaganda und der Verblendung der Mitläufer im sogenannten 1000-jährigen Reich gelitten, ein großer Teil meiner Familie wurde ermordet. Bitte hören Sie nicht auf die Lockrufe der Rechten und vor allen Dingen, nehmen Sie ernst, was diese von sich geben, sie meinen, was sie propagieren! Unser Grundgesetz deklariert: „Asylrecht ist Menschenrecht“. Wir sind als Menschen geboren, bleiben Sie Mensch, Herr Merz.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Leon Weintraub
Evamaria Loose-Weintraub

Dieser Offene Brief wurde von der taz veröffentlicht.
In dem taz-Bericht ist zu lesen:

Antisemiten ist es nicht zu empfehlen, mit Leon Weintraub Streit zu suchen. Einmal, bei einem Besuch in seiner alten Heimatstadt Warschau, begegnete der Auschwitz-Überlebende zwei rechtsradikalen Jugendlichen, die verlangten, dass alle Juden Polen zu verlassen hätten. Die Diskussion endete mit einem Faustschlag, der wohlgemerkt von dem damals 80-jährigen Leon Weintraub ausging.
Dabei ist Weintraub ein zutiefst friedlicher Mensch. Der Mediziner hält auch nichts von Rache an denjenigen, die ihn im Zweiten Weltkrieg gequält haben. „Ich fühle mich als Sieger, nicht als Opfer“, schreibt er in seiner vor drei Jahren erschienenen Autobiographie. Der 99-Jährige gehört zu der immer kleiner werdenden Gruppe von Holocaust-Überlebenden, die sich für Verständigung einsetzen, aber die Geschichte doch wach halten wollen. Und die sich in die Politik einmischen, wenn sie es für nötig halten.
Das hat Leon Weintraub an diesem Dienstag getan. In einem Brief an den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz protestierte er gegen das Zustrombegrenzungsgesetz, dessen Verabschiedung im Bundestag mithilfe der AfD nur knapp scheiterte. „Arbeiten Sie mit demokratischen Parteien und Menschen guten Willens“, forderte Weintraub Merz auf. Das Gesetz sorge für Fremdenfeindlichkeit und eine Polarisierung der Gesellschaft.
Weintraubs Worte haben Gewicht, denn seine Jugend war geprägt von Verfolgung und Mord. Aufgewachsen in einer armen jüdischen Familie im polnischen Łódź, erlebte er als 14-Jähriger die Einrichtung des jüdischen Ghettos durch die Nazis. Er erinnert sich an Leichen, die auf der Straße lagen, an den ständigen Hunger und an seine Zwangsarbeit in einer Werkstatt.
Von Auschwitz nach Groß-Rosen nach Flossenbürg
Im August 1944 wurde er nach Auschwitz deportiert. Von dort kam er in ein Außenlager des KZ Groß-Rosen zur Zwangsarbeit im Stollen eines Berges, in den die Nazis Teile der Rüstungsindustrie verlagerten. Die Torturen gingen im KZ Flossenbürg weiter und endeten im Schwarzwald. Dort hatten sich die SS-Wachen verdrückt, französische Soldaten befreiten die Überlebenden. Leon Weintraub wog noch 35 Kilogramm.
Später studierte er Medizin in Göttingen und lebte ab 1950 in Warschau. Doch auch dort nahm nach dem Sechstagekrieg Israels der Antisemitismus zu. Weintraub verlor seine Stelle in einer Klinik. So wie Tausende Juden verließ er seine Heimat und fand in Schweden eine neue.
Am Dienstag war Weintraub auf der Heimreise von den Gedenkfeiern in Auschwitz nach Stockholm, als er an Merz appellierte: „Bleiben Sie Mensch, Herr Merz.“

