In ein paar Wochen wird der Bundestag gewählt. Diesem Ereignis gingen frühere Wahlen voraus, und die Parteien, die um Aufmerksamkeit werben, geben uns nicht erst in diesen Tagen zu denken. Um die bevorstehende Wahl in die Zeitgeschichte einzuordnen, werden an dieser Stelle einige Kommentare zu Parteien und früheren Wahlen in loser Folge dokumentiert, heute ein Kommentar aus dem Jahre 2008:
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Da gibt es einen, der wurde mit allen Karnevalsorden behängt, die die SPD zu vergeben hat, mit seinem Gesicht auf Wahlplakaten abgebildet, auf Parteitagen bebeifallt und bejubelt, zum Ministerpräsidenten und zum Bundesminister gemacht – und dann sowas!
Wolfgang Clement hatte, bevor in Hessen der Landtag gewählt wurde, erklärt, er würde dort seine Partei, die SPD, nicht wählen. Dies als Aufforderung an die Hessischen Wählerinnen und Wähler, auch das nicht zu tun was er an ihrer Stelle nicht täte, aufzufassen, ist keine Fehlinterpretation. Da geht einer hin, der mal stellvertretender Parteivorsitzender war, und sagt den Leuten: Wählt nicht SPD. Das wäre innerhalb dieser Partei eigentlich kein Grund, darauf zu reagieren. Die sind so. Aber die SPD ist eine Partei. Sie existiert also nicht um ihrer selbst willen, sondern als ein Produkt, das öffentlich präsentiert wird. Immerhin, das weiß sie noch, jedenfalls noch ein paar von ihren verbliebenen Mitgliedern. Und so geschah etwas zum Entsetzen der Parteioberen: Es wurde ein Parteiordnungsverfahren eröffnet mit dem Ziel, diesen komischen Vogel aus der Partei auszuschließen.
Das wäre ein ganz folgerichtiger Vorgang, wenn die SPD nicht die SPD wäre. Wäre die SPD ein Kaufhaus, dann bekäme ein Mitarbeiter, der den Leuten sagt „Kauft nichts bei uns“, eine Gehaltserhöhung, vorausgesetzt, daß er Direktor ist oder sowas. In der SPD hat man nämlich alles richtig zu finden, was von oben kommt.
Da sollte man doch die Gelegenheit nutzen, den loszuwerden, der den Niedergang dieser Partei eifrig vorangetrieben hatte, der sich bei jeder Gelegenheit als inkompetenter Quatschredner ins Spiel bringt, der sich vor allen Leuten immer wieder als arroganter Pinsel, als unerzogener Rüpel aufführt. Da sollte man doch die Gelegenheit nutzen, das ramponierte Image ein bißchen aufzubessern, indem man den Eindruck erweckt, die SPD hätte wenigstens noch so viel Schneid, so einen hochkantig rauszuwerfen. Aber bei der SPD klappt sowas nicht, weil die SPD die SPD ist.
Um die SPD zu verstehen, reichen die Kategorien der Politologie nicht aus. Man muß die Psychologie und die Chaosforschung hinzuziehen. Er hat es nach oben geschafft, also gilt er, der sich an die Industrielobby verkauft hat, als unabhängig, also gilt er, aus dessen Mund nur dummes Zeug kommt, als Querdenker.
Es wäre ja auch komisch, wenn der Clement aus der SPD fliegen würde. Das wäre ein Novum. Seit langem ist es in der SPD üblich, solche Mitglieder als Störenfriede zu erkennen, die sich auf das Programm und auf die Parteitagsbeschlüsse berufen. Unter Schmidt wurde das auf die Spitze getrieben. Wer da etwa auf Parteitagsbeschlüsse hinwies, den traf der Bannfluch des allerhabenen, unfehlbaren Bundeskanzlers. (Eigentlich müßte der Bundeswahlleiter mal untersuchen, ob die SPD eigentlich noch als Partei bezeichnet werden kann). Soll der Clement doch in der SPD bleiben. Das schadet ihr zwar, aber das Gegenteil schadet ihr nicht weniger. „Wählt nicht SPD“ – das ist in Worte gefaßt das, was die SPD ohnehin tut, es ist das Motto ihres Handelns.
Der Beck mußte abtreten, weil er „keine gute Figur machte“. Ach! War dieser ungelenke Provinzialist nicht gerade noch als jovialer, bodenständiger Volks-Typ ins Rennen geschickt worden? Die SPD traut sich nicht, wahrzunehmen, daß nicht ein ungeeigneter Vorsitzender, sondern sie selbst für ihr ungünstiges Image ursächlich ist. Die SPD verschleißt einen Vorsitzenden nach dem anderen, was zwar gar nicht gut ankommt. Aber bei jedem Führungswechsel glaubt sie, ihr sei ein Befreiungsschlag gelungen. Mittlerweile geht das in einem Tempo vonstatten, daß abgetretene Vorsitzende zwecks Zweitverwertung antreten müssen. Der neuen Lichtgestalt, dem Steinmeier, diesem Weltmann, wird es nicht anders ergehen als dem Beck. Ich wette, daß noch vor der nächsten Bundestagswahl in der SPD gegrübelt wird, wie sie ihren Spitzenkandidaten, diesen volksfernen Notar-Typen schnell wieder loswird.
Als der Beck abgesägt wurde und die neue Spitze mit Müntefering und Steinmeier als Strahlemänner vor die Kameras treten sollten, da war das der Tag der langen Gesicher.
Die SPD ist ein Apparat, der dermaßen kaputt ist, daß man mit einer Reparatur nur noch größeren Schaden anrichtet.
Der größte Dachschaden der SPD Weiterlesen →