VVN über Merz

80 Jahre nach der Befreiung vom deutschen Faschismus ebnet Friedrich Merz den neuen Nazis den Weg. FDP und BSW machen mit.
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde 1947 von überlebenden Widerstandskämpfer:innen und Verfolgten des Naziregimes gegründet. Die letzten, die von ihnen heute noch leben, ihre Angehörigen und alle, die ihnen zugehört haben, erinnern sich mit Schrecken an die Zeit nach dem 30. Januar 1933:
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler einer Koalitionsregierung mit der Deutschnationalen Volkspartei und weiteren nationalkonservativen bis völkisch orientierten Parteien wie Stahlhelm und Rechtskatholiken ernannt.
Am 27. Februar brannte der Reichstag, einen Tag später wurden mit der „Reichstagsbrandverordnung“ sämtliche in der Weimarer Verfassung garantierten Grundrechte außer Kraft gesetzt und in der Folge tausende politischer Gegner:innen verhaftet. Am 22. März werden die ersten Häftlinge in das KZ Dachau gebracht.
Am 27. März beschloss der Reichstag mit dem „Ermächtigungsgesetz“ mit den Stimmen aller Parteien außer der SPD und der inzwischen bereits illegalisierten KPD seine Selbstauflösung.
Am 17. Juli 1933 waren alle Parteien außer der NSDAP verboten, die Organisationen der Arbeiterbewegung zerschlagen, Tausende geflohen, Zehntausende verhaftet.
Der Weg zu Vernichtungskrieg und Völkermord war geebnet.
Die Deutsche Zentrumspartei, in deren politischer Nachfolge die CDU steht, hat durch eine zunehmend rechtsnationalistische Positionierung und Unterstützung der Politik v. Papens und Brünings in den letzten Jahren der Weimarer Republik wesentlich zum Aufstieg der NSDAP beigetragen. Als vor weniger als einem Jahr der 75. „Geburtstag“ des Grundgesetzes gefeiert wurde, wurde auch daran erinnert, dass es als Gegenentwurf zum Nazi-Staat die Grundlage für eine Demokratie sein sollte, die nie wieder Faschismus ermöglicht.
Am „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“ am 27. Januar – also vor drei Tagen – fand Friedrich Merz noch angemessene Worte. Allerdings hatte er da schon angekündigt, seine „Fünf Punkte für sichere Grenzen und einen Stopp der illegalen Migration“ auf Grundlage einer imaginierten „außergewöhnlichen Notsituation“ mit den Stimmen der Höcke-AfD im Bundestag verabschieden zu lassen. Einen Tag vor dem 30. Januar war es soweit.
Nicht nur mit Zurückweisungen an den deutschen Grenzen verlassen CDU/CSU den Boden des Grundgesetzes, tatsächlich verstoßen viele ihrer Forderungen eindeutig ebenso gegen europäisches oder internationales Recht. Das schert Merz so wenig wie die absehbare Folge, dass der gemeinsam erzielte „Erfolg“ nicht die CDU, sondern die im Kern faschistische AfD stärken wird.
Dass auch FDP und BSW sich an diesem massiven Schritt zum Abbruch der vielbeschworenen „Brandmauer“ beteiligen, zeigt wie wenig ihnen die Demokratie bedeutet. Selbst wenn – wie im Vorfeld der Abstimmung veröffentlichte Umfragen nahelegen – eine Mehrheit der Wähler:innen diesen Bruch mit Menschenrecht und Grundgesetz wünscht: Demokratie basiert auf dem Respekt vor Menschen und Menschenrecht, auf Solidarität und nicht auf Ressentiment und Ausgrenzung.
Es ist höchste Zeit:
Alle gemeinsam gegen den Faschismus und Kollaboration – alle gemeinsam auf die Straße!
AfD-Verbot – jetzt!

Bundessprecher*innenkreis
Berlin, 30. Januar 2025

Film im ZDF über die Wannseekonferenz

„Erinnern an Auschwitz“ – ein Gebot, das in diesen Tagen erörtert wird und bekräftigt werden muß – dazu gehört auch: sich Kenntnisse zu verschaffen – und zu vermitteln.
Ich verweise auf den Film „Die Wannseekonferenz“ von Matti Geschonneck, zu sehen in der ZDF-Mediathek.

Zu dem Film gehört eine 44minütige Dokumentation, in der die Auschwitz-Überlebende Margot Friedländer über ihre Erlebnisse berichtet.

..

80 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee

Erklärung des es Auschwitz-Komitees zum 80. Jahrestag der Befreiung durch die Rote Armee am 27. Januar 1945

80 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945
Ich appelliere an alle Menschen:
Bitte, bitte schweigt nicht, wenn ihr Unrecht seht.
(Esther Bejarano)

Denn das geht uns alle an.
Wir leben in einem Land, das Auschwitz geplant, gemacht, verursacht hat. In einem Land, das für Auschwitz verantwortlich ist. Das ist so. Ausflüchte gibt es da nicht. Und auch keine Vergleiche oder Relativierungen. Wer aber, wie wir, den Überlebenden der Shoah zugehört hat, und ganz besonders unserer langjährigen Vorsitzenden Esther Bejarano, fragt sich: Leben wir heute hier in einer Gesellschaft, die das, was geschehen ist, ein organisierter Massenmord, wieder geschehen lassen würde? Die Frage beunruhigt. Primo Levi hat sie beantwortet: Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen.
Was ist aus den großen Hoffnungen der Menschheit geworden, jetzt, 80 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945? Die großen Zukunftsfragen der Menschheit – der Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen, Migration, Hunger, Armut, soziale und finanzielle Spaltung – brauchen die gesamte Energie aller. Stattdessen: Antisemitismus, Rassismus und offener Hass in fast allen Gesellschaften weltweit, militärische Krisen und Kriege vielerorts, Egoisten und Autokraten sind an der Macht.
Sie reden vom Klimawandel, vertreten aber die Interessen der Erdöl-, Kohle- und Autoindustrie. Sie reden über Frieden, sind aber selbst die größten kriegführenden und rüstungsproduzierenden Staaten. Wir wissen doch: Kriege und Unterdrückung bedeuten Vertreibung und Flucht. Jede Waffe, die in Krisenregionen verkauft wird, schafft neues Leid, neue Vertreibungen.
Seit dem 24. Februar 2022 und dem 7. Oktober 2023 fragen wir uns, was aus unseren Hoffnungen auf ein Leben ohne Angst und ohne Kriege geworden ist. Krieg in der Ukraine – das Nachbarland Russland wirft Bomben auf ukrainische Städte. Menschen sterben. Völkerrecht und Menschenrechte werden missachtet. Ein Krieg in Zeiten des Kampfes gegen die Klimakrise! Ein Man-made-Desaster! Nein, wir wollen nicht lernen, die Bombe zu lieben! Und auch keine Panzer! Und wir wollen uns auch nicht an Hochrüstung und Kriegstüchtigkeit gewöhnen. Dann der Überfall, die Geiselnahmen und grausames Gemetzel der Hamas auf Feiernde in Israel.
Das israelische Militär schlug zurück: Gaza liegt in Trümmern. Wir trauern um die Toten und Verletzten auf beiden Seiten. Seit dem 7. Oktober 2023 steht die Welt Kopf. Wer will diesen Krieg? Wer will dieses Leid? Seit einigen Tagen schweigen die Waffen. Ein winziger Hoffnungsschimmer für friedlichere Zeiten.
Wir müssen uns weigern aufzugeben – wir müssen uns weigern, unseren Traum vom Frieden aufzugeben! Es ist Zeit für Diplomatie. Und mit all unserer Energie – und Militanz – sollten wir für die Ideale von Demokratie, sozialer Gerechtigkeit und für die Befreiung der Menschen von Unterdrückung, Hunger und Krieg eintreten. So jedenfalls hätten unsere Vorbilder, die Überlebenden der Shoah und des Widerstands gegen das NS-Regime gesprochen. Unsere weitsichtigen Gründungsmitglieder haben im Statut des Auschwitz-Komitees unsere Aufgaben festgelegt, große Aufgaben: Aufklärung über das Vermächtnis der in Auschwitz Ermordeten, Erwachsenenbildung, Völkerverständigung, Jugendbildung, Aufklärung über die Verbrechen des Faschismus, Bekämpfung seiner Ursachen und die Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten. Eine andere Welt ist möglich! Eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können. Daran halten wir fest.
Wir sind nicht erst seit den Forderungen der AfD und ihres Vertreters Björn Hocke nach einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ und nach einem „Ende des Schuldkults“ zutiefst besorgt. Wir sehen doch alle, wie der rechte Nationalismus in Deutschland, in Europa und der ganzen Welt wächst. Antifa-Bashing, SA-Vergleiche, absurde Äußerungen zum Nationalsozialismus, Hitlergrüße bei der Inauguration des amerikanischen Präsidenten. Was kommt noch?
Wer hat den Überlebenden der Shoah und den Berichten aus dem Widerstand gegen das NS-Regime zugehört? „Die nächsten Jahre und Jahrzehnte werden zeigen, inwieweit durch das Wissen um die Abgründe der Geschichte die gesellschaftliche Resilienz und Resistenz gestärkt wurden.“ *
„Ich vertraue auf euch, ich vertraue auf die Jugend“, hatte Esther Bejarano immer wieder gesagt. Und auch viele andere Shoah-Überlebende haben das immer wieder bekräftigt.
Haben wir ihr Vertrauen verdient? Wir sind nicht allein. Wir sind viele. Macht mit, denn: „Wer schweigt, stimmt zu! Wegsehen ändert nichts. Schaut hin, handelt!“
Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e. V.

kontakt@auschwitz-komitee.de • mobil: 0175 – 9 374 446 • www.auschwitz-komitee.de

* Detlef Garbe (2014). ÜberLeben als Auftrag. In: Das Haus brennt. Esther Bejarano spricht. Hg. Auschwitz-Komitee,
Hamburg: Dölling und Galitz Verlag, S. 165.

https://helmut-loeven.de/wp-content/uploads/2021/07/EstherBajaranoKeinSchlossstrich.jpg

Esther Bejarano

1924 .- 2021

 

..

VVN erinnert an Esther Bejarano


Brief der VVN-BdA NRW:

Liebe Freundinnen und Freunde,
Esther Bejarano wäre letzten Sonntag 100 Jahre alt geworden. Die Auschwitzüberlebende hat zum 8. Mai folgendes gesagt:
„Der 8. Mai muss ein Feiertag werden. Ein Tag an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Wer Bedenken hat, ob gerade auch Deutsche diesen Tag feierlich begehen sollten, der stelle sich vor, wie würde die Welt heute aussehen, wenn die Nazis damals gewonnen hätten.“
„2025 jährt sich die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus zum 80. Mal“, schreibt die Rheinische Post am 11. Dezember 2024. Damit erkennt sie – ganz wie es Esther Bejarano fordert – an, dass der 8. Mai eben keine Niederlage war. Wir möchten die vielen 80. Jahrestage im kommenden Jahr nutzen, damit der Tag der Befreiung ein Feiertag wird.
Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation FIR planen wir ein Internationales Jugendtreffen in Buchenwald. Anlass ist die 80. Jahrestag der Selbstbefreiung des Lagers am 11. April 1945.
Mit unserem Projekt „Verbrechen der Wirtschaft“ wollen wir gezielt auch auf die Hauptprofiteure am Hitlerfaschismus verweisen. Eine Reihe von Vorträgen und Seminaren sollen belegen, wie wichtig Erinnerung ist, um in der heutigen Zeit richtig zu handeln.
Die AfD ist nicht die einzige Partei im rechten, faschistischen Spektrum. Sie ist jedoch mit Abstand die wichtigste Gruppierung. Sie ist eben keine normale Partei. Deshalb widersetzen wir uns im Januar gegen deren Parteitage in Riesa und in Marl.
Krieg und Faschismus sind zwei Seiten einer Medaille. Wir tun alles dafür, dass nie wieder Krieg und nie wieder Faschismus möglich sind. Selbstverständlich beteiligen wir uns an allen Friedensaktivtäten, wie den Ostermärschen, in Kalkar. Wir haben dazu aufgerufen den „Berliner Appell“ zu unterschreiben.
Macht mit bei allen Aktivtäten, die sich gegen den wieder aufkommenden Faschismus richten und die dem Erhalt des Friedens dienen. Schreibt uns oder ruft an!
Zunächst jedoch wünschen wir euch wunderbare Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Herzlichen Gruß
Falk Mikosch, Silvia Rölle
Landessprecher*in VVN-BdA Nordrhein-Westfalen

Spiel ohne Grenzen. Das Buch von Lothar Röse

Auf dieses Buch wurde hier schon ausführlich hingewiesen. Es hat an Aktualität in den anderthalb Jahren nach dem Erscheinen nicht eingebüßt, sondern zugenommen.

Lothar Röse: Spiel ohne Grenzen. Beiträge zum Problem der Freiheit. Situationspresse 2023. 280 S. Pb. Mit Abbildungen und Tabellen.
Das sagt der Klappentext:
Die „Nachspielzeit zur regulären Neuzeit“ ist inzwischen abgelaufen; wir leben im „Zeitalter des Epilogs“ mit der vorherrschenden „Haltung von Endverbrauchern“. Die Moderne war schon längst nicht mehr modern, und Fragen zur Postmoderne oder zur Globalisierung sind unterdessen – auch von der Realität – so überholt, daß es fast müßig erscheint, sich von ihrer Beantwortung noch etwas zu versprechen. Wenn auch prinzipiell noch offen ist, was nach dem ›Theater der Moderne‹ in der nächsten Saison auf dem Spielplan stehen wird, so sprechen doch unverkennbare Anzeichen dafür, daß einige Aufführungen, sofern sie sich denn auf die »geistige Situation der Zeit« einlassen, einen großen Zorn auf die (Welt-)Bühne bringen, während andere den Rückzug in eine neue Innerlichkeit, gleichsam ein digitales Biedermeier inszenieren werden.
Rasend entwickeln sich die Mittel (der Technik), die, wenn sie sich darüber nicht selbst zum Zweck geworden sind, sich immer verdächtig dem Arkanum der Macht fügen. Zu den ersten Opfern der großen Verwirrung gehören sowohl der Begriff als auch die Sache der Freiheit, die den Falschen in die Hände gefallen, gar zum Unwort geworden ist, so als sei alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist oder als erschöpfe sie sich in der bloßen Abwesenheit von Zwang.
Statt also auf gnädige Besserung zu hoffen, tut nach wie vor die gründliche Auseinandersetzung mit dem not, was an Zeichen und Symptomen allenthalben wahrnehmbar ist: „Die Kritik bleibt nunmehr Bedingung dessen, was werden könnte, aber … ihre wahre Aufgabe ist, den Sachen nahe zu kommen und zu sagen, was ist.“ Mehr nicht.

Was der Klappentext vornehm verschweigt: Auf diesen Seiten ist viel zu erfahren über Wesen und Geschichte der USA, und ich behaupte, daß es zum besten und kenntnisreichsten gehört, was in den letzten Jahren zum Thema veröffentlicht wurde.
Der größte Abschnitt dieses Buches ist der Geschichte der Außenpolitik der USA – seit ihrem Eintritt in die Weltpolitik – gewidmet. Trump, als Poltergeist wahrnehmbar, ist ebenso wahrnehmbar als logische Fortführung US-amerikanischer Machtpolitik.

Der zitierte Klappentext hat unüberhörbar einen pessimistischen Unterton. Dieser Pessimismus ist produktiv, wenn man sich davon nicht anstecken, sondern informieren läßt.

Lothar Röse: Spiel ohne Grenzen. Beiträge zum Problem der Freiheit. Situationspresse 2023.
280 S. Pb. 28 €
ISBN 978-3-935673-51-8
Überall im Buchhandel und sogar am Amazonas zu besorgen – oder am besten in der Buchhandlung Weltbühne (im Laden oder per Post)
Buchhandlung Weltbühne, Gneisenaustraße 226, 47057 Duisburg (Neudorf). 0203-375121
bestellungen@buchhandlung-weltbuehne.de

Wege zum Ruhm

„The paths of glory lead but to the grave.“
Thomas Grey

Wege zum Ruhm ist ein Film von Stanley Kubrick aus dem Jahr 1957 mit Kirk Douglas in der Hauptrolle.
Kubricks Werk ist einer der besten Antikriegsfilme und ein Plädoyer für Antimilitarismus. Der Film ist eine Parabel auf militärische Herrschaftsstrukturen und ein Bekenntnis gegen die Todesstrafe.
Der Film behandelt ein Ereignis in Frankreich während des Ersten Weltkriegs.

Der Stellungskrieg in Frankreich forderte hunderttausende Todesopfer.

Zitat: „Patriotismus ist die letzte Zuflucht eines Schurken.“

„Schonungslose Anklage gegen das Verbrechen des Krieges und die Ruhmsucht der Militärs. Der mit einem Budget von nur 900.000 Dollar in Deutschland gedrehte Film gilt als einer der besten Antikriegsfilme überhaupt. Realistisch, zeitlos, erschütternd glaubhaft; eine erstaunliche Leistung für den damaligen Neuling im Regiefach.“
– Lexikon des internationalen Films

„Kubrick … geißelt den sinnlosen Krieg … Seine genaue Psychostudie zeigt das niederschmetternde Fazit militärischen Denkens. (Wertung: außergewöhnlich)“
– Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz: Lexikon „Filme im Fernsehen“

Die Verbreitung des Films wurde in einigen Ländern jahrelang behindert und sogar verboten. Um die Verwirklichung des Projekts zu ermöglichen, verzichtete Hauptdarsteller Kirk Douglas auf eine Gage.

Der Film wurde gestern auf Arte gezeigt. In der Mediathek ist er noch bis zum 10.12.2024 verfügbar.
Der Film beantwortet die Demagogie der „Kriegstüchtigkeit“.

Stimmungssänger

Heute früh (nota bene 9. November!) im Radio: Scorpions „Winds of Change“. So richtig zum Ernstdreinschauen.
… follow the Moskva … Gorky Park
Was wissen die von Gorky?

Moskau 1990. Wenn alte Männer und alte Frauen, die, als sie jung waren, ihr Leben in die Schanze warfen, um die Menschheit von Hitler zu erlösen, nun in Mülltonnen nach etwas Essbarem suchen müssen, dann ist das ein Zustand, den man nicht befeiern sollte!

Künstler sollen sich nicht vor den Karren der Macht spannen lassen.

Ekelhaft!

Israel im Krieg


Israel im Krieg, Sonderausgabe (Nr. 8) des DISS-Journals.
Unter der Redaktion von Jobst Paul zusammengestellte großformatige (Din A 4) und umfangreiche (143 Seiten) Dokumentation.
Vorgeschichte, Fakten, Entwicklungen, Resultate – und deren Widerspiegelung in Berichten und Kommentaren.
Die Dokumentation wird von der Buchhandlung Weltbühne angeboten: im Laden für 4 €, im Versand für 6 €.
Der Preis steht im Impressum (als „Schutzgebühr“). Ich bitte alle Interessenten, noch etwas draufzulegen, denn das DUISBURGER INSTITUT FÜR SPRACH- UND SOZIALFORSCHUNG braucht dringend Geld, und wir brauchen das DISS.

20. Juli

Der 20. Juli 1944 (heute vor 80 Jahren) ist ein schwieriges Datum, auch noch in der jetzigen Zeit.
Ein Faktum sollte bei der Betrachtung beachtet werden: Nach dem 20. Juli dauerte der Weltkrieg noch weitere 9 Monate. In diesen 9 Monaten haben mehr Menschen durch den Krieg ihr Leben verloren als in den 5 Jahren davor.
Das Datum soll Anlass sein, an den evangelischen Geistlichen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) zu erinnern, der am 20. Juli schon (wegen „Wehrkraftzersetzung“) in Haft war. Er gehörte zum weiteren Kreis um die „Verschwörer“ des Attentates vom 20. Juli.
P.S.: Gegen die DUMMHEIT kämpfen selbst die Götter vergebens. Der Kampf gegen die DUMMEN bleibt darum erste Bürgerpflicht.

Angriff auf Lebenshilfe in Mönchengladbach

Von der VVN-BdA kam diese Mitteilung:

Liebe Freundinnen und Freunde,

bitte beteiligt euch an der Solidarität mit der Lebenshilfe in Mönchengladbach:

Solidaritätsbekundung | 6. Juni ab 17 Uhr

Hauptkirche in Rheydt.
Evangelische Kirchengemeinde Rheydt
Wilhelm-Strauß-Straße 34
41236 Mönchengladbach

Die Hintergründe:

Nazi-Angriff auf Wohnheim der Lebenshilfe in Mönchengladbach?
Vor wenigen Tagen wurde eine Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung der Lebenshilfe in Mönchengladbach Opfer eines mutmaßlich rechtsextremen Angriffs. Der Geschäftsführer der Lebenshilfe, Özgür Kalkan, ist fassungslos darüber, was passiert ist. Mitarbeitende seines Wohnheims für Menschen mit Behinderung haben am Morgen die Polizei gerufen, als sie neben einer beschädigten Tür einen Ziegelstein mit der Aufschrift „Euthanasie ist die Lösung“ fanden.

Rechtsextreme Wortwahl auf Tatwaffe
Die Aufschrift legt nahe, dass Rechtsextreme für den Angriff auf die Lebenshilfe-Einrichtung verantwortlich sein könnten. Das sogenannte „Euthanasieprogramm“, das Adolf Hitler im Jahr 1939 erlassen hat, wurde für Hunderttausende behinderte und psychisch-kranke Menschen zum Todesurteil.

Nicht die erste Beschädigung einer Lebenshilfe-Einrichtung
Erst am vergangenen Pfingstwochenende haben Unbekannte die Geschäftsstelle der Lebenshilfe ebenfalls mit einem Ziegelstein beschädigt. Die ist nur wenige Kilometer vom Wohnheim entfernt. Özgür Kalkan ist bisher von Vandalismus ausgegangen. Jetzt erscheine aber auch diese Tat in einem anderen Licht, sagt er. Der Lebenshilfe-Geschäftsführer hat Sorge, dass seine Einrichtungen oder die Bewohnerinnen und Bewohner zur Zielscheibe rechtsextremer Gewalttaten werden könnten.

Polizei und Staatsschutz ermitteln in der Sache. Auch, inwieweit sie möglicherweise im Zusammenhang mit einer versuchten Brandstiftung an einem SPD-Parteibüro vor einem Monat stehen könnte.

150 Jahre Karl Kraus

Bild (C) wikimedia commons

Am 28. April 1974, gestern vor 150 Jahren, wurde Karl Kraus geboren. Er lebte bis 1936, hat also den Weltkrieg erlebt und ebenso das Herannahen eines zweiten.
Er gab seit 1899 in Wien die Zeitschrift Die Fackel heraus, in der er auf tausenden von Seiten als ein konsequenter (man könnte sagen: radikaler) und gefürchteter Kultur-, Gesellschafts- und Sprachktritiker wirkte. Eines seiner Werke erschien unter dem Titel „Untergang der Welt durch schwarze Magie“. Mit der schwarzen Magie ist die Druckerschwärze der Zeitungen gemeint, denn Kraus sezierte und kritisierte die Presse als menschheitsgefährdende Phrasendrescherei. Unter „Sittlichkeit und Kriminalität“ wird die zerstörerische spießbürgerliche Moral überführt.

Auf zwei Werke verweise ich, die neben der Fackel als Hauptwerke gelten können (und wahrgenommen werden sollten):

Die letzten Tage der Menschheit.
Dieses wohl unspielbare Theaterstück – eine Aufführung würde mehrere Tage dauern, und es müßten mehrere hundert Personen auftreten – berichtet: Der Weltuntergang hat schon stattgefunden, nämlich von 1914 bis 1918.

Dritte Walpurgisnacht.
„Mir fällt zu Hitler nichts ein“ – so lautet der erste Satz in dieser umfangreichen Dokumentation, oft zitiert und oft mißverstanden, wie auch „Ich bleibe stumm und sage nicht warum“ womit er eine Unterbrechung des Erscheinens der Fackel begründete.
Beschrieben wird das „Erwachen einer Nation“ in den ersten Monaten des sog. „Dritten Reiches“, aufgezählt aus öffentlich zugänglichen Quellen. Die Schtift wurde posthum, nämlich 1952 veröffentlicht. Sie widerlegt die Legende, man habe „von alledem ja nichts gewußt“ und das Unheil wäre ja erst später sichtbar geworden.


..

Übermorgen ist Internationaler Frauentag. Unsere Buchempfehlung.

Unsere Buchempfehlung zum Internationalen Frauentag:
Florence Hervé (Hg.): Ihr wisst nicht, wo mein Mut endet. Europäische Frauen im Widerstand gegen Faschismus und Krieg. PapyRossa Verlag 2024. 318 Seiten, mit 34 s/w-Abb. 22,90 €.


Die hier porträtierten Frauen kamen aus mehr als zwanzig europäischen Ländern, aus dem faschistischen Deutschland, aus besetzten und nicht besetzten Regionen. Allesamt widersetzten sie sich der Terrorherrschaft des deutschen Faschismus und dem in weiten Teilen des Kontinents tobenden Krieg. Sie beteiligten sich an verschiedensten Aktionen des antifaschistischen Widerstands, auch transnational, übernahmen Verantwortung und waren immer wieder auch unter Waffen im Einsatz. Sie kämpften für Freiheit, Frieden, Menschenwürde und Solidarität, sie riskierten ihr Leben – und trugen zur Befreiung bei. Dabei emanzipierten sich viele auch von traditionellen Geschlechterrollen. Noch immer sind viel zu viele Widerstandskämpferinnen unsichtbar. Anknüpfend an den Band »Mit Mut und List« werden rund 80 weitere Frauen vorgestellt. Wissenschaftlerinnen und Journalistinnen aus ganz Europa tragen dazu bei, ihnen ein Gesicht zu geben und ihre Geschichte zu erzählen, dem Vergessen ein lebendiges Erbe entgegenzusetzen. Diese Frauen machen Mut für das heutige Auftreten gegen Neofaschismus, Rechtspopulismus, Rassismus, Sexismus und Krieg.
Mit Beiträgen von Sabine Bade, Nadja Bennewitz, Tina Berntsen, Gisela Blomberg, Bärbel Danneberg, Irene Fick, Cristina Fischer, Frauke Geyken, Elena Gapova, Mechthild Gilzmer, Christiane Goldenstedt, Lia Gorter, Adrienne Harris, Steven G. Jug, Mari Jonassen, Sabine Kebir, Beate Kosmala, Martina Kuoni, Kathrin Mess, Ulrike Müller, Gisela Notz, Eva Pfister, Regina Plaßwilm, Christiana Puschak, Ramona Saavedra Santis, Helga W. Schwarz, Sasha (Alexandra) Talaver sowie der Herausgeberin Florence Hervé.
Florence Hervé, Dr. phil., ist Journalistin, Dozentin und Autorin. Zahlreiche Veröffentlichungen, darunter »Mit Mut und List« sowie Text-Bild-Bände zum Massaker von Oradour (1944) und zum KZ Natzweiler-Struthof. Als sie das Bundesverdienstkreuz erhalten sollte, verzichtete sie darauf – u.a. mit dem Hinweis auf eine unzureichende Bekämpfung von Neonazismus und Rassismus sowie auf eine ungenügende Anerkennung des antifaschistischen Widerstands.

Das Buch erscheint Mitte des Monats. Um Vorbestellung wird gebeten.

Bestellt dieses Bucher, bestellt solche Bücher, bestellt alle Bücher, die Ihr braucht
in der Buchhandlung Weltbühne
(im Laden oder im Versand).
Gneisenaustraße 226, 47057 Duisburg (Neudorf)
Tel. 0203 – 375121
bestellungen@buchhandlung-weltbuehne.de

Bei uns auch noch erhältlich: der Vorgängerband Florence Hervé (Hg.): Mit Mut und List. Europäische Frauen im Widerstand gegen Faschismus und Krieg

WELTBUEHNE MUSZ BLEIBEN !
